Porsche 911 Turbo: Stuttgarter Meisterwerk

Der 911 Turbo steht bei Porsche in der Modellhierarchie ganz oben: Entsprechend viel Entwicklungsarbeit haben die Ingenieure in das neue Aushängeschild des Unternehmens gesteckt. Herausgekommen ist ein begeisternder Sportwagen.

Von Frank Mertens

Der 911 Turbo ist für Porsche nicht irgendein Auto. Für den Sportwagenhersteller ist der Turbo das Aushängeschild schlechthin. «Er ist unser Technologieträger, an dem sich unsere Wettbewerber messen lassen müssen», sagt Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer.

480 PS unter der Haube

Und dass, was die Stuttgarter mit der sechsten Generation des 911 Turbo ab diesem Sommer ins Rennen schicken, hat es in sich. Allein die reinen Fakten lassen nicht nur Porsche-Fans begeistert aufhorchen: Unter der Haube trägt der 3,6 Liter-Sechszylinder 480 statt bisher 420 PS spazieren, das Drehmoment wurde von 560 auf 620 Newtonmeter gesteigert, den Sprint von Null auf 100 km/h legt er in atemberaubenden 3,7 Sekunden zurück. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 310 km/h erreicht. Trotz dieser in allen Bereichen verbesserten Leistungsdaten ist der Verbrauch gleich geblieben: Er liegt bei 12,8 Litern SuperPlus. Ein guter Wert für ein Fahrzeug mit diesen Leistungsdaten.

Bis zu 1000 Grad heiße Abgastemperaturen entstehen Foto: Werk

Ein Blick zurück zum Urahnen des aktuellen Porsche 911 Turbo lässt erahnen, was sich seit 1974 an Evolutionsschritten getan hat: So brachte es der Typ 930 mit seiner 3-Liter-Maschine gerade einmal auf 260 PS, die maximale Drehmomentsteigerung zum Typ 997 beträgt enorme 81 Prozent. Ein Ziel der Entwickler damals wie heute ist jedoch gleich geblieben: Der Turbo sollte seinen Fahrern «herausragende Fahrleistungen, exzellente Fahrdynamik und eine hohe Alltagstauglichkeit» (Dürheimer) bieten. Damit diese Ansprüche über 32 Jahre eingehalten werden konnten, haben die Ingenieure bei Porsche in das aktuelle Modell viel Entwicklungsarbeit gesteckt.

Voll mit Innovationen

Entsprechend steckt der Neue voll von Innovationen und Optimierungen. Das reicht von der Aerodynamik, der Karosserie, der Fahrdynamik bis hin zum Motor. Vor allem mit Blick auf die Motoren- und Antriebstechnik spricht Dürheimer in diesem Zusammenhang von Kernkompetenz. Die Porsche-Ingenieure haben sie wieder einmal bewiesen.

Das Heck des 911ers Foto: Werk

So entwickelten sie erstmals für Ottomotoren eine neue Aufladetechnik mit variabler Turbinengeometrie zur Serienreife. Sie bietet neben einem hohen Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen eine hohe Leistungsdichte, eine Verringerung des Turbolochs zugleich Vorteile beim Kraftstoffverbrauch. Eine der großen Herausforderungen lag dabei in der Beherrschung der bis zu 1000 Grad heißen Abgastemperaturen. Damit diese Belastung ausgehalten wird, kommen hochtemperaturfeste Materialien aus der Luft- und Raumfahrtindustrie zum Einsatz. Damit letztlich nichts schief gehen kann, wurde der Motor intensiv getestet: Im Prüfprotokoll stehen eine Million Testkilometer, 1000 Stunden auf dem Motor- und 20.000 Stunden auf dem Brennkammerprüfstand.

Verbesserte Aerodynamik

Angesichts der Hitzeentwicklung kommt der Aerodynamik bei der Entwicklung des neuen 911 Turbo eine besondere Bedeutung zu: Schließlich benötigen der Motor und die Bremsen ausreichend Kühlung. Entsprechend wird den Aggregaten gezielt Luft zugeführt: Beispielsweise wurde das Bugteil mit einer optimierten Luftführung versehen; optimiert wurde auch die Bremsbelüftung und der Ladeluftkanal. Pro Sekunden blasen bei Tempo 300 km/h stattliche 130 Liter Luft durch den Mittelkühler. Beim Ladeluftkühler sind es 1200 Liter, die durch die Kiemen vor dem hinteren Radlauf aufgenommen werden.

Die Aerodynamik sorgt neben einer guten Belüftung vor allem aber dafür, dass der 911er ausgesprochen satt auf der Straße liegt. So wurde der Spaltflügel, der bei Tempo 120 km/h aus- und bei 80 km/h wieder einfährt, um 23 Prozent vergrößert. Gewachsen ist auch die Unterbodenverkleidung. Sie umfasst nun 3,1 Quadratmeter - im Vergleich zum Vorgänger ist das eine Vergrößerung von 97 Prozent.

Der Porsche saugt die Luft zur Kühlung ein Foto: Werk

Trotz dieses Zuwachses in jedem Bereich ist das Gewicht dank konsequenter Leichtbauweise gleich geblieben. So wiegt der neue 911er mit 1585 Kilogramm fünf Kilo weniger als der Vorgänger. Gewicht gespart wurde beim 7,3 kg schweren Aluminium-Frontdeckel (51 Prozent leichter als der aus Stahlblech), bei der 10,3 kg schweren Alu-Tür (minus 41 Prozent) oder beim 4,5 kg schweren Faserverbund-Heckdeckel (minus 62 Prozent). Die durch die höherwertigen Materialien entstehenden Kosten konnten teilweise durch eine Verringerung bei der Anzahl der Bauteile ausgeglichen werden: Während die beispielsweise die Stahltür über 15 Bauteile verfügte, sind es bei der Alu-Tür gerade einmal nur fünf.

Gewicht deutlich reduziert

Der Heckflügel am Porsche 911 Turbo Foto: Werk

Leichtbau findet sich auch am Vorderachsgetriebe, das nur noch 26,4 kg auf die Waage bringt und durch seinen dünnwandigen Druckguss die Akustik und Steifigkeit erhöht. Für maximale Fahrdynamik sorgt das Porsche Traction Management (PTM). Der Antrieb der Vorderachse erfolgt mit PTM über eine elektromagnetische gesteuerte Lamellenkupplung, So kann abhängig von der Fahrsituation 100 Prozent des Antriebsmoments auf der Vorderachse liegen. Das sorgt für hohe Traktion.

Wie gut der neue Turbo unterwegs ist, zeigt ein Blick auf die Rundenzeiten auf der legendären Nordschleife des Nürburgrings: Während der Vorgänger die Strecke in 8 Minuten zurücklegte, sind es beim 997 nur noch 7:49 Minuten. Wer mit Sportreifen (235/35-19 vorn/305/30-19 hinten) unterwegs ist, ist nochmals um sieben Sekunden schneller. Diese Zahlen lassen erahnen, was in dem neuen 911 Turbo steckt. Angesichts dieser Leistungsdaten werden die Porsche-Fans dem Marktstart im Sommer ungeduldig entgegenfiebern.

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