«Opel hat den Mut, sich den Vorurteilen zu stellen»

Niels Alzen, Kreativ-Geschäftsführer Scholz & Friends

«Opel hat den Mut, sich den Vorurteilen zu stellen»
Niels Alzen ist Kreativgeschäftsführer bei Scholz & Friends. © Scholz & Friends

Opel animiert mit einer neuen Kampagne zur Auseinandersetzung mit Vorurteilen gegenüber der Marke. Im Interview mit der Autogazette spricht Niels Alzen von Scholz & Friends über Autowerbung, Dessous und darüber, weshalb man nicht in den Rückspiegel schauen sollte.

Opel hat mit der seit dem 21. Februar laufenden Kampagne «Umparken im Kopf.de» bereits für Aufsehen gesorgt, bevor sich die Marke am vergangenen Samstag als Absender zu erkennen gegeben hat. Entwickelt wurde die Kampagne von der Hamburger Werbeagentur Scholz & Friends. «Ein bisschen Geheimnis ist immer aufregender als die nackte Wahrheit. Sonst wären Dessous nie erfunden worden. Opel brauchte dringend eine Kampagne, die wieder neugierig auf die Marke macht. Um diese Neugier zu provozieren, haben wir nicht gleich verraten, wer sich dahinter verbirgt», sagte Niels Alzen, Kreativ-Geschäftsführer bei Scholz & Friends, im Interview mit der Autogazette.

Normalen Reflexen nicht gefolgt

Alzen bezeichnete es dabei als mutig, dass Opel sich den Vorurteilen stellt, die Kunden gegenüber der Marke nach wie vor haben. «Es gehört grundsätzlich Mut dazu, zuzugeben, dass man als Marke nicht bei jedem beliebt ist. Der normale Reflex einer Marketingabteilung wäre es, so etwas unter den Teppich zu kehren und einfach nur die Vorzüge der eigenen Produkte herunterzubeten. Opel hat den Mut, sich den Vorurteilen öffentlich zu stellen», so Alzen.

«Ich finde den Adam ganz spannend»

Bettina Zimmermann bei Filmaufnahmen mit dem Opel Adam
Bettina Zimmermann neben einem Opel Adam Opel

Autogazette: Herr Alzen, was für ein Auto fahren Sie privat?

Niels Alzen: Ich habe einen alten Mercedes 300SL aus dem Jahr 1986. Aber das ist ein Liebhaberstück, das ich seit über 10 Jahren besitze und nur bei Sonnenschein fahre.

Autogazette: Und warum fahren Sie keinen Opel? Ist er Ihnen zu bieder, schlicht zu popelig?

Alzen: (lacht) Ein Opel ist mir keineswegs zu popelig. Ich konnte mich ja durch meinen Job intensiv mit den Fahrzeugen auseinandersetzen. Opel hat tolle Modelle, die man mit Überzeugung fahren kann. Und wenn bei mir ein Neuwagen auf dem Programm steht, dann werde ich nicht lange überlegen müssen.

Autogazette: Welchen Opel würden Sie denn als Dienstwagen fahren wollen?

Alzen: Ich finde den Adam ganz spannend, weil er eine für Opel völlig neue Designsprache hat und technisch ein iPhone auf Rädern ist. Und da ich in Hamburg in der Innenstadt lebe, gilt: Je kompakter das Auto, desto öfter nutzt man es.

«Das Bild der Marke ist kein glamouröses»

Autogazette: Welche Vorurteile hatten Sie denn, bevor Sie sich mit Opel beschäftigt haben?

Alzen: Als Scholz & Friends den Etat Ende 2010 gewonnen hat, war sofort klar, dass das eine sehr spannende Aufgabe ist. Denn das Bild, das man in Deutschland von der Marke hat, ist kein glamouröses. Wenn man in der Kommunikationsbranche arbeitet, findet man es immer interessanter, die Vorzüge eines Produkts hervorzuheben, das scheinbar nicht so aufregend ist, als ein Produkt zu bewerben, das ohnehin jeder liebt.

Autogazette: Sie weichen aus: Hatten Sie nicht auch diese klassischen, althergebrachten Vorurteile wie 'Jeder Popel fährt einen Opel'?

Alzen: Lassen Sie es mich so formulieren: Opel war damals nicht im Kreis der Fahrzeuge, die ich mir kaufen würde.

Autogazette: Seit Tagen sah man auf Großflächenplakaten, in Zeitungen und im Internet acht Anzeigenmotive, auf denen Vorurteile auseinandergenommen wurden. Zwar deuteten Farbe und Typographie auf Opel hin, doch als Absender war der Autobauer nicht zu erkennen. Warum hat man daraus ein Geheimnis gemacht?

Alzen: Ein bisschen Geheimnis ist immer aufregender als die nackte Wahrheit. Sonst wären Dessous nie erfunden worden. Opel brauchte dringend eine Kampagne, die wieder neugierig auf die Marke macht. Um diese Neugier zu provozieren, haben wir nicht gleich verraten, wer sich dahinter verbirgt.

