Wer dieses Motorrad fahren will, der sollte eines vor allem haben: Zurückhaltung. Denn die Yamaha V-Max ist mit 200 PS kein Motorrad für Heißsporne.
Von Ulrich Hoffmann
Für zart besaitete Gemüter ist die Yamaha V-Max wahrlich kein geeignetes Motorrad. Die imposante Leistung von 147 kW/200 PS des fahrfertig 310 Kilogramm schweren Streetbike mit Tendenz zur Cruiser deuten bereits an, dass eine führende Hand verlangt wird. Für den stattlichen Preis von 22 500 Euro erhält der Käufer auch ein adäquates Gegenstück.
Markante Erscheinung
Bereits optisch dokumentiert die Yamaha, dass sie kein Spielzeug ist. Opulent und breit erscheint sie. Jedes Pfund ist ihr anzusehen und beeindruckt. Der V4-Motor mit knapp 1 700 ccm Hubraum und einem maximalen Drehmoment von 167 Nm bei 6 500 U/min unterstreichen diese Sicht eindrucksvoll. Schon beim Start spielt die V-Max mit passendem Sound ihre ganze Kraft und Herrlichkeit aus. Denn vom ersten Gang an beschleunigt dieses Bike derart nachdrücklich und brutal, dass es einem den Atem verschlägt. V-Max-Fahren gleicht dem Ritt auf einer Kanonenkugel.
Doch auch die Bremse lässt sich nicht lumpen. Lässig lassen sich die über sechs Zentner Lebendgewicht mit zwei Fingern über die beiden Sechskolben-Radial-Stopper auf den Punkt genau verzögern. Trotzdem ist es nicht grundsätzlich verkehrt, dass die Höchstgeschwindigkeit bei 220 km/h abgeregelt ist. Angesichts der Masse darf das Handling dennoch als recht gelungen bezeichnet werden. Auch wenn die V-Max zu keiner Zeit einen Hehl aus ihren Pfunden macht, lässt sie sich selbst in engem Geläuf überraschend leichtfüßig bewegen. Vorausgesetzt, der Pilot weiß zuzupacken, wenn sie in Schräglage gehebelt wird und zum Kurvenäußeren drängt.
Keine Komfort-Sänfte
Eine Komfort-Sänfte ist die Japanerin jedoch nicht. Während die Upside Down-Gabel am Vorderrad mit bemerkenswerten Ansprechverhalten und Reserven brilliert, kommt das Zentralfederbein am Hinterrad schnell an seine Grenzen. Aber der Federweg von immerhin elf Zentimetern reicht, um auch zu zweit die Fahrt genießen zu können.
Aber Kriterien wie Ausstattung und Aerodynamik spielen angesichts des vehementen Vortriebs kaum eine Rolle. Dennoch ist es nicht so, dass irgendetwas vermisst werden müsste: Die Übersichtlichkeit der Instrumente, die Bedienungsfreundlichkeit der Schalter und Armaturen, eine gute Sitzposition sowie eine solide Rücksicht über die Spiegel - das alles ist auch in der V-Max-Welt gegeben. Selbst in Sachen Winddruck weiß die große Yamaha halbwegs zu überzeugen.
Eine deutliche Sprache spricht allerdings der Verbrauch: 9,8 Liter Superbenzin genehmigt sich das Motorrad durchschnittlich auf 100 Kilometern. Die V-Max ist halt kein Spar-Bike. Dennoch bleiben nach der Fahrt nachhaltige Eindrücke von Elastizität, Optik, Geräuschkulisse und imposanter Energie zurück, die diesen Trumm von Motorrad nach vorn schiebt. Und aus diesem emotionalen Rausch heraus ist es verständlich, woher die Bereitschaft stammt, den hohen Anschaffungspreis von 22 500 Euro zu bezahlen. (mid)