Autobauer bei CO2-Ausstoß unter Druck

Die deutschen Autohersteller erhalten hohe Auflagen beim CO2-Ausstoß. Während Umweltminister Sigmar Gabriel eine Benachteiligung moniert, prangern die Grünen «wirtschaftliche Kurzsichtigkeit» der «deutschen Interessen» an.

Die deutschen Autohersteller müssen den Abgas- Ausstoß ihrer Fahrzeuge massiv senken. Die EU-Kommission hat am Mittwoch in Brüssel Pläne vorgelegt, die Hersteller großer Wagen beim Klimaschutz deutlich stärker in die Pflicht nimmt als deren Konkurrenten mit zumeist Kleinwagen. Der Kommissionsvorschlag sieht vor, dass ein Fahrzeug mit dem doppelten Gewicht eines Kleinwagens nur 60 Prozent mehr CO2 ausstoßen darf. Ziel der EU ist es, dass Neuwagen bis 2012 in der EU knapp ein Fünftel (19 Prozent) weniger CO2 ausstoßen als heute. Die Vorschläge müssen nun von den Mitgliedstaaten beraten und verabschiedet werden.

Die Bundesregierung hat die Vorschläge zurückgewiesen. Es sei anzunehmen, dass die deutschen Hersteller im Bereich schwerer Autos nicht in der Lage sein werden, die Forderung zu erfüllen, sagte Vizeregierungssprecher Thomas Steg am Mittwoch in Berlin. Der Vorschlag halte sich nicht an bisherige Absprachen. Über das Thema werde nun im Europäischen Rat und im Europaparlament zu reden sein, sagte Steg.

120 Gramm pro Kilometer

Bis 2012 darf der CO2-Ausstoß bei Neuwagen den Grenzwert von 120 Gramm pro Kilometer nicht überschreiten. Allein durch Motorentechnik müssen 130 Gramm erzielt werden, der Rest erfolgt durch Beimischungen im Kraftstoff. Bei der Berechnung der Grenzwerte für die einzelnen Auto-Hersteller wurde die durchschnittliche Größe ihrer Fahrzeuge berücksichtigt. Für BMW und Daimler liegen die Grenzwerte also höher als etwa für Fiat.

Trotzdem müssen die Hersteller von so genannten Premiumfahrzeugen mehr leisten, um die Ausstoß-Verminderung herzustellen. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas kündigte an, dass ab 2012 für jedes Gramm über dem Grenzwert Strafen gezahlt werden müssten. Diese werden von 2012 an von 20 bis auf 95 Euro im Jahr 2015 steigen. Den deutschen Herstellern drohen also Milliardenverluste.

Gabriel wittert Benachteiligung

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel Foto: dpa

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte den Vorschlag der EU-Kommission zur Verringerung des Schadstoffausstoßes heftig kritisiert. «Der Richtlinienvorschlag der EU zum CO2-Ausstoß hat nichts mit Klimaschutz zu tun, sondern ist ein Wettbewerbskrieg gegen die deutschen Autohersteller», sagte Gabriel am Mittwoch im ZDF-«Morgenmagazin». Er benachteilige die deutschen Autoproduzenten, italienische und französische Autohersteller würden bevorzugt.

«Natürlich müssen die großen Autos ihren CO2-Ausstoß mehr senken als die kleineren Autos,» fuhr Gabriel fort. «Aber da müssen alle ran, auch die Hersteller von kleinen und mittleren Autos.» Es gehe nicht darum, große Autos zu verbieten, sondern den durchschnittlichen CO2-Ausstoß in Europa bis 2012 auf 120 Gramm CO2 zu senken, sagte der Minister.

Harte Kritik der Grünen

Reinhard Bütikofer Foto: dpa

Harte Kritik an Gabriel und der CDU/CSU kam von Bündnis90/Die Grünen. «Mit harten Bandagen versuchen Politiker von CDU/CSU wie SPD die europäische Kommission zum Kuschen vor der deutschen Automobillobby zu zwingen», sagte der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer. «Die Kanzlerin selbst führt den Reigen an. Wo sie vorzugsweise im Hintergrund agiert, hauen andere Unionspolitiker mächtig auf die Pauke. Dabei steht ihr Agieren unter dem schlechten Stern ökologischer wie wirtschaftlicher Kurzsichtigkeit.»

Für die Oppositionspartei sei das Festhalten an eigenen Zielen der Schritt in die falsche ökologische Zukunft, so Bütikofer weiter. «Wer die deutschen Automobilhersteller gegen ehrgeizige Energieeffizenzstandards schützen will und das auch noch zu 'deutschen Interessen' (Ramsauer) verklärt, hat nicht begriffen: Nur die Peitsche ökologischer Innovationspolitik kann verhindern, dass sich die deutsche Autobranche mit ihrer Selbstgefälligkeit um die eigene Zukunft bringt», sagte Bütikofer. «Geradezu dumm ist es, wenn jetzt auch noch nationalistische Töne angeschlagen werden. Traurige Tatsache ist: Die Union ist ordnungspolitisch orientierungslos und versteht nichts von moderner Wirtschaft.»

Ironie für Gabriel

Und für Sigmar Gabriel bleibt für Bütikofer nur ein harsches Urteil: «Peinlich, dass Umweltminister Gabriel den Unsinn mitmacht. Gestern auf Bali noch Weltklimaretter-Darsteller, heute Erster Sozialdemokratischer Auto-Lobbyist. Schade, dass er sich nicht entscheiden kann zwischen Sigmar Jekyll und Gabriel Hyde.»

Während Gabriel einen Angriff auf die deutsche Autoindustrie wittert, sieht der Verkehrsclub Deutschland (VCD) den «Kuhhandel» bestätigt. «Seit 1995 wurden 120 Gramm für 2012 anvisiert. Da kann man jetzt doch nicht mehr von einer Klimapolitik reden, sondern eher von einer Autoindustriepolitik», sagte VCD-Verkehrsreferent Michael Müller-Görnert der Autogazette, dem Autoportal der Netzeitung.

Auch die Strafregelung, dass Hersteller ab 2015 Strafen für Autos zahlen müssen, die die Grenzwerte nicht einhalten, lehnt der Club ab. «Wir wollen, dass die Fahrzeuge effizienter werden. Ein Freikaufen wollen wir auf keinen Fall, sondern einen Grenzwert, der vernünftig ist und den alle erreichen können», so Müller.

Dudenhöffer fordert schnelle Umsetzung

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer forderte nun die Politik auf, die Vorschläge schnell umzusetzen. «Wir brauchen in Deutschland und Europa klare Richtlinien, was den CO2-Ausstoß angeht. Die Politik muss da schneller werden, damit die Autohersteller auch reagieren können», sagte Dudenhöffer am Mittwoch im ZDF. Bisher habe es an Planungssicherheit gefehlt.

Wenn die Politik jetzt festlege, dass CO2-arme Autos in Zukunft weniger kosten würden, würden auch die Kunden zu solchen Fahrzeugen gelenkt. «Dann rentieren sich für die Autobauer auch Investitionen in diesem Bereich», erklärte Dudenhöffer. In der Vergangenheit seien Autobauer auf CO2-armen Wagen sitzen geblieben, weil diese zu teuer gewesen seien. (AG/dpa)

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