Im Schatten des SL

BMW 507

Wer sich ans automobile Wirtschaftswunder erinnert, der denkt an tuckernde VW Käfer und träumt vom eleganten Mercedes SL. Schöner als der BMW 507 war in den 50ern jedoch keiner.

Von Stefan Grundhoff

Nur Ignoranten denken bei BMW-Roadstern allein an den sportlichen Z3 oder den grandiosen Z8. Nach den offenen Anfängen in den 30er Jahren mit 315, 319 oder dem 328 als Ursprung bayrischer Sportlichkeit, verzückte der 507 Mitte der 50er Jahre die automobilen Schöngeister. Dabei wurden vom offenen Bruder des BMW 502 gerade einmal 251 Fahrzeuge gebaut. Bis in die heutige Zeit gelten die SL-Modelle von Mercedes als Aushängeschilder für Eleganz und Exklusivität. Flügeltürer und Roadster setzten in weltweit aufstrebenden Zeiten Zeichen automobiler Maßstäbe. Noch exklusiver und noch imposanter war man jedoch mit dem filigranen BMW 507 unterwegs, eine Skulptur auf Rädern.

Unglaubliche D-Mark-Summen

Deutschland war gerade Weltmeister geworden, die Besatzungsmächte zogen ab und die letzten deutschen Kriegsgefangenen kamen wieder in die Heimat. Mitte der 50er Jahre war eine Zeit des Aufschwungs, in der Automobile eine immer größer werdende Bedeutung spielten. Doch der gemeine Bürger knatterte in preisgünstigen Fahrzeugen wie einem VW Käfer, NSU oder Opel Kadett durch die Lande; vielleicht sogar in den Urlaub nach Norditalien. Doch nicht jeder wollte in ebenso preisgünstigen wie praktischen Fahrzeugen sein Dasein fristen.

Während viele sich allenfalls für ein paar Tausender den automobilen Traum verwirklichen konnten, ging es auch anders. Ein Mercedes SL Roadster kostet seinerzeit die unglaubliche Summe von fast 30.000 D-Mark. Und der Schönling BMW 507 war mit 26.000 D-Mark für jedermann nur ein Traum, der auf der Internationalen Automobilausstellung 1955 beklatscht werden konnte. Ein sehenswerter Hauch von Nichts aus den Händen von Albrecht Graf Goertz.

Enorme Wertanlage

Rund 600.000 Euro wert Foto: press-inform

Eine wahre Schönheit für zwei Personen, 4,38 Meter lang, 210 km/h schnell und von einem 150 PS starken Achtzylinder sanft befeuert, war der offene Bayer der Schönheitskönig der Leistungsschau auf vier Rädern. Gemessen an damaligen Zeiten war er Germany’s first Topmodel, ein Objekt der Begierde, dass sich kaum jemand leisten konnte.

An seiner Exklusivität hat sich bis heute kaum etwas geändert. Die geringe Produktionszahl von 251 Fahrzeugen, die von 1955 bis 1959 gebaut wurden sorgt dafür, dass man mittlerweile mehr als 600.000 Euro in die Hand nehmen muss, um einen offenen 507 in die eigene Garage zu befördern.

Charismatische Front

Edler Innenraum für die damalige Zeit Foto: press-inform

In Sachen Fahrdynamik war es mit dem BMW 507 nicht weit her. Er hatte nicht die Dynamik des Konkurrenten Mercedes SL oder die Sportlichkeit seiner Kriegsvorgängers BMW 328. In einem 507 präsentierten sich die Schönen und Reichen und zeigten, dass man es in Zeiten des Wirtschaftswunders auch zu mehr bringen konnte, als einem kleinen Häuschen und einem Schrebergarten. Der BMW 507 war eine filigrane Antwort auf die schmucken Cabriolets aus den USA oder England.

Geradezu charismatisch die fein gezeichnete Front mit den herausgearbeiteten Frontscheinwerfern, Blinkern und der flachen Doppelniere. Man sitzt weit hinten und blickt über die lange Motorhaube auf die Straße. Dabei hat der Fahrer durch die niedrige Gürtellinie das Gefühl, komplett im Freien zu sitzen. Zumindest bei höheren Drehzahlen kann man den sonoren Klang des Achtzylinders genießen, der 110 kW / 150 PS leistet. Aufgrund des geringen Gewichts von kaum mehr als 1,2 Tonnen reichte das für mehr als 200 km/h. Geschaltet wurde typisch europäisch per Hand. Die schwammige Lenkung und das weiche Fahrwerk zeigen, dass man auf andere Kunden als Mercedes mit seinem SL abzielte, der gerade als Gullwing die sportliche Fraktion ansprechen sollte.

Untertourig im vierten Gang

Lange Motorhaube, kurzes Heck - so sehen Sportwagen aus Foto: press-inform

Eine Ausfahrt im offenen BMW 507 ist eine typische Tour durch die 50er Jahre. Der Wind weht einem aufbrausend um die Nase und aus dem Lautsprecher in der Mitte des Armaturenbretts dröhnen Klänge aus längst vergangenen Zeiten. Man ist untertourig im vierten Gang unterwegs.

Erst über 4.000 U/min entscheidet sich der 3,2 Liter kleine Achtzylinder spontan zu forscherer Gangart. Die Sitze sind tief, weich und bequem. Hier konnte man zumindest bei gemächlichem Tempo auch längere Zeitaushalten. Bis zum Gardasee oder nach Rimini dürften die meisten 507er jedoch kaum gekommen sein. Schade drum.

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