S 63 und CL 63 AMG: Power im Duett

S 63 und CL 63 AMG: Power im Duett
CL 63 AMG © Foto: Werk

Wem selbst das sportlichste Mercedes-Gefährt nicht genug ist, der landet unweigerlich bei AMG. Die Motorenbauer aus Affalterbach haben den Begriff «unmöglich» im Zusammenhang mit Automobilbau noch nicht gehört.

Von Stefan Grundhoff

Mercedes stellt in diesen Tagen seine beiden neuen Flaggschiffe vor. Das Power-Duett aus S 63 AMG und CL 63 AMG ist zumindest konzernintern derzeit das Ende der automobilen Fahnenstange. Die bereits nach dem automobilen Horizont strebenden Serienmodelle der S- und CL-Klasse bekamen bei AMG den letzten Feinschliff. Nach der kraftvollen Leistungsspritze leisten beide Achtzylinder-Sauger 386 kW / 525 PS und Angst einflößend grollende 630 Nm Drehmoment.

Leistungsstärkster Achtzylinder-Sauger

AMG und Mercedes rühmen sich nicht nur damit, das 6,3 Liter Triebwerk komplett eigenständig entwickelt zu haben; bei dem Langhuber handelt es sich auch um den derzeit leistungs- und drehmomentstärksten Achtzylinder-Sauger der Welt. Für den Spurt 0 auf 100 Km/h benötigen beide Schlachtschiffe 4,6 Sekunden. Gerade auf kurviger Landstraße mit schlechtem Fahrbahnbelag haben die Dickschiffe schon einmal so ihre Mühe, die Potenz auf den Boden zu bekommen. Wenn es an den Über-Mercedes abgesehen von Preisen von deutlich unter 130.000 Euro etwas auszusetzen gibt, dann ist es deren Gewicht. Dank Luxus-Ausstattung, Motoren, Fahrwerk und Annehmlichkeiten ohne Grenzen ist man deutlich über zwei Tonnen schwer.

Eine schier unüberschaubare Zahl von elektronischen Hilfsmitteln sorgt dafür, dass sich CL 63 AMG und S 63 AMG so einfach fahren lassen, wie einen schnöden E 220 CDI. Nur mit dem Einsatz des rechten Fußes sollte man vorsichtig sein. Einmal etwas nachgetreten und die Tachonadel würde sich nach einem im Innern kaum vernehmbaren Aufbäumen in gefühlten Sekundenbruchteilen jenseits der 180er-Marke wiederfinden. Gerne einen Versuch wert - aber bitte nicht direkt am Ortsausgang.

250er-Markierung als Farce

S 63 AMG Foto: Werk

Die 250er-Markierung ist Makulatur und Farce zugleich. Beide Schwaben würden die 300er-Marke weit hinter sich lassen. Das elektronische Einbremsen bei Tempo 250 kann sich einer gewissen Lachhaftigkeit kaum entziehen. Nur gegen Aufpreis öffnet Mercedes’ Edeltochter AMG seine Kraftbolzen gnädigerweise bis Tempo 300. Wer mehr will, muss zum Tuner.

Das 6,3 Liter-Triebwerk ist ein wahrer Motorsport-Genuss. Betont untertourig ist man im Alltagsgeschäft unterwegs und verbraucht kaum spürbar zwischen 16 und 20 Liter auf 100 Kilometer. Ein leichter Druck auf das rechte Pedal und die beiden Boliden fliegen vehement nach vorn. Zuvor hat sich die modifizierte Siebengang-Automatik für die rechte Gangwahl entschieden und macht den Piloten nahezu überflüssig.

Exklusiver Kundenkreis

Der Motor des S 63 AMG Foto: Werk

Die beiden verschwägerten Kraftmeier halten mit ihrer Kraft nicht hinter dem Berg. Das merkt man auf der Autobahntankstelle Holzkirchen zwischen München und Salzburg nach wenigen Augenblicken. Der kurze Getränkestopp wird zu einer juvenilen Fragestunde von Geschäftsreisenden und Familienvätern. Erwachsene Piloten von ausgewachsenen Fahrzeugen der oberen Mittelklasse kennen nach einem zögerlichen Erstkontakt keine Scham mehr und bohren sich zahnarztgleich in die AMG-Materie des CL-Piloten ein. Warum? Beide AMG-Versionen fallen sofort auf. Kraftvolle Schürzen, große Lufteinlässe und selbstbewusste Radsätze zeigen es jedermann, dass hier kein Mercedes von der Stange im Rückspiegel blinkt.

