Die Wiederentdeckung des Shooting Brake

Autos für eine Jagdgesellschaft wurden bereits schon vor über einhundert Jahren hergestellt. Nun entdeckt die Autoindustrie die Mischung aus Sportwagen und Kombi wieder.

Von Thomas Geiger

Auf der ständigen Suche nach neuen Marktsegmenten sind die Automobilhersteller offensichtlich mal wieder fündig geworden: Um sich vor allem in der dicht besetzten Kompaktklasse besser unterscheiden zu können und um sich zugleich einen sportlichen Anstrich zu geben, haben sie den so genannten Shooting Brake entdeckt. In der Regel nur mit zwei Türen, aber im Gegensatz zum Coupé mit steilem statt schrägen Heck versehen, geben sich diese Modelle einerseits dynamisch wie ein Sportwagen, andererseits praktisch wie ein Kombi.

Keine neue Idee

Zwar steht diese Fahrzeuggattung, wie eine ganze Reihe aktueller Studien und gerade eingeführte Serienmodelle zeigen, derzeit bei Designern und Strategen hoch im Kurs. «Aber wirklich neu ist sie nicht», stellt Stephen Laing fest, der als Kurator beim British Motor Industry Heritage Trust in Gaydon arbeitet. Er datiert die ersten Shooting Brake auf die vorletzte Jahrhundertwende. «Der Shooting Brake war die frühe Form des Kombis», erläutert der Experte und erzählt von hölzernen Konstruktionen, die sogar vier Sitze hatten.

«Wie der Name schon sagt, war der Shooting Brake dafür gedacht, eine Jagdgesellschaft samt ihrer Ausrüstung zur Jagd zu bringen», erklärt Laing. Damals basierten diese Fahrzeuge vor allem auf den größeren Modellen. «Heute fasst man den Gattungsbegriff gerne etwas weiter und versteht darunter vor allem Kombis und die etwas praktischeren Ableger von Sportwagen.»

Seit 2005 auf der langen Bank

Wiederbelebt wurde das Segment vor gut einem Jahr: Als Vorbote des im Frühjahr eingeführten TT hatte Audi auf der «Tokyo Motor Show» im Herbst 2005 das «Shooting Brake Concept» enthüllt. Es sollte den Avant als Mischung aus Coupé und Kombi zum eleganten Spitzensportler machen. Der Zweitürer war 4,19 Meter lang und hatte hinter der weit ins Dach ragenden Hecklappe immerhin 255 Liter Stauraum. Wurde die Rückbank umgelegt, passten sogar 730 Liter ins Heck.

Obwohl das Konzept viele Elemente aus dem Baukasten von A3 und TT nutzt und deshalb relativ leicht umgesetzt werden könnte, gibt es zu den Aussichten für die Studie derzeit keinen offiziellen Kommentar: Ein halbes Jahr nach dem Coupé kommt nun erst einmal der Roadster. Über weitere Pläne hat Audi noch nichts mitgeteilt. Allerdings würden Studien nie ganz ohne Hintergedanken auf die Räder gestellt, so ein Sprecher des Herstellers.

Iroc als Vorbote

Der VW Iroc Foto: Werk

Während hinter den Plänen von Audi noch ein paar Fragezeichen stehen, hat Konzernmutter VW schon konkretere Absichten: Als Erbe des Scirocco hat der Hersteller im September auf dem Autosalon in Paris die Studie Iroc vorgestellt. Sie soll innerhalb von zwei Jahren in Serie gehen. Das giftgrüne Konzeptfahrzeug ist nach den Worten von Markenvorstand Wolfgang Bernhard das «schärfste Teil, das VW je auf die Räder gestellt hat.»

Beim Design des Iroc geht VW neue Wege: Vorn trägt der 4,24 Meter lange Zweitürer einen riesigen, sechseckigen Kühlergrill aus gebürstetem Aluminium. Links und rechts davon liegen zwei breit geschnittene Scheinwerfer, denen Wolfgang Bernhard gleichermaßen einen «giftigen Blick» und ein «freundliches Augenzwinkern» zuschreibt. In der Seitenansicht zeigt der Iroc eine glatte Flanke «ohne jeden Schnickschnack», die nur die durch muskulösen Radhäuser über den 19-Zoll-Rädern unterbrochen wird. Und hinten fällt das nur 1,40 Meter hohe Dach steil ab.

Volvo schon am Start

Der Volvo C30 Foto: Werk

Ebenfalls mit der Idee des Shooting Brake spielen die in Paris enthüllte Studie des Skoda Joyster sowie der Entwurf für den nächsten Lancia Delta HPE. Das wird zwar ein Viertürer, doch haben sich die Designer bei der Silhouette dennoch von sportlichen Kombis mit nur zwei Türen inspirieren lassen, teilt die Fiat-Tochter mit.

Volvo hat bereits Nägel mit Köpfen gemacht und mit dem neuen C30 den ersten zweitürigen Kombi in der Kompaktklasse an den Start gebracht. Für Preise ab 18.600 Euro gibt es den Erben des «Schneewittchensarges» vom Januar 2007 an ausschließlich mit zwei Türen, vier Sitzen und einer großen gläsernen Heckklappe. Zwar reicht der Platz dort nicht ganz für eine Jagdausrüstung. Doch weil man die beiden etwas in die Mitte gerückten Einzelsitze im Fond auch einzeln umlegen kann, lässt sich dort zumindest etwas moderneres Sportgerät ganz gut verstauen. (dpa)

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