Stark, klein und flink

Fahrbericht Yamaha YZF-R6

Sie bietet genau die richtige Mixtur. Die Yamaha YZF-R6 ist stark, klein und ausgesprochen flink. Damit hat sie das Zeug, auch Fahrer größerer Boliden zu beeindrucken.

Von Ulrich Hoffmann

Sie ist klein, stark und ungemein flink: Die Yamaha YZF-R6 bietet genau die richtige Mixtur, um größeren Boliden auf der Landstraße ordentlich einzuschenken. Die überarbeitete Version des 2010er-Modells kommt in den Genuss eines neu programmierten Motormanagements. Zu den Modifikationen gehört auch ein neuer Schalldämpfer. Alles zusammen soll für eine bessere Kraftentfaltung über den gesamten
Drehzahlbereich sorgen. Die Preisliste startet bei 11 995 Euro.

Radikales Sportgerät

Es gibt kaum ein radikaleres Sportgerät von der Stange als eine R6. Ihr Lenkeinschlag ist gewohnt knapp, die Sitzhöhe mit 850 Millimetern nicht wirklich prädestiniert für eine Kaffeefahrt und spätestens nach dem ersten Tankstopp zweifelt auch die verliebteste Sozia an den Tourer-Ambitionen des 600er-Supersportlers. Für Sightseeing-Ausfahrten gibt es de facto bessere Motorräder.

Yamaha YZF-R6 Modelljahr 2010
Das Hinterteil der Yamaha Yamaha

Wer jedoch auch nur ein einzelnes Rennsport-Gen in sich hat, wird die Vorzüge eines der faszinierendsten Sportbikes nicht von der Hand weisen können. Der 91 kW/124 PS starke und 65,7 Nm kräftige Reihenvierzylinder hängt unglaublich spontan am Gas und brennt auf Wunsch ein beeindruckendes Feuerwerk ab, dass sich nicht nur sehen, sondern auch vorzüglich hören lassen kann. Im Vergleich zum Vorgänger fordert das aktuelle Modell das Verständnis der Nachbarschaft aber zum Glück nicht mehr gar so sehr heraus. Überhaupt gestaltet sich der Umgang mit dem fahrfertig 189 Kilogramm leichten Extremsportler nach der Überarbeitung spürbar einfacher als früher.

Leichte Modifikationen

Yamaha YZF-R6 Modelljahr 2010
Die Auspuffanlage an der Yamaha R6 Yamaha

Obwohl die R6 nur in einigen Details verändert wurde, ist der kräftigere Antritt im unteren und mittleren Drehzahlbereich sofort spürbar. So reicht es für zügige Überholvorgänge durchaus, auch nur einen Gang - statt wie früher zwei - im trefflich zu bedienenden Sechsganggetriebe herunterzuschalten. Dennoch lässt die Nenndrehzahl von 14 500 U/min keinen Zweifel daran, dass die R6 für kompromisslose Sportfahrer gedacht ist. Unter diesem Gesichtspunkt macht die serienmäßige Anti-Hopping-Kupplung Sinn, die auch derbes Herunterschalten vor dem Kurveneingang willig verzeiht.

Hat sich der Pilot erst einmal mit der fahraktiven, frontlastigen Sitzposition arrangiert, beginnt man die Yamaha mehr und mehr zu genießen. Wie ein frisch geschliffenes Messer schneidet sie durch Kurven jeder Art, lässt sich durch nichts und niemanden beirren und gibt dem Fahrer erstklassige Infos darüber, was unter ihm los ist. Die in jede Richtung verstellbaren Federelemente lassen sich auf unterschiedlichste Fahrertypen individuell einstellen.

Yamaha YZF-R6 Modelljahr 2010
Die Rennstrecke vor einem: Die YZF-R6 von Yamaha Yamaha

Ebenso perfekt geben sich die beiden Vierkolben-Radial-Stopper im Vorderrad. Druckpunkt und Dosierbarkeit sind Referenzklasse. Auf ein ABS verzichtet der Hersteller ganz bewusst. Zu den Sahnehäubchen zählen zweifellos der stabile Delta Box-Brückenrahmen aus Aluminium sowie die aufwändig geformte Hinterradschwinge aus Magnesium. Wohin der Blick auch schweift, findet der Betrachter feinste Materialien in hochwertiger Machart. Das Thema Kraftstoffverbrauch hängt stark vom Verhalten des Fahrers ab. Im Mittel konsumiert die R6 6,5 Liter Superkraftstoff je 100 Kilometer - angesichts der gebotenen Fahrleistungen nicht zu viel. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 265 km/h bewegt sie sich in Big Bike-Sphären. Besonders erfreulich ist, dass die Vorteile des 2010er-Modell Land- als auch Rennstreckenfahrern zugute kommen.

Einfach genießen

Die Yamaha YZF-R6
Seitenansicht der Yamaha Yamaha

In keiner der bisherigen Generationen ließ sich die Yamaha YZF-R6 einfacher und bekömmlicher genießen. Der ehemalige Giftzwerg ist umgänglicher geworden. Glücklicherweise hat das Bike aber nichts von seinem sympathischen Charme verloren. Dass es schon immer etwas teurer war, einen besonderen Geschmack zu haben, ist nicht weiter dramatisch. Denn so oder so ist die R6 jeden Euro wert. Es kommt halt nur auf den Standpunkt an. (mid)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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