Tata bringt Auto für 1700 Euro

Tata setzt einen neuen Meilenstein. Der indische Automobilhersteller will den boomenden Subkontinent mit einem Volksauto ausstatten.

Der indische Mischkonzern Tata hat am Donnerstag in Neu Delhi das billigste Auto der Welt vorgestellt. Konzernchef Ratan N. Tata sagte bei der vielbeachteten Weltpremiere auf der Autoexpo in der indischen Hauptstadt, der Tata Nano werde in der Basisversion ohne Mehrwertsteuer und Transport wie geplant 100 000 Rupien oder umgerechnet gut 1700 Euro kosten. Tata sprach von einem «Meilenstein». Der von Tata auch «Volksauto» genannte Viertürer, dessen Erscheinungsbild auf den ersten Blick an den Smart erinnert, soll frühestens im Oktober auf den indischen Markt kommen. Vier Menschen sollen komfortabel in ihm Platz finden.

Euro 4-Norm erfüllt

Nach Tata-Angaben erfüllt der Wagen die Euro 4-Norm und die indischen Sicherheitsstandards. Der Nano wird mit einem 33 PS starken 623-Kubikzentimeter-Zweizylindermotor angetrieben, der im Heck untergebracht ist. Das Auto soll weniger als fünf Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrauchen. Die Basisversion des 3,10 Meter langen, 1,50 Meter breiten und 1,60 Meter hohen Autos kostet rund die Hälfte des nächstgünstigen Pkw und etwa das Doppelte eines Motorrades in Indien. Ratan Tata sagte, die Höchstgeschwindigkeit des Wagens werde etwas über 100 Stundenkilometer liegen.

Ratan Tata sagte, in den ersten zwei, drei Jahren nach der Einführung des Nano werde der Fokus auf Indien liegen. Der Konzern erwägt aber, den Wagen zu einem späteren Zeitpunkt auch in Europa, Südostasien und Afrika auf den Markt zu bringen. Man führe Gespräche mit dem Kooperationspartner Fiat, berichtete der Konzernchef.

Große Expansionspläne

Indien ist nach China der weltweit am stärksten wachsende große Automarkt. Experten schätzen, dass der Pkw-Absatz in Indien von 1,2 Millionen im vergangenen Jahr bis 2018 auf drei bis vier Millionen steigt. Tata Motors hat große Expansionspläne. Derzeit verhandeln die Inder mit Ford über die Übernahme der zu dem US-Konzern gehörenden britischen Traditionsmarken Jaguar und Land Rover.

Ein Vorstandsmitglied eines deutschen Autokonzerns, das ungenannt bleiben wollte, sagte der dpa auf der Autoexpo in Neu Delhi, der Tata Nano sei «ohne Zweifel eine Leistung». Der deutsche Experte stellte jedoch in Frage, ob der das Auto bei dem Niedrigpreis Gewinne abwerfen könne. Ratan Tata äußerte sich nicht zu erwarteten Gewinnmargen, sagte aber bei einer Pressekonferenz nach der Präsentation: «Seien Sie sich sicher, dass die Einführung des Wagens und seiner Varianten ein profitables Vorhaben für die Firma ist.»

Kein Einführungsangebot

Der 70-jährige Konzernchef, der der geistige Vater des Nano ist, schloss nicht aus, dass der Preis des Autos künftig steigen könne. Ratan Tata betonte aber, bei dem 100.000-Rupien-Preis handele es sich nicht nur um ein Einführungsangebot. «Wir werden unser Bestes versuchen, um den Preis zu halten.» Nach Angaben des Konzerns werden Produktionskosten unter anderem durch einen leichten Motor und durch die Bauweise des Wagens gespart. Einzelheiten nannte Tata nicht. Tata Motors hat im Zusammenhang mit dem Nano 34 Patente beantragt.

Das Tata-Autowerk in Singur im westindischen Bundesstaat West Bengalen, das noch gebaut wird, werde seine Jahreskapazität von 250.000 Nano zu Beginn auf später 350.000 steigern, sagte Ratan Tata. Zielgruppe werden vor allem die Mitglieder der wachsenden indischen Mittelschicht sein, die bislang nur ein Motorrad oder einen Motorroller fahren, auf denen in Indien oftmals mehrköpfige Familien Platz finden. Tata teilte mit, das «Volksauto» ermögliche Tausenden Familien, sich den Komfort und die Sicherheit eines Pkw zu leisten.

Nicht für Infrastruktur verantwortlich

Zur Kritik, die massenhafte Verbreitung des Nano könne zu einer Verschärfung des Verkehrschaos in indischen Städten beitragen, verwies Ratan Tata darauf, dass sein Konzern nicht für die Verbesserung der Infrastruktur verantwortlich sei. Man dürfe den Massen nicht das Recht auf individuelle Transportmittel verweigern. Der Wagen richte sich zudem nicht nur an die Bevölkerung in den Städten, sondern auch an die zahlreichen Menschen auf dem Land.

Tata ist der größte private Konzern in Indien. Ratan Tata hatte die Pläne für das 100.000-Rupien-Auto 2003 auf der Automesse in Genf vorgestellt. Tata Motors stellt mehrere in Indien erfolgreiche Pkw-Modelle her. (dpa)

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