Seit Jahren hat sich AMG auf dieses Geschäft kapriziert. Das hin und her zwischen Schein und Sein, supersportlichen Serienversionen und abgefahrenen Sonderfahrzeugen ist ein einträgliches und imagereiches Geschäft. Die meisten AMG-Kunden haben mehr als ein Powermobil in der eigenen Großgarage - oft sind es fünf oder sechs Fahrzeuge. Meist überaus exklusiv und nicht nur von einer Marke. Um sich noch besser auf die sehr unterschiedlichen Kundenwünsche einzustellen, hat AMG vor kurzem sein Performance Studio ins Leben gerufen.

Keine offenen Wünsche

CL 63 AMG Foto: Werk

Im Vordergrund des Studios steht die Entwicklung und Produktion exklusiver Kleinserien. Das Performance Studio hat zunächst die drei Linien «Signature Series», «Black Series» und «Editions» aufgelegt. Soll es ein besonders extravagant ausgestattetes Modell sein, wird der Wagen auf der Rennstrecke bewegt oder sollen Nachbarn und Arbeitskollegen nur die Worte fehlen?

Mercedes-AMG verspricht, dass im neuen Studio keinerlei Wünsche offen bleiben. «Immer mehr AMG Fans und Sportwagen- Enthusiasten aus aller Welt fragen uns nach noch dynamischeren Fahrzeugen, besonderen Ausstattungen und spezifischeren Komponenten. All diese Wünsche können wir mit dem neu eröffneten Performance Studio perfekt bedienen», so Volker Mornhinweg, Vorsitzender der Geschäftsführung, Mercedes-AMG GmbH.

Zwei Modelle zum Start

Zum Start wurden zwei ungewöhnliche Modelle aufgelegt. Den Anfang machte das Mercedes CLK DTM AMG Cabriolet, das unter dem Label «Signature Series» produziert wird. Das 428 kW/582 PS starke Hochleistungs-Cabriolet ist der schnellste offene Viersitzer der Welt. Vom rund 278.000 Euro teuren Vehikel aus Affalterbach werden nur 100 Fahrzeuge hergestellt.

Das zweite Volumenmodell aus dem neuen Studio ist der SLK 55 AMG Black Series. Die puristische Leichtbau-Variante soll mit ihrem 294 kW/400 PS starken AMG 5,5-Liter-V8-Motor keine Wünsche mehr offen lassen. In dem Sportroadster wurden zahlreiche Komponenten aus dem Motorsport verbaut. Sein Preis: 107.300 Euro.

Serie oder Individualität

Die einzelnen AMG-Varianten sollen mit einer optischen und haptischen Differenzierung gegenüber dem Serienfahrzeug für besondere Begehrlichkeiten sorgen. Wem die Serienmodelle wie S 63 AMG oder CL 63 AMG ebenso wenig reichen wie Signature- oder Black-Series, der stößt in die Tiefen der Affalterbacher Werkshallen hervor.

Jeder Kunde kann seinen Mercedes so kreieren, wie er ihn sehen möchte. So können die Modellreihen der SLK-, SL- und CLS-Klasse mit einem AMG Performance Package ausgestattet werden, das sie für jeden Einsatz auf der Rennstrecke vorbereitet. Doch auch sechsrädrige Mercedes G-Klasse, verlängerte S-Klasse und CL-Cabriolets sind denkbar. Vor einigen Jahren ließ ein Kunde innerhalb eines Jahres einen neuen, alten Mercedes 300 SL Flügeltürer aufbauen. Die Kosten lagen bei mehreren Millionen Euro. Aber der automobilen Realität sind gerade bei AMG keine Grenzen gesetzt.

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