Schmutzige Gedanken im feinen Zwirn

Range Rover Supercharged

In unsicheren Zeiten sind Trutzburgen besonders beliebt. Der Range Rover ist eine der Ikonen, die sich von den Wirren der Umwelt kaum beeindrucken lassen. Die neueste Generation bietet bekannten Charme, viel Hightech und beeindruckende Fahrleistungen.

Von Stefan Grundhoff

Optisch haben sich die Veränderungen bei den Modellpflegen im Hause Range Rover schon immer im Rahmen gehalten. Hier ein bisschen gefeilt, dort ein bisschen poliert und schon strahlt das aufgehübschte Modell heller denn je. So kann man auch die neueste Range-Rover-Generation kaum von den bisherigen Modellen unterscheiden. Zumindest außen sieht man auf den zweiten Blick allenfalls neue Scheinwerfereinheiten, moderne LED-Technik und nette Karosseriedetails.

Edle Business-Limousine

Unter der bekannt charakterstarken Karosserie hat sich jedoch umso mehr getan. Der vehemente Einsatz neuer Elektronik-Komponenten machte es nötig, die gesamte Bordvernetzung über neue CAN-Bus-Systeme zu steuern. Hört sich abstrakt an - ist es auch. Von dem verstärkten Elektronikeinsatz kann man sich jedoch selbst überzeugen, sobald man sich auf seinen Hochsitz hinter dem Steuer aufgeschwungen hat. Statt bekannter Runduhren erstrahlt hinter dem ebenfalls neu entwickelten Lenkrad ein fein animiertes 12-Zoll-Display, das ganz nach Wunsch des Piloten alle wichtigen Informationen auf den schwarzen TFT-Bildschirm projiziert. Leider bleibt der Raum zwischen den digitalisierten Runduhren bei normaler Fahrt allzu oft leer. Hier würde sich eine Pfeildarstellung der Routenführung oder eine zentrale Geschwindigkeitsanzeige gut machen.

Während man bei gemächlicher Fahrt einen Blick auf das sieben Zoll große Navigationsdisplay mit entsprechender Routenführung wirft, hat der Beifahrer die Übertragung der aktuellen Tour-de-France-Etappe im Blick. Eine Hightech-Lochmaske macht es möglich, auf einem Bildschirm zwei unterschiedliche Bilder erlebbar zu machen. Das neue Finish des Innenraums ist auf bekannt hohem Range-Rover-Niveau. Die Kunden der indisch-britischen Exklusivmarke haben weltweit bekanntlich ihre ganz eigenen Ansprüche. Das weiß auch Produktmanager Ryan Miller: «Knapp 50 Prozent unserer Kunden verdienen deutlich mehr als 500.000 Dollar pro Jahr. Viele liegen deutlich über einer Millionen und besitzen mehrere Autos. Gerade die vergleichsweise jungen Kunden zwischen 45 und 55 Jahren benutzen unseren Range Rover dabei in erster Linie als edle Business-Limousine.»

Keine elektrische Heckklappe

Ein eigenständiges Heck kennzeichnete den Range Rover schon immer aus Foto: Land Rover

Seit den 70er Jahren gilt der Range Rover als die wohl exklusivste Möglichkeit, in einem Geländewagen unterwegs zu sein. Die Hauptmärkte befinden sich an der West- und Ostküste der USA, in Großbritannien, Russland, dem mittleren Osten und in Deutschland. «Wir haben nach wie vor ein großes Wachstum und Russland und China. Die USA und Großbritannien sind ebenfalls weiterhin stark», erzählt Ryan Miller, «durchweg können wir beobachten, dass unsere Fahrzeuge immer exklusiver ausgestattet werden. Der besonders luxuriöse Range Rover Autobiography verkaufte sich dabei zuletzt mehr als doppelt so stark wie erwartet. Mittlerweile tragen zwölf Prozent aller Range-Rover-Modelle den Autobiography-Schriftzug am Heck.»

