Opel wieder «auf Augenhöhe mit Wettbewerbern»

Trendwende geschafft

Es ist ein Symbol, für das die Arbeitnehmer gekämpft haben: Opel ist wieder eine Aktiengesellschaft. Damit hängt der Autobauer weniger vom Gutdünken der Mutter GM ab, hofft der Betriebsrat. Das Management frohlockt, man sei wieder auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern.

Von Harald Schmidt

Opel hakt die Krise ab. «Wir gehen mit Zuversicht ins neue Jahr. Wir haben 2010 die Trendwende geschafft», jubelt Marketing-Direktorin Imelda Labbé und hebt die Verkaufserfolge des Meriva und der neuen Astra-Modelle hervor. Damit habe der Hersteller im Dezember in Deutschland mit einem Marktanteil von mehr als zehn Prozent das beste Monatsergebnis seit Mai 2006 erzielt.

Neuen Schwung durch Umwandlung

Freilich ist auch in Rüsselsheim noch längst nicht alles Gold, was glänzt. Insgesamt verkaufte Opel 2010 mit 233.498 Neuwagen fast ein Drittel (31 Prozent) weniger Neuwagen als im zugegeben starken Abwrackjahr 2009. Und auch Gewinne sind für die Rüsselsheimer weiterhin Zukunftsmusik, während die Konkurrenz von VW über Mercedes bis BMW in Asien und Amerika punktet.

Die Zahlen belegen: Noch sind die Verluste immens und die Markenanteile überschaubar. Doch davon lassen sich weder Management noch Betriebsrat die Zuversicht nehmen. Denn der Trend stimmt. Neuen Schwung auf dem Weg zum Erfolg versprechen sie sich zudem von der am Mittwoch erfolgten Umwandlung der Adam Opel GmbH in eine Aktiengesellschaft: «Die AG ist die angemessene Rechtsform für ein bedeutendes Industrieunternehmen in der Größenordnung von Opel», freut sich Opel-Chef Nick Reilly: «Damit können wir gegenüber bedeutenden Wettbewerbern aus der Automobilindustrie auf Augenhöhe agieren.»

Franz: «Wir sind zurück in der Spur»

Opel hofft auf Erfolg mit dem neuen Meriva Opel

Auch Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz, der Opel in den vergangenen Jahren mehrfach am Abgrund sah, versprüht wieder Optimismus: «Wir sind zurück in der Spur.» Für ihn ist die AG- Umwandlung das Signal für einen Neuanfang, die den Arbeitnehmern insbesondere bei Produkt- und Investitionsplanung im Aufsichtsrat mehr Mitbestimmung sichert. Franz hatte den Schritt als Symbol für mehr Eigenverantwortung gefordert und die Sanierungsbeiträge der Belegschaft in Milliardenhöhe daran geknüpft.

Ob strategische Entscheidungen wie erhofft künftig tatsächlich vermehrt in Rüsselsheim getroffen werden, muss sich aber erst noch zeigen. Zweifel sind angebracht, glaubt Experte Ferdinand Dudenhöffer: «Opel ist eine 100-prozentige Tochter von GM und wird wie eine 100-prozentige Tochter geführt. Ob das in der Form einer GmbH oder AG geschieht, macht wirtschaftlich keinen Unterschied.»

Dudenhöffer sieht keine Unterschiede

Dass die Mutter durchzugreifen verstehe, zeige ein Blick in die Vergangenheit: «Der Unterschied von der Opel AG vor 2005 zur Opel GmbH nach 2005 ist noch nicht mal durch ein Rasterelektronenmikroskop wahrzunehmen.» Opel müsse sich auf seine Produkte, sein Image, seine Handelsorganisation und seine Innovationen konzentrieren und nicht auf Nebenkriegsschauplätzen versuchen, den Markt zu gewinnen. «Kein Kunde kauft einen Opel deshalb, weil jetzt AG draufsteht.»

Das sieht das Management anders: Reilly ist überzeugt, dass der Schritt auch eine wichtige Botschaft nach außen ist. Die neue Gesellschaftsform sei ein Beleg für die finanzielle Stärke des Unternehmens. «Um wieder eine AG werden zu können, wurden unsere Finanzen genau geprüft. Wir haben die Tests bestanden». Das schaffe Vertrauen und schiebe den Absatz an, glaubt Reilly, der das Image der Marke wieder aufpolieren will. Ihm geht es darum, das Misstrauen der Autofahrer zu überwinden, um sie in die Autohäuser zu holen: «Wir sind völlig überzeugt: Wer einen Opel testet, kauft einen.»

Kräftiges Plus für 2012 geplant

Auch der Opel Corsa wurde erneuert Opel

Der Hersteller stehe besser da, als es der erwartete Verlust von rund 1,4 Milliarden Euro im gerade abgelaufenen Jahr vermuten lässt, unterstreicht Reilly: «Die großen Verluste im vergangenen Jahr wurden hauptsächlich durch die Restrukturierung und das erste Halbjahr verursacht.»

Zwar würden auch 2011 Restrukturierungskosten anfallen, aber in einem deutlich geringeren Umfang. Operativ könne Opel schon im laufenden Jahr an der Gewinnschwelle kratzen, für 2012 peilt Reilly ein kräftiges Plus an. Je nach Entwicklung rechnet der Vorstandsvorsitzende der Adam Opel AG mit einem Gesamtabsatz von bis zu 1,4 Millionen Fahrzeugen nach voraussichtlich 1,2 Millionen Neuwagen 2010. «Wenn der Markt unerwartet schwach ist, könnten es auch nur 1,1 Millionen sein.»

Behutsam in neue Märkte eindringen

In den kommenden Jahren will der Hersteller 8000 seiner ehemals 48.000 Stellen in Europa abgebaut und die Kosten deutlich gesenkt haben. Der große Wurf im außereuropäischen Ausland steht vorerst aber noch nicht an. Das Management will behutsam in Märkte wie China, Indien oder Australien vordringen und rechnet mit rund 70.000 Einheiten in «einigen Jahren». Ein Fokus könnte auf Russland liegen. Der riesige Markt war zuletzt kräftig eingebrochen, rappelt sich aber wieder auf. Davon will Opel profitieren - und die Russen mit der Produktion vor Ort für sich gewinnen.

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