Elektro-Pioniere skeptisch gegenüber Reichweite

Zwischen Kickstart und Sparsamkeit

Elektro-Pioniere skeptisch gegenüber Reichweite
Der Opel Ampera beim Etappenstart der ADAC eRallye Südtirol. © AG/Flehmer

Bei der ADAC eRallye Südtirol können die Teilnehmer Elektroautos im wahrsten Sinne erfahren. Trotz guter Erfahrungen bleiben die Teams gegenüber dem alternativen Antrieb skeptisch.

Von Thomas Flehmer

Elektrofahrzeuge bleiben in Deutschland noch in der Nische. Der Markt ist übersichtlich und die Meisten kennen die Autos mit dem emissionsfreien Antrieb höchstens aus der Werbung. "Wenn wir in ein paar Jahren zurückschauen, dann kann man sagen, dass die Teilnehmer der ersten ADAC eRallye Südtirol Pioniere waren", sagt Claus Sauer vom ADAC.

Elektroautofahrer zwischen Kickstart und Sparsamkeit

Die Pionierarbeit geht über fünf Etappen mit den Modellen Opel Ampera, Nissan Leaf, Smart Electric Drive und Peugeot iOn durch Städte und Berge Südtirols. Und auch, wenn es bei der Rallye um Effizienz geht, kitzeln viele Teilnehmer auch die gegebenen sportlichen Qualitäten der Elektrofahrzeuge aus. "Den Kickstart haben wir uns gegönnt. An der Ampel haben wir alle stehen gelassen. 200 Meter hinter uns war nichts", ist es nach der Etappe häufiger zu hören.

Dank des von Beginn zur Verfügung stehenden Drehmoments sind die Fahrzeuge bei der Beschleunigung fast allen Autos mit Verbrenner-Motoren im Vorteil. Erst bei etwa 60 km/h stellt sich Behäbigkeit ein und die Teilnehmer konzentrieren sich dann wieder auf den eigentlichen Charakter ein, emissionsfrei und effizient durch die Gegend zu fahren.

Begrenzte Reichweite schreckt ab

Der Peugeot beim Start der ADAC eRallye Südtirol.
Der Peugeot iOn schafft rund 130 Kilometer Reichweite AG/Flehmer

Neben der zügigen Beschleunigung genießen die Teilnehmer ganz besonders die leise Arbeit der Elektromotoren. "Es ist ein angenehmes - weil leises Fahren", sagt Andrea Stiegler. "Wir können uns während der Fahrt unterhalten, ohne durch Motorengeräusche unterbrochen zu werden", ergänzt Sabine Langer aus Düsseldorf.

Allerdings werden die Vorteile des elektrischen Vorankommens durch einen entscheidenden Punkt geschmälert: Die begrenzte Reichweite schreckt ab. Selbst nach der Königsetappe über knapp 148 Kilometer und über vier Pässe, die alle 19 Teams ohne Probleme und mit genügend Restreichweite absolvierten, bleibt ein wenig Skepsis.

Opel Ampera als Alternative

Smart Electric Drive beim Aufladen.
Die Ladezeit schreckt so manchen ab AG/Flehmer

"Die Fahrt in die Berge stresst mich, weil ich immer wieder auf den Verbrauch schauen muss", sagt Andrea Stiegler. Für die Berlinerin sind Elektroautos auch aus Umweltgründen schon eine Alternative, aber die Angst, liegenzubleiben, ist auch nach der längsten Etappe der eRallye weiterhin sehr groß.

Dabei decken die für das Stadtgebiet konzipierten Fahrzeuge den täglichen Kilometerbedarf der meisten Arbeitstätigen mehr als ab. Wie eine Vielzahl von Umfragen belegen, werden pro Tag von Pendlern nicht mehr als 30 bis 40 Kilometer zurückgelegt. Nur wenige sind länger als über 80 Kilometer unterwegs. "Für mich ist ein Elektrofahrzeug völlig uninteressant, weil ich meistens über 500 Kilometer unterwegs bin. Da kann ich die geringe Reichweite und die dazwischen nötigen Ladezeiten nicht gebrauche", sagt Marscha Artz aus Bochum, "der Ampera wäre dann eine Alternative. Er fährt sich super, ist aber aufgrund seiner vielen Knöpfe im Innenraum etwas unübersichtlich", so die Fotografin weiter.

Reichweitenangst siegt über Umweltschutz

Der Nissan Leaf beim Start der ADAC eRallye Südtirol.
Elektroautos sind noch sehr teuer AG/Flehmer

Auch für Andrea Stiegler wäre der zum "Auto des Jahres" gekürte Ampera die bessere Wahl, "weil man damit auch verreisen kann." Dank des Range Extenders schaltet sich zwischen 40 und 80 Kilometern der Verbrennungsmotor ein und liefert dem Elektromotor den nötigen Strom. Dann ist man zwar nicht mehr emissionsfrei wie die Rallye-Konkurrenten von Nissan, Peugeot und Smart unterwegs, doch noch obsiegt bei den "Pionieren" der Sicherheitsgedanke über den des reinen Umweltschutzes.

Neben der Reichweitenangst rückt ein weiterer Punkt als Kaufhindernis in den Vordergrund der Teilnehmer, denen das eigentliche elektrische Fahren viel Fahrspaß und Sparspaß bereitet und die am Ziel jeder Etappe entspannt und erfreut den Fahrzeugen entsteigen. "Die Autos sind leider noch sehr teuer", sagt Andrea Stiegler. Der hohe Anschaffungspreis schreckt ab, auch wenn die Folgekosten wie Strom oder Wartung sehr viel geringer als bei Benzinern oder Dieseln ausfallen. Zwei Aufgaben für die Hersteller für die kommenden Jahre, damit die Pioniere auch wirklich irgendwann mal auf ihre Pionierarbeit zurückschauen können. Und auch den Staat, der beispielsweise in Deutschland hohe Ziele bei der Elektromobilität hat, dennoch auf Kaufanreize für E- Autos verzichtet.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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