Mit Stophs Trabant übern Ku’damm

Man muss keinen Oldtimer besitzen, um einen zu fahren, um in Nostalgie zu schwelgen. Auf virtuellen Marktplätzen bietet so mancher Besitzer sein altes Schmuckstück stunden- oder tageweise an.

Von Susanne Kilimann

Eine Limousine in cremeweiß - schwarzes Faltdach und extra lange Motorhaube. Ein gigantischer Kühler, auf dem die zierliche, silberfarbene Frauengestalt ihr Schmetterlingsgewand flattern lässt. Name des automobilen Traumschiffs: Rolls-Royce Silver Cloud, Baujahr 1956. Die Zeiten, in denen Ausfahrten mit so einem automobilen Luxusgeschöpf an ein Millionenkonto gekoppelt waren, sind vorbei. Zum Glück. Längst bieten Autoverleiher gepflegte Oldtimer- Schmuckstücke stundenweise an und nicht nur die ausgesprochenen Nostalgiker unter den Autofans machen gern davon Gebrauch. Für die Fahrt zum Standesamt, für Firmenevents oder für eine Stadtrundfahrt mit einem ganz besonderen Gast. Da fährt man gern mal mit einem Rolls-Royce, einem Bentley oder einem betagten Benz vor. Als Passagier genießt man dabei ja auch nicht nur das nostalgische Flair des Automobils. Und den Champagner, den der Chauffeur stilvoll serviert. Erst die neidvoll staunenden Blicke der Passanten machen den Oldtimer-Tag perfekt.

Diverse Anbieter im Netz

Was vor der eigenen Haustür - oder an irgendeinem Ort der Welt - in Sachen Oldtimern so eben mal kurz zu haben ist, darüber kann man sich im Internet einen guten Überblick verschaffen. Zum Beispiel unter www.erento.com - einem virtuellen Marktplatz für Mietartikel. Neben Surfbrettern, Hüpfburgen, Heimtrainern und Partyzelten finden sich auch die motorisierten Prachtstücke. Entscheidet man sich für den Rolls-Royce Silver Cloud, den ein Berliner Vermieter auf der Plattform präsentiert, kommt der Chauffeur grundsätzlich mit - und nur er darf ans Steuer. 220 Euro kostet die erste Stunde mit der «Silberwolke»; für jede weitere werden 80 Euro in Rechnung gestellt. Noch weiter zurück geht die Zeitreise mit einem Mercedes 170. 1939 gebaut, bietet der Oldtimer mit seinen riesigen Scheinwerfern, geschwungenen Kotflügeln und Trittbrettern als Einstiegshilfe auch heute noch seine äußerst repräsentativen Dienste an - für eine Stunde, einen Tag oder länger.

Am Wochenende wird's teurer

Ein Mitarbeiter der Mitbörse Erento überprüft einen gemieteten Ferrari Foto: dpa

Wer es eher sportlich mag und den Oldie lieber selbst fahren möchte, macht mit dem Jaguar E-Type den besseren Griff. Der sportliche Zweisitzer prägte in den 60er Jahren eine ganze Ära und gilt als Prototyp klassischer Sportwagen. Für einen Tag mit dem E-Type müssen die Kurzzeit-«Besitzer» 280 Euro auf den Tisch legen, am Wochenende noch ein wenig mehr. Günstiger und trotzdem ein toller Hingucker ist das VW Karmann Ghia Coupe, das ebenfalls in der Hauptstadt vermietet wird: Wolfsburger Technik, die ab Mitte der Fünfziger mit flottem italienischem Design ummantelt wurde. Den Karmann Ghia von 1970 gibt sein Besitzer zum Preis 150 Euro pro Tag in fremde Hände, an Samstagen und Sonntagen für 180 Euro. Wollte ein Berliner eine Spritztour an die Ostsee machen, käme er mit dem Tagestarif allerdings nicht hin. Und schon gar nicht zurück. Bei den Oldtimerverleihern sind in der Regel nur die ersten 200 Kilometer im Mietpreis inbegriffen. Alles, was mehr gefahren wird, kostet extra: Wer sich einen Alten leiht, sollte vorab kalkulieren, ob er mit einer höheren Tagespauschale und 500 Inklusivkilometern besser fährt - oder besser 60 bis 80 Cent pro Zusatzkilometer locker macht.

Nicht nur Profis, auch private Eigentümer von Oldtimern bieten ihre Schätze zur Kurzzeitnutzung an. Vor der Präsentation auf dem virtuellen Mietartikelmarkt müssen jedoch die Versicherungsfragen geklärt werden, gegebenenfalls darf nur eine „Mitfahrgelegenheit“ angeboten werden. Der Internetmarktplatz mit Sitz in Berlin finanziert sich über die Einstellgebühren und eine Provision von 4,9 Prozent, die dem Vermieter bei erfolgter Vermittlung berechnet werden. Etliche Oldie-Besucher machen davon Gebrauch - wohl auch um das nötige Kleingeld für die nächste Reparatur zu verdienen.

Wie einst De Niro

Nicht nur Luxuslimousinen und formschöne Sportwagen werden in der gut bestückten Oldtimersparte angeboten. Sogar Taxis mit drei Sitzreihen, die ihre New Yorker Vergangenheit stolz zur Schau tragen, stehen zur Wahl. Sogar ein knuffiges, knallrotes Goggomobil mit gerade einmal dreizehneinhalb Pferdchen unter der Haube bietet zu Tagespreisen ab 110 Euro seine Dienste an. Unter all die rassigen Porsches, Jaguars & Co hat sich auch ein Trabant P 601, Baujahr 1984, eingereiht. Willy Stoph, Mitglied der DDR-Führungsriege, soll «nachweisbarer» Vorbesitzer gewesen sein. Für eine Mietgebühr ab 180 Euro können Trabbi-Fans mit dem Zwickauer Zweitakter ins Blaue fahren und in Ostalgie schwelgen. Oder den Trabbi-Kombi über den Ku’damm kutschieren. Das zumindest konnte Willy Stoph seinerzeit nicht.

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