«Gabriel hat großes Herz für Filterbetrüger»

Im Skandal um wirkungslose Rußpartikelfilter kann Bundesumweltminister Gabriel keinen Fehler seines Hauses erkennen. Das sieht die Deutsche Umwelthilfe ganz anders – und greift den SPD-Politker scharf an.

Von Thomas Flehmer

Der Streit um mangelhafte Nachrüstlösungen bei Rußpartikel-Filtern avanciert zum politischen Schachspiel. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel räumte am Mittwoch den Vorwurf der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zwar ein, dass sein Ministerium schon lange von nicht funktionierenden Diesel-Partikelfiltern gewusst habe. Allerdings hätte man aufgrund der «Kriterien keinerlei juristische Handhabe« gehabt. »Wir sind an Verwaltungsvorschriften gebunden», sagte der SPD-Politiker.

Kostenloser Austausch

Allerdings werde die Angelegenheit laut Gabriel ein gutes Ende finden. Gemeinsam mit Handel und Herstellern habe man sich auf eine Lösung geeinigt, dass die rund 40.000 Kunden, die mit einem nutzlosen Partikelfilter unterwegs seien, kostenlos einen funktionierenden Filter im Austausch erhalten würden. Möglichst zeitnah sollte jeder der 40.000 betrogenen Autofahrer von dieser Lösung profitieren.

Zugleich gab der SPD-Politiker dem Bundesumweltamt die Schuld an der Misere. Dieses hätte im Oktober 2005 ein Messlabor aus der Schweiz beauftragt, die Filter der jeweiligen Anbieter zu testen. Allerdings wurden dabei die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfkriterien außer Acht gelassen. «Das Umweltbundesamt hat sich nicht an die Vorgaben gehalten. Somit hatte das Forschungsvorhaben keine Aussagekraft», so Gabriel.

Zwar wiesen die Ergebnisse des rund 100.000 Euro teuren Messverfahrens auf fehlerhafte oder nutzlose Filter hin, doch gehandelt wurde nicht. Begründet wurde dies von Gabriel mit der fehlenden juristischen Handhabe gegen die betreffenden Firmen. «Ich kann nicht erkennen, an welcher Stelle sich das Bundesumweltministerium schuldig gemacht hat», so Gabriel.

«Kern des Skandals»

Eine Schuld sieht aber Rainer Baake, der Geschäftsführer der DUH. Er kritisiert, dass das Ministerium nicht früher Maßnahmen ergriffen habe. Im Dezember 2006 hatte das Umweltministerium gesicherte Erkenntnisse über fehlerhafte Filter. Eine steuerliche Förderung wurde im März 2007 verabschiedet, ab April wurden die Systeme eingebaut. «Es hatte monatelang Zeit bestanden, Maßnahmen zu ergreifen. Dass dieses nicht unternommen wurde, ist der Kern des Skandals.»

Noch härter ging Jürgen Resch, ebenfalls DUH-Geschäftsführer, mit Gabriel ins Gericht. «Sigmar Gabriel hat ein großes Herz», so Resch. Nach einer künstlerischen Pause fügte der Rechtsanwalt hinzu: «Für Filter-Betrüger.» Weiterhin warf Resch Gabriel vor, «nicht die Interessen des Verbrauchers zu vertreten.»

Denn was Gabriel als Sieg verkaufte, sieht Resch eher als Niederlage an. Die Lösung, nach der Werkstätten und Hersteller dem Kunden auf freiwilliger Basis kostenlos einen besseren und gleichzeitig teureren Filter einbauen würden, gehen nach hinten los. «Das erinnert mich an die freiwillige Selbstverpflichtung der deutschen Autohersteller, bis 2008 die Emissionen zu senken», sagt Resch. Der Geschäftsführer rechnet damit, dass lediglich fünf Prozent aller betrogenen Autofahrer einen Austausch vornehmen werden. Denn die Freiwilligkeit sei auch auf Seiten der Kunden gegeben. Diese könnten auch mit dem nutzlosen Filter weiterfahren, ohne die steuerlichen Vorteile zu verlieren. Eine Frist, bis zu deren Zeitpunkt der Filter gewechselt werden müsste, damit die Vorteile weiter bestehen blieben, existiere nicht, so Resch.

«Eine Mogelpackung»

Unterstützung erhielt Resch von den Grünen. «Die in aller Eile vom Umweltministerium mit den Kfz-Verbänden ausgehandelte Kulanzlösung ist eine wirkungslose Mogelpackung. Wenige Kundinnen und Kunden werden den Schrottfilter gegen einen funktionierenden austauschen», beklagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn im Einklang mit Fraktions-Verkehrsexperten Winfried Hermann. «Die Verteidigungslinie von Minister Gabriel ist absolut fadenscheinig. Sein Ministerium und insbesondere der Staatssekretär Machnig haben schwere Fehler gemacht und über ein Jahr nicht reagiert. Jetzt wo der Skandal nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden kann, wird mit dem Finger auf das Umweltbundesamt gezeigt und der Abteilungsleiter zwangsversetzt, der schon frühzeitig die Öffentlichkeit informieren wollte», heißt es weiter.

Bereits am Donnerstag war der in Fachkreisen anerkannte Abteilungsleiter des Umweltbundesamtes, Axel Friedrich, strafversetzt worden. Die DUH fordert eine lückenlose Aufklärung und Rehabilitation des Abteilungsleiters «Verkehr, Lärm» im UBA. «Es darf nicht in Richtung Bauernopfer gehen und die Schuldigen davonkommen.»

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