«Kampagne funktioniert wie Zweikomponentenkleber»

Opels neue Werbekampagne Umparken im Kopf
Die Kampagne präsentiert bekannte Vorurteile Screen/AG

Autogazette: 'Weißwein entfernt Rotweinflecke. Millionen ruinierte Teppiche sehen das anders', heißt es dort beispielsweise. Was bedeutet das im Umkehrschluss für Opel?

Alzen: Dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie scheinen. Nur weil viele Leute etwas behaupten, muss das noch lange nicht stimmen.

Autogazette: Opel hat kein Produkt- sondern ein Markenproblem. Wie kann eine solche Kampagne dazu beitragen, das Image dem Produkt anzupassen? Reicht dafür ein Umparken im Kopf?

Alzen: Die Kampagne funktioniert wie ein Zweikomponenten-Kleber. In der ersten Phase machen wir die Öffentlichkeit auf das Thema Vorurteile aufmerksam. In der zweiten folgen eindeutige Produktbeweise: die neue Fahrzeugpalette von Opel. Wenn beides zusammenkommt, haftet die Botschaft.

«Überraschung ist bei allen Prominenten echt»

Autogazette: Bislang setzten Sie in der Ansprache auf populäre Irrtümer, die keinen Bezug zu Opel hatten. Wird in der zweiten Phase konkret auf die Vorurteile eingegangen, die man Opel gegenüber hat?

Alzen: Auf der Webseite 'Umparkenimkopf.de' sprachen bislang sechs prominente Schaupieler über Vorurteile im Allgemeinen. Nun setzen sie sich selbst in einen Opel und erleben bei einer Probefahrt den Aha-Effekt: So tolle Autos hätten sie von Opel tatsächlich nicht erwartet! Die Verblüffung ist bei all diesen Prominenten echt. Sie hatten ursprünglich kein besonders positives oder gar kein Bild von Opel.

Autogazette: Sie sagten unlängst im Zusammenhang mit dieser Kampagne, dass man nur durch Mut zur Ehrlichkeit Glaubwürdigkeit gewinnt. Wie mutig ist eine solche Kampagne, in der sich Opel mit sich selbst auseinandersetzt?

Alzen: Das ist in jeder Hinsicht mutig. Es gehört grundsätzlich Mut dazu, zuzugeben, dass man als Marke nicht bei jedem beliebt ist. Der normale Reflex einer Marketingabteilung wäre es, so etwas unter den Teppich zu kehren und einfach nur die Vorzüge der eigenen Produkte herunterzubeten. Opel hat den Mut, sich den Vorurteilen öffentlich zu stellen. Es ist mutig, Prominente unzensiert eine Probefahrt machen zu lassen. Fahri Yardim sitzt im Insignia und beginnt mit dem Satz: Jeder Popel fährt einen Opel. Es gehört Mut dazu, darauf zu vertrauen, dass die Dramaturgie der Kampagne diese Vorurteile schließlich ins Gegenteil entwickelt. Den Mut, den Opel beweist, zeigen heutzutage immer weniger Werbekunden.

«Größtes nationales Vorurteil»

Opel-Marketing-Vorstand Tina Müller
Opel-Marketingvorstand Tina Müller Opel

Autogazette: Mit Tina Müller verantwortet eine Frau das Marketing bei Opel. Bedurfte es erst einer Frau an der Spitze für eine solch mutige Kampagne – oder bediene ich mit dieser Frage nur Vorurteile?

Alzen: (lacht) Sie nehmen mir die Antwort vorweg: Ich glaube nicht, dass das etwas mit dem Geschlecht zu tun hat. Aber der frische Blick, den Frau Müller ins Unternehmen gebracht hat, beruht sicherlich auf einem Denken jenseits rationaler Ingenieursmentalität. Sie hat dafür gesorgt, dass viele Dinge konsequent auf den Weg gebracht wurden, die vorher nicht so leicht machbar gewesen wären.

Autogazette: Kann man solche Kampagnen wie 'Umparken im Kopf' nur dann machen, wenn es bei Unternehmen nicht optimal läuft? Schlägt dann die Stunde der Kreativen?

Alzen: Wie gesagt: Es ist immer eine dankbare Aufgabe für einen Kreativen, einer Marke zu helfen, der es gerade nicht so gut geht. Dann lässt sich auch leichter die Leistung ablesen, die Kommunikation erbracht hat. Vielleicht hat deshalb die Wirtschaftswoche letztes Jahr Scholz & Friends als beste Agentur für Härtefälle gekürt. Bei Opel haben wir es mit dem größten nationalen Vorurteil zu tun, das gegenüber einer Produktmarke besteht. Natürlich macht das die Arbeit spannender.

«Unkonventioneller Weg ist meistens der beste»

Opel-Kampagne Umparken im Kopf
Eines der präsentierten Vorurteile Opel

Autogazette: Was halten Sie grundsätzlich von Autowerbung?

Alzen: Für Autowerbung gilt, was für Werbung grundsätzlich gilt. Sie muss interessant und involvierend sein, damit sie überhaupt wahrgenommen wird. Der unkonventionelle Weg ist daher meistens der beste. Gelingt es einer Marke, ein relevantes Thema zu setzen, das größer ist, als sie selbst, dann gewinnt auch die Marke an Größe.

