Kaufprämien kurbeln Absatz von Elektroautos nicht an

Analyse des europäischen Marktes

Kaufprämien kurbeln Absatz von Elektroautos nicht an
Der Opel Ampera wird günstiger. © Opel

Der Absatz von Elektroautos wird auch von Kaufprämien nicht befördert. Vielmehr kommt es auf andere Anreizsysteme an, stellten die Analysten des Marktbeobachters Jato fest.

Von Frank Mertens

Geht es nach der deutschen Bundesregierung, sollen bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf den deutschen Straßen unterwegs sein. Doch von der Erreichung dieses Ziels ist Deutschland derzeit noch weit entfernt.

Nach einer Erhebung des internationalen Marktbeobachters Jato Dynamics aus Limburg wurden im ersten Halbjahr 2011 in Deutschland gerade einmal 1020 Elektrofahrzeuge neu angemeldet – damit dominiert Deutschland trotz einer kaum vorhandenen finanziellen Förderung immerhin den Markt in Europa.

Deutschland hat mehr E-Autos als Dänemark

Damit liegt Deutschland in der Zulassungsstatistik sogar klar vor Dänemark, wo in den ersten sechs Monaten des Jahres gerade einmal 283 Neuanmeldungen stattfanden. Dabei verfügt Dänemark laut Jato mit Steuervorteilen von bis zu 20.588 Euro pro Fahrzeug "über geradezu paradiesische Verhältnisse". In Italien wurden 103 Zulassungen verzeichnet, im Norwegen 850, was einem Anteil von 1,23 Prozent am Gesamtabsatz ausmacht.

Der Mitsubishi i-MiEV Mitsubishi

Wie die Marktbeobachter feststellen, führen finanzielle Kaufanreize, die die Bundesregierung bislang ablehnt, nicht per se zu einer Absatzförderung von Elektroautos. So bieten beispielsweise Spanien und Großbritannien eine Prämie von 6500 beziehungsweise 6400 Euro, doch während die Briten in den ersten sechs Monaten 599 E-Autos kauften, waren es in Spanien nur 122 Fahrzeuge. Die Schweden kamen übrigens auf eine ähnliche Zahl wie die Spanier, fördern E-Autos aber nur mit 470 Euro. Wie ernüchternd der Absatz von Elektrofahrzeugen trotz des Hypes um dieses Thema ist, zeigt die Absatzzahl im ersten Halbjahr in Europa: Gerade einmal 5222 Elektrofahrzeuge wurden hier verkauft.

Befreiung von der City-Maut

"Diese signifikanten Unterschiede machen den anscheinend geringen Einfluss des Preises auf die Kaufentscheidung deutlich", sagt der Vizepräsident von Jato Research, Gareth Hession, "vielmehr scheinen andere Faktoren, wie z.B. geografische Verhältnisse, Marktreife oder Ladeinfrastruktur, eine größere Rolle zu spielen als vorher gedacht." Zu diesen Faktoren gehören auch Anreizsysteme wie beispielsweise die Nutzung von Busspuren und kostenloses Parken in der Innenstadt von Oslo oder die Befreiung von der Citymaut in London. Sie haben einen größeren Einfluss auf die Kaufentscheidung als eine Kaufprämie.

Ein Blick auf die von Jato vorgelegten Zahlen zeigt jedoch auch einen Trend zum Elektroauto, auch wenn er sich noch in einer kleinen Gesamtzahl widerspiegelt. Während im ersten Halbjahr 5222 E-Autos in Europa zugelassen wurden, waren es im Vorjahr im ersten Halbjahr gerade einmal 507 (1337 im Gesamtjahr), also mehr als eine Verzehnfachung.

Markt für Elektroautos wächst

Der Smart Electric Drive Daimler

Zugleich bringen nunmehr auch immer mehr Hersteller ihre Elektroautos auf den Markt. Opel hat für seinen Ende des Jahres auf den Markt kommenden Ampera, der mit einem Range Extender, also einem Reichweitenverlängerer, ausgestattet ist, bereits mehr als 6000 Vorbestellungen. Für das erste Jahr erwartet Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke für den Ampera einen Absatz um die 10.000 Fahrzeuge. Zeitgleich schickt auch die GM-Tochter Chevrolet den baugleichen Volt auf die Jagd nach Käufern.

Mit einer ähnlichen Größenordnung rechnet auch Daimler für seinen Elektro-Smart, der ab dem kommenden Jahr in Großserie gebaut werden soll und für einen Nettopreis von 16.000 Euro zuzüglich einer Leasinggebühr von 60 Euro monatlich für die Batterie gekauft werden kann. Man erwarte einen Absatz im fünfstelligen Bereich im ersten Jahr der vollen Verfügbarkeit, hatte Mercedes-Vertriebschef Joachim Schmidt gerade im Interview mit der Autogazette angekündigt.

Der Chevrolet Volt Chevrolet

Dass der Elektromarkt gerade erst an Fahrt aufnimmt, ist auch den Marktbeobachtern von Jato bewusst. "Da der Markt wächst, erwarten wir, dass die finanziellen Anreize einen zunehmenden Einfluss bekommen, wenn andere Aspekte wie Ladeinfrastruktur sukzessive gelöst werden. Zum jetzigen Zeitpunkt spricht selbst die finanzielle Förderung die Mehrheit der Endkunden nicht stärker an als wie es um Flexibilität, die tatsächlichen Anwendungsmöglichkeiten und die Gebrauchstauglichkeit der Fahrzeuge steht", so Gareth Hession. Derzeit seien die Elektroautos einfach noch schlicht zu teuer, um von einem Massenmarkt in Europa akzeptiert zu werden, so die Marktbeobachter von Jato. Es ist also noch ein weiter Weg bis zu den von der Bundesregierung erhofften einer Million Elektroautos.

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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