Ricardo Juppe ist bei Opel für den Testbetrieb der zehn HydroGen4 verantwortlich. Dabei muss der System-Ingenieur Aufklärungsarbeit verrichten.
Von Thomas Flehmer
Die junge Empfangsdame im Autohaus Kadea in Berlin-Wilmersdorf schaut etwas ungläubig auf die Frage nach Ricardo Juppe. "Das ist der mit den Autos?", kommt als fragende Antwort. Nun wird es in einem Autohaus wohl mehrere Experten geben, die "mit den Autos" zu tun haben. Doch ganz falsch liegt die Dame nicht. Denn Ricardo Juppe ist Leiter des HydroGen4-Servicehubs in Berlin. Der Verantwortliche für die zehn in Berlin stationierten Vorserienfahrzeuge mit Brennstoffzelle, die seit 2008 durch die Hauptstadt fahren, soll Erfahrungen sammeln, damit Opel beim angepeilten Serienstart im Jahr 2015 gut gerüstet ist.
Hochpreisiger Einstieg
Vier Jahre vorher aber sind Brennstoffzellen-Fahrzeuge noch exotische Vorboten der automobilen Zukunft und durch den Elektrohype – auch wenn Fahrzeuge mit Brennstoffzelle ebenso Elektroautos sind - eher eine Randerscheinung. So liegt auch das Büro von Juppe weit weg von den Verkaufsräumen im obersten Stock des Autohauses – weit weg vom aktuellen Verkaufsleben.
Für den gelernten Mechatroniker und System-Ingenieur kein Problem. Denn selbst bei einer Markteinführung werden diese Fahrzeuge den Exotenstatus nicht verlieren. "Die Markteinführung der Serienfahrzeuge wird auf höherer Plattform stattfinden, weil eine neue Technologie sehr hochpreisig ist. Es ist ein bisschen Idealismus dabei", sagt Juppe.
Keine Explosionsgefahr beim Tanken
Neben dem Sammeln der Erfahrungen muss der 29-Jährige auch immer wieder Aufklärungsarbeit leisten, denn in der breiten Bevölkerung sind Wasserstoff-Fahrzeuge und deren Antrieb zumeist unbekannt – siehe die junge Empfangsdame. Vor allem die Vorbehalte sind recht groß, denn Wasserstoff ist ein brennbares Gas, wenn ein Oxidationsmittel wie Sauerstoff in ausreichenedem Verhältnis vorliegt. Und die Angst vor der Explosion ist in den Köpfen vorhanden.
Im Alltag dagegen – so Juppe – könne gar nichts passieren. Beim Tanken gebe es "keine Explosionsgefahr, da der so genannte formschlüssige Tankvorgang ein Austreten des Stoffes bzw. von Gas verhindert." Da ist das Tanken von Gas oder Benzin gefährlicher, da dort Gase entweichen könnten.
Sicherheitssysteme funktionieren
Und auch bei einem möglichen Unfall könne nichts passieren, da alle Leitungen, in denen Energieströme fließen, abgeschaltet oder schnell entladen. "Bei einem schweren Unfall würde entfließender Wasserstoff bei einem Brand auch nicht explodieren, sondern verbrennen – vergleichbar mit der Flamme eines Schweißbrenners", sagt Juppe.
Zu Anfang des Projekts gab es einen Unfall mit deinem Testfahrzeug, die Aufregung war groß, aber "man hat gesehen, dass alle Sicherheitsfunktionen gegriffen haben." Insgesamt ist es eine Angst der Unwissenheit vor etwas Neuem. "Vermeintliche Gefahren hat man beim normalen Auto auch, man ist sich dessen nur nicht so bewusst, weil es in den Handlungen des Alltags untergeht."
Schnelle Eingewöhnung mit Brennstoffzellenfahrzeug
Überhaupt ist das Fahren mit Brennstoffzellenfahrzeugen zwar anders als mit Autos, die von Verbrennungsmotoren angetrieben werden, aber so verschieden nun auch nicht. "Die einzige Hürde als Unterschied ist die Gewöhnung, keine Schaltvorgänge, keine Motorengeräusche. Es ist wie S-Bahn-Fahren, weil das Geräusch beim Beschleunigen ebenso ansteigt. Wenn ein junger Mensch seine Fahrschule auf Brennstoffzelle machen würde, würde er Verbrennungsmotoren als befremdend empfinden. Es ist eine Gewohnheitsfrage."
Und auch die Fußgänger werden sich schnell umstellen. Juppe spricht ebenfalls von einer Gewöhnungsphase, bis die Fußgänger sich auf ein anderes Hörverhalten umgestellt haben. Doch mindestens so lange wird Juppe auch weiterhin "der mit den Autos" sein.