Autogazette: Auf der Microsite der Kampagne steht folgende Aussage: 'Was wir denken, bestimmt, was wir sehen. Und Dinge, über die wir ein vorgefasstes Urteil haben, sehen wir oft überhaupt nicht mehr. Dabei würde sich genau hinschauen lohnen.' Ist das für Sie die Kernaussage der Kampagne?

Alzen: Ja, ohne Zweifel. Diese Aussage macht die Kampagne relevant. Wir haben festgestellt, dass die Menschen bei Opel gar nicht mehr hinschauen, sondern Bilder aus der Vergangenheit im Kopf haben. Wir wollen sie dazu animieren, dass sie nicht mehr in den Rückspiegel schauen, sondern das neue Opel von 2014 sehen.

Autogazette: Auf der Webseite 'Umparken im Kopf' sprechen Prominente wie Joachim Król, Nadja Uhl, Ken Duken, Fahri Yardim, Karoline Herfurth und Bettina Zimmermann über Vorurteile im Allgemeinen. Sind das Gesichter, die den typischen Opel-Kunden repräsentieren?

Alzen: Sie repräsentieren den Typus von Menschen, denen man Offenheit gegenüber neuen Themen und die Bereitschaft zum Umdenken zutraut. Und sie sind alle vollkommen authentisch. Keiner von ihnen wäre zur plappernden Werbefigur geworden. Sie haben sich nur für die Kampagne begeistert, weil sie sich dafür nicht verbiegen müssen.

«Jürgen Klopp ist ein Glücksfall für Opel»

BVB-Keeper Roman Weidenfeller und Trainer Jürgen Klopp (v.l.).
Markenbotschafter Jürgen Klopp Opel

Autogazette: Opel setzt in seinen TV-Spots auf seinen Markenbotschafter Jürgen Klopp. Ist Klopp der Typ, der in idealer Weise die Markenwerte von Opel verkörpert: Bodenständig, aber leidenschaftlich?

Alzen: Jürgen Klopp ist ein Glücksfall für Opel, denn er verkörpert diese Werte nicht nur perfekt, sondern ist auch in der Lage, seine Haltung gegenüber der Marke mit einem Augenzwinkern zu vermitteln. 'Siegen wenn keiner mehr daran glaubt', war letztes Jahr der Text einer Gratulationsanzeige von Opel für Dortmund im Viertelfinale der Champions League. Der Satz passt auch genau zum Turnaround von Opel. Da ist vieles deckungsgleich. Jetzt wollen wir zeigen, dass Jürgen Klopp keine Ausnahme mehr darstellt. In unserem TV-Spot mit sechs neuen Prominenten bekommt er deshalb einen kleinen aber wirkungsvollen Auftritt: Er sitzt lässig auf der Veranda wie jemand, der schon lange von Opel überzeugt war, bevor die anderen folgten.

Autogazette: Mit einem Auto wie dem Adam versucht Opel lifestylig zu sein, jüngere Kunden anzusprechen, was durchaus gelingt. Glauben Sie nicht dennoch, dass das Attribut Lifestyle inflationär von den Werbern benutzt wird?

Alzen: Der Adam ist mehr als Lifestyle. Er steht vor allem für Konnektivität und zeigt, dass man in dieser Klasse ein Auto bekommen kann, mit dem man immer vernetzt unterwegs ist. Das zeigen wir auch in der aktuellen Kommunikation mit dem Claim 'Verbunden fürs Leben'. Wir inszenieren eine Hochzeit, die während der Fahrt in vielen Adams stattfindet. Lifestyle ist nur dann ein Problem, wenn es Form ohne Inhalt ist.

«Bei Probefahrt große Überraschung erlebt»

Opel kämpft gegen Vorurteile an
Opel lädt zum Umparken im Kopf ein Screen/AG

Autogazette: Wie lange dauert es, um ein Markenimage zu ändern?

Alzen: Eine genaue zeitliche Prognose ist da fast nicht möglich, denn es hängt von mehreren Faktoren ab: Die Kommunikation muss stimmen, das Erlebnis beim Händler muss stimmen, die Produkte müssen stimmen. Letzteres hat Opel zweifellos geschafft, indem man jetzt eine Palette neuer Fahrzeuge präsentiert, die von der Automobilpresse hochgelobt werden und zahlreiche Preise gewinnen. Wenn alle Zahnräder ineinander greifen, kommt etwas in Bewegung.

Autogazette: Wenn Sie potenzielle Neuwagenkäufer nach dem Ende der Kampagne nach ihrer Meinung zu Opel befragen: Was müssten die sagen, damit Sie mit ihrer Arbeit zufrieden sind?

Alzen: Sie müssten sagen: Ich bin neugierig geworden, ob Opel heute noch so ist, wie ich gestern gedacht habe. Und bei einer Probefahrt habe ich eine große Überraschung erlebt.

Das Interview mit Niels Alzen führte Frank Mertens

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