Bundestag beschließt Pkw-Maut

Einführung im nächsten Jahr

Bundestag beschließt Pkw-Maut
Die Pkw-Maut hat die letzte parlamentarische Hürde genommen. © dpa

Der Bundestag hat die Einführung der umstrittenen Pkw-Maut beschlossen. Die Kritiker machen sich Sorgen um demokratische Prozesse – und die Bundeskanzlerin wird hart kritisiert.

Für Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland soll künftig eine Pkw-Maut kassiert werden. Der Bundestag beschloss am Freitag die umstrittenen Gesetze der großen Koalition. Sie sehen zudem eine Maut-Entlastung für Inländer über eine geringere Kfz-Steuer vor.

Dobrindt erwartet jährliche Einnahmen über 500 Millionen Euro

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will die sogenannte Infrastrukturabgabe 2016 einführen. Autofahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Nach Abzug der Systemkosten sollen jährlich 500 Millionen Euro übrig bleiben.

An den Einnahmen und der rechtlichen Zulässigkeit gibt es weiterhin Zweifel. EU-Recht untersagt eine Benachteiligung von Ausländern. Das Gesetzespaket ist den Regierungsplänen zufolge im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.

ADAC-Studie sieht bestenfalls Null-Summen-Spiel

Harsche Kritik ernteten die Politiker vom ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD). Deren Bundesvorsitzender Michael Ziesak macht sich nach dem Beschluss «Sorgen um demokratische Prozesse, wenn ein solch schlecht gemachtes Gesetz durch den Bundestag geht. Das Wahlversprechen der CSU wird jetzt durchgepeitscht. Dabei geht es hauptsächlich darum, populistische Strömungen zu bedienen.»

Eine vom ADAC in Auftrag gegebene Studie hatte bestenfalls ein Null-Summen-Spiel prognostiziert. Neben der Kritik an den von Dobrindt erwarteten 500 Millionen Euro pro Jahr sehen die Kritiker auch den fehlenden Bezug der Maut zu Umweltaspekten.

«Die Maut ist und bleibt Unsinn»

«Die Maut ist und bleibt Unsinn, daran ändert auch kein Rumkorrigieren an Kleinigkeiten, wie den Preisen für Tages- und Monatsvignetten», sagt Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD, «ob beim Ausgleich durch die Kfz-Steuer oder bei den Einnahmeprognosen der Pkw-Maut, es wurde solange hin und her gerechnet, bis es irgendwie passt, ohne einen inhaltlichen Bezug zur Umwelt oder Infrastruktur.»

Die Kritiker hoffen darauf, dass die EU-Kommission, spätestens der Europäische Gerichtshof, das Gesetz ablehnt. «Es wird interessant sein zu sehen, wie Europa auf diesen deutschen Sonderweg der Gebührenfinanzierung reagiert», sagt ADAC-Vizepräsident für Verkehr, Ulrich Klaus Becker. «In keinem Land in Europa werden nur Ausländer durch eine Pkw-Maut zur Kasse gebeten, während Inländer von Mehrbelastungen verschont bleiben. Genau das soll jetzt in Deutschland passieren. Viel offensichtlicher kann Diskriminierung nicht aussehen.»

Aiwanger vergleicht Merkel mit Ulbricht

Ganz harte Kritik musste Angela Merkel einstecken. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger verglich die Bundeskanzlerin mit Walter Ulbricht. «Frau Merkel ist so unglaubwürdig wie der frühere DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht», erklärte Aiwanger.

Ulbricht habe im Juni 1961 gesagt, dass niemand die Absicht habe, eine Mauer zu bauen. Bald darauf sei doch eine gebaut worden. Die CDU-Vorsitzende Merkel habe kurz vor der Bundestagswahl gesagt, mit ihr werde es keine Pkw-Maut geben. «Bald darauf stand die Pkw-Maut im Koalitionsvertrag, und heute wird die Maut unter Merkels Kanzlerschaft verabschiedet. Das ist unglaublich.» (AG/dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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