Autoshow Detroit: Wider der Vernunft

Die ökologische Zukunft des Automobils macht Pause und der ansteigende Benzinpreis wird außer Acht gelassen. Auf der North American International Autoshow in Detroit beherrschen die mächtigen Modelle die Szene.

Von Stefan Grundhoff

Wieder ein Jahr vergangen - wieder ein Autojahr, das zumindest für die großen drei US-Marken GM, Ford und Chrysler in eine ungewisse Zukunft zu führen scheint. Neue Modelle und Studien wie das Camaro Cabriolet, der Lincoln MKR oder der Chevrolet Volt sind prächtig, doch so recht weiß niemand, wie man die Durststrecke der letzten Jahre beenden soll.

Detroit unantastbar

Das weltweite Automobiljahr beginnt traditionell mit der North American International Autoshow (NAIAS), der auch der wachsende Konkurrent in Los Angeles nichts anzuhaben scheint. Detroit heißt Auto und Detroit steht für die USA. Allen Ökotrends zum Trotz sind die wirklich beeindruckenden Neuheiten in üppigen Zylinder- und Hubraumkategorien zu finden.

Wachmann John Martz kennt die NAIAS seit vielen Jahren. Er liebt sie uns lässt sich jedes Jahr aufs Neue von seinem Dienstherrn einteilen: «Die ganzen neuen Autos sind doch der Hammer.» Ihm gefallen besonders die Limousinen, doch hier hat es seit dem Chrysler 300C nicht viel Beeindruckendes gegeben. «Nein, den Ford Interceptor habe ich noch nicht gesehen. Ich gehe aber auf jeden Fall einmal hin», erzählt er, «die Japaner sind doch mittlerweile sowieso die große Nummer.» John fährt übrigens auch eine Limousine aus Fernost, einen alten Camry.

Innovation nicht unbedingt neu

Der neue Chrysler Voyager Foto: press-inform

Die Highlights der NAIAS 2007 kommen aus dem eigenen Land. Bill Ford wird nicht müde zu betonen, dass der angeschlagene Autobauer, dessen Namen er trägt, in eine rosige Zukunft strebt: «Ford wird stärker und weiter wachsen. Das blaue Oval ist ein Symbol für alle Marken der Familie.» Hört sich nicht nur ein bisschen an, wie das Pfeifen im Walde und auf den Gängen der Messe wird deutlich, dass dem wohl auch so ist. GM zeigt mit dem 2+2-Sitzer Chevrolet Volt eine wirklich coole Coupe-Studie mit Elektroantrieb - doch nur Elektro, da schütteln viele Autobauer nur irritiert den Kopf.

Bei Chrysler blickt man stolz auf den neuen Voyager, der erst 2008 nach Europa kommen soll. Ein neuer, solider Van, ja - aber echte Innovationen sehen anders aus. Da hilft es auch wenig, dass Ford während der eigenen Pressekonferenz herüber nach Las Vegas zu Bill Gates schaltet, um sein Hightech-Image zu schärfen. Der neue Focus ist mit einem Sync-Modul versehen, das die vernetzte Bedienung von Telefon, iPod, Blackberry und weiteren Helferlein im Auto ermöglicht. Neu ist anders.

Europäischer Markt gefragt

Der Mercedes Ocean Drive Foto: Werk

Trotzdem hat die Detroit Motor Show nichts von Ihrer Schärfe verloren. Dafür sorgen schon Modelle wie die coolen Power-Limousinen Ford Interceptor, Lincoln MKR oder der offene Chevrolet Camaro. Doch gerade in den höheren Preissegmenten führt trotz Modellinitiativen von Lexus, Acura und Infiniti am europäischen Markt kein Weg vorbei. Mercedes setzt mit seiner offenen S-Klasse namens Ocean Drive ein eindrucksvolles Statement Richtung Luxussegment.

Bei Maybach wäre der optische Konkurrent von Rolls Royce Drophead und Bentley Azure besser aufgehoben als an der Spitze der Mercedes-Range. DaimlerChrysler-Chef Zetsche macht jedoch keinen Hehl aus den Aussichten: «Bei entsprechender Nachfrage können wir das Auto bauen. Doch es ist aufgrund der hohen Entwicklungskosten nur schwer darzustellen.»

Jaguar-Studie vertreibt Langeweile

Der Chevrolet Camaro Foto: press-inform

Jaguar, eines der Aushängeschilder der Ford-Gruppe, soll ebenfalls wieder auf die Beine kommen. Nach dem exzellenten XK ist der neue XF als Coupe-Limousine der große Hoffnungsträger. Der Nachfolger des deutlich hausbackeneren S-Type steht ebenfalls auf der NAIAS als überaus sehenswerte Konzeptstudie C-XF, polarisierend elegant und über 400 PS stark. Kleiner, aber ebenfalls mit großer Aufmerksamkeit bedacht, der neue Smart Fortwo, der Anfang 2008 auch in die USA kommt.

BMW ist ebenso wie Audi stolz auf beeindruckende Absatzzahlen und Modelle wie BMW X5, Dreier Cabriolet oder Audi Q7 V12 TDI. Studien bleiben in Detroit jedoch das Salz in der Suppe. Die Chrysler-Group zeigt zwei Gedankenspiele, die in die Realität umgesetzt werden sollten. Der Jeep Trailhawk Concept gibt einen durchaus sehenswerten Ausblick auf den neuen Cherokee und der Chrysler Nassau spinnt die Designidee des erfolgreichen 300C in einen Shooting Brake.

Airstream ohne Sinn für Realität

Der neue Mustang: Ford Interceptor mit vier Türen Foto: Werk

Ein schöner Traum ohne jeden Realitätssinn der Ford Bus namens Airstream als visionärer Nachfahre des VW Bully, der noch heute durch die Bundesstaaten knattert. Im Airstream arbeitet eine saubere Brennstoffzelle, die auf 48 Meilen gerade einmal eine Gallone Kraftstoff verbraucht.

Davon können die Fahrer der neuen Pick Ups nur träumen. Megaseller wie Chevys Silverado und der Toyota Tundra sind längst keine reinen Lastesel mehr. Im Innenraum gibt es nicht selten den Charme einer Luxuslimousine. Der Kraftstoffverbrauch steht nicht nur dabei hinten an. Auch das ist eine der Botschaften von der Detroiter Messe.

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