Die Kundschaft kann sich beim neuen Modell über eine Vielzahl netter Ausstattungsdetails freuen. Besonders komfortabel dabei der schlüssellose Zugang Keyless Go, Abstandstempomat, fünf Kameras rundum und einen Totwinkel-Assistent. Unverständlich allein, wieso der große Geländewagen als einziges Fahrzeug seiner Klasse ohne elektrisch betätigte Heckkappe auskommen muss.

225 km/h Höchstgeschwindigkeit

Der Innenraum präsentiert sich wie gewohnt exklusiv Foto: Land Rover

Mit der ungewöhnlich exklusiven Kundschaft lässt sich auch der Hunger nach viel Leistung erklären, den die Briten mit der neuen Motorengeneration befriedigen. Sahnestück in der Modellpalette ist der neue V8-Benziner, der jüngst beim Schwesterkonzern Jaguar seine Premiere feierte. Dank Kompressoraufladung leistet der fünf Liter große Kraftprotz 510 PS und 625 Nm maximales Drehmoment. Der Schub nach vorne ist mächtig. «Der Kunde soll denken: Yes, it’s a Range Rover and wow - it’s better than ever before», lacht Chefentwickler Paul Walker als auf das Leistungsdiagramm zeigt. Die Höchstgeschwindigkeit der Supercharged-Version liegt bei 225 km/h. Der Durchschnittsverbrauch soll bei 14,9 Litern Super auf 100 Kilometern liegen.

Warten müssen die europäischen Range-Rover-Kunden jedoch auf die neue Generation des Volumendiesels TD V8. Der ist bis auf weiteres nach wie vor mit überschaubar dimensionierten 272 PS unterwegs. Die Konkurrenz mit Mercedes GL oder Audi Q7 bietet in dieser Liga mehr als 320 PS. Doch das gemeinsam von PSA, Ford und Land Rover entwickelte Basisdieseltriebwerk mit sechs Zylindern bekommt in Discovery IV und Range Rover Sport eine Leistungsspritze von 190 auf 245 PS. So dürfte sich in absehbarer Zeit auch der Range Rover TD V8 auf eine deutliche Vitaminspritze freuen dürfen, um der kraftvollen Konkurrenz Paroli bieten zu können. Schließlich entscheiden sich Zentraleuropa rund 90 Prozent aller Kunden für den V8-Diesel.

Leergewicht über 2,7 Tonnen

Voll Geländetauglich Foto: Land Rover

Gefeilt haben die Range-Rover-Ingenieure nicht an Benzintriebwerk und Innenraum, sondern auch an Geländegängigkeit und Fahrwerk. Offroad muss der Range bekanntlich keinerlei Konkurrenten fürchten. Wenn ihm überhaupt etwas sorgen macht, ist es sein gewaltiges Leergewicht von mehr als 2,7 Tonnen. Die lassen sich auch durch das überaus komfortable und souveräne Fahrwerk sowie das variable Allradsystem nicht spurlos ausbügeln. Das merkt man besonders in schnell gefahrenen Kurven, wo die starken Nick- und Karosseriebewegungen nicht durch eine Wankstabilisierung ausgeglichen werden.

Hier sind die adaptiven Dämpfer der Luftfeder allein jedoch zu wenig, um Ruhe in den Aufbau zu bringen. Den gemeinen Range-Rover-Chauffeur ficht das kaum an. Er cruist im lässigen Galopp durch die Landschaft und kann seinem Engagement jederzeit den gewünschten Tatendrang des Triebwerks folgen lassen. «Und besonders wichtig ist unseren Kunden sowieso Understatement gepaart mit einem imposanten Erscheinungsbild», klärt Ryan Miller auf, «das bietet der Range wie kein anderer.» In Deutschland kommt die neue Range-Rover-Generation des Modelljahres 2010 im September auf den Markt. Der Range Rover TD V8 Vogue startet bei 93.700 Euro. Die Topversion Range Rover Supercharged Autobiography mit Komplettausstattung kostet mindestens 126.000 Euro.

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