Sag zum Abschied leise Servus

Genfer Salon

Der Genfer Salon, einst eine extravagante Leistungsschau der Automobilbranche, ist nicht mehr das, was er einmal war. Sparsame Kleinwagen, schmucke Studien und PS-starke Boliden spielen in diesem Jahr allenfalls die dritte Geige. Für einige Autohersteller dürfte es der letzte Auftritt in Genf gewesen sein.

Von Stefan Grundhoff

Daihatsu, Saab, Hummer, Cadillac, Mitsubishi oder Lancia - keiner weiß, ob diese Marken im nächsten Frühjahr noch einmal nach Genf kommen werden, um ihre Neuheiten einem breiten Publikum zu präsentieren. Die finanzielle Situation lässt das überschaubare Feuerwerk an Produktneuheiten auf dem Genfer Salon in den Hintergrund treten. Sicher, da sind beim Volkswagen-Konzern der ebenso perfekte wie neutrale VW Polo oder der pfiffige Skoda Yeti zu bewundern. Auf der anderen Seite gefallen der praktische Toyota Verso, der über Nacht seinen Namensannex Corolla verlor oder das Renault-Trio Scenic / Grand Scenic und Megane Kombi. Weniger überraschend dagegen die Messepremiere der Mercedes E-Klasse. Gleich neben dem neuen Stuttgarter Messias ist erstmals die Coupéversion als CLK-Nachfolger zu bewundern. Längst ist kein Geheimnis mehr, dass bei der herbstlichen Europa-Messe in Frankfurt bereits die Derivate T-Modell und Cabriolet stehen werden. Eine jahrelange Salami-Taktik innerhalb der Modellreihe lässt sich eben auch beim prestigeträchtigen Erfinder des Automobils nicht mehr fahren.

Krawall mit Ford und Mazda

Wer es krawallig mag, der fühlt sich bei Ford Focus RS und Mazda 3 MPS bestens aufgehoben. Zu fairen Preisen bieten beide in der Kompaktklasse Leistung satt und wollen dem Vorzeige-Sportler Golf GTI mit Leistungen von 260 und 305 PS als Fronttriebler um die Ohren fahren. Dass es auch kleiner geht, zeigt ein Ausblick auf die Europaversion des Tata Nano. Erstmals steht der indische Billigheimer auf einer Europamesse. „Der Wagen soll Ende 2011 zu Preisen ab 5.000 Euro auch nach Europa kommen“, so Tatas Europa-Chef David Saldanha, „als erstes kommt der Wagen nach Spanien, Italien und Polen. Danach auch in andere Staaten.“ Im Gegensatz zum gerade einmal 2.000 Euro teuren Indien-Nano wird die Europa-Version Komfort- und Sicherheitsdetails wie Ledersitze, ABS, Airbags und eine Klimaanlage bekommen.

Die schöne grüne Ökowelt hat es auf dem Genfer Salon 2009 besonders schwer. Wenn es Herstellern und Kunden an den Geldbeutel geht, ist die grüne Wiese allzu schnell abgemäht. Sparsame Modellvarianten, Öko-Autos und hybrides Gedankengut gibt es an nahezu jedem Stand zu sehen. Wirklich aufregendes sucht man vergebens. Ein sparsamer VW Polo Bluemotion hier, ein allzu visionärer Opel Ampera dort und allenthalben mehr oder weniger reale Ausblicke auf zukünftige Technologien. Immerhin: Start-Stopp-Systeme, effiziente Zwei- und Dreizylinder und turbobeatmete Kleinhubräume klopfen längst nicht mehr allein an die Tür der Messehallen. Vieles gibt es bereits zu kaufen. Für Kurzstrecken tut es auch der offene e’mo oder der 268 PS starke Lampo. Darüber kann Namensanrainer Lamborghini nur lachen. Der extravagante Audi-Ableger zeigt in Genf den neuen Murcielago LP 670-4 SV. 670 PS stark und 100 Kilogramm leichter - reicht für 342 km/h.

Kleinere Messestände

Der Artega GT Foto: Artega

Die Messe selbst präsentiert sich dem Betrachter luftiger als in den vergangenen Jahren. Viele Messestände sind kleiner und die Messebauer durften sich in Wurfweite des Genfer Sees nicht derart kostenintensiv austoben wie gewohnt. Besonders düster sieht es bei den GM-Töchtern aus. Doch auch Daihatsu und Mitsubishi haben sich gedanklich eigentlich längst von der Messe entfernt. Die baulichen Lücken wurden von einigen interessanten Kleinserienherstellern geschlossen. Viel beachtet die Messeauftritte von Artega und besonders Fisker Automobile. Die Firma des ehemaligen BMW- und Aston-Martin-Chefdesigners Henrik Fisker zeigt in Genf nicht nur die viertürige Sportlimousine Karma, sondern auch den offenen Karma S. Beide elegant gezeichnet und mit ebenso sparsamem wie kraftvollen Hybridmodul. Der Fisker Karma steht im November zu Preisen von 78.780 Euro zzgl. MwSt. im Handel.

Kein Genfer Salon ohne sehenswerte Studien. Auch in Zeiten dünner Kassen zeigt sich die Südschweizer Uhrenmetropole als Stimmungsbarometer für Zukunftsmodelle. Realitätsnah und sehenswerter denn je bringt sich der «kleine» Rolls Royce 200 EX in Position. Technologisch mit dem 7er BMW verwandt soll der 5,40 Meter lange Brite im kommenden Jahr auf den Markt kommen. Deutlich rustikaler präsentiert sich der Nissan Qazana. Der kleine Bruder des erfolgreichen Qashqai charakterisiert sich durch rundliche Formen und Allradantrieb. Der lange Radstand lässt einem jede Menge Variationsmöglichkeiten im Innenraum. Ähnlich visionär zeigt sich der Ford Iosis Max, der Vorbote des neuen Ford C-Max sein dürfte. Hyundai gibt einen sehenswerten Ausblick auf den neuen iX35.

Kombis wieder im Trend

Der Opel Insignia Sports Tourer Foto: Opel

Überhaupt ist ein Trend weg von den beliebten, aber oftmals verteufelten Sport-Utility-Vehicles (SUV) auf dem Genfer Salon nicht zu erkennen. Lexus zeigt erstmals in Europa die zweite RX-Generation - auch mit Hybridantrieb. Ungewöhnlich selbstbewusst zieht der neue 3008 die Blicke am Peugeot-Stand auf sich. Leider fehlt - ebenso wie beim Basismodell des Saab 9-3X - der obligatorische Allradantrieb.

Kleiner, aber nicht weniger sehenswert Toyotas Urban Cruiser und der Skoda Yeti - beide auch mit 4x4-Technik. Auch die normalen Kombis scheinen sich in den Designabteilungen der Hersteller wieder einer größeren Beliebtheit zu erfreuen. Der neue Opel Insignia Sports Tourer ist variabel und geräumig, der Seat Exeo ST als Nachfahre des alten Audi A4 Avant spanisches Neuland und der Renault Megane Kombi alles andere als langweilig. Irgendwie ist Genf eben doch immer wie Genf.

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