Motorrad-Träume in Paris

Die Hersteller haben auf der Motorrad-Show in Paris eine Vielzahl interessanter Neuheiten präsentiert. Während Kawasaki eine kleine Ninja vorstellt, zeigt BMW mit der HP2 Sport den stärksten Boxer aller Zeiten.

Von Thilo Kozik

Paris ist immer eine Reise wert, doch in diesem Jahr lohnt es angesichts der Vielzahl der Motorrad-Neuvorstellungen auf der noch bis zum 7. Oktober andauernden «Mondial du Deux Roues» besonders. Bis auf die Italiener, die ihre Mailänder Heimmesse aus purem Patriotismus protegieren, präsentierten alle Hersteller höchst appetitliche Neuheiten.

Eine kleine Ninja

Dabei überraschte die Marke Kawasaki mit einem neuen Nesthäkchen der supersportlichen Ninja-Familie: Die in den USA schon länger angebotene Ninja ZX 250 R ist ein grüner Spross wie er im Buche steht - mit supersportlichem Styling entsprechend den großen Ninjas, martialischen Wave-Bremsscheiben und vollwertigem 17-Zoll-Fahrwerk. Ein flüssigkeitsgekühlter Parallel-Twin-Motor mit Einspritzung erzielt aus 249 ccm Hubraum satte 22 kW/30 PS Leistung.

Die Kawasaki Ninja 250R Foto: Kawasaki

Das ist mehr als genug, um der ganzen Rollermeute ein Schnippchen zu schlagen. Ganz leicht ist die Kleine bei 151 Kilogramm Trockengewicht allerdings nicht, dafür bietet sie anders als ihre großen Schwestern eine recht aufrechte Ergonomie und einen passablen Soziussitz. Schade nur, dass es die ab April anrollende Ninja nicht noch eine Klasse kleiner als 125er gibt, dann würde Kawasaki endlich auch für Jugendliche interessant.

Yamahas Supersportler

Yamaha bietet mit der YZF-R6 Supersport in seiner extremsten Ausprägung. Durch Übernahme der chipgesteuerten variablen Einlasssteuerung YCC-I aus der letztjährigen R1, einer höheren Verdichtung und weiteren inneren Motormodifikationen steigt die Leistung geradezu auf unglaubliche 95 kW/129 PS bei hochjubelnden 14.500 Umdrehungen. Eine Anti-Hopping-Kupplung sorgt für den letzten Rest Racing-Performance, die auch vom neu konstruierten Deltabox-Alurahmen, überarbeiteten Federelementen und einer noch sportlicheren Sitzposition bereitgestellt wird. Racingfans brauchen sich nicht lange zu gedulden: Die 600er gibt es schon ab November.

XT 660 Z Tenere

Yamaha XT 660 Z Tenere Foto: Yamaha

Glänzende Augen bei Wüstenfahrern und solchen, die es gerne wären, löst die XT 660 Z Ténéré des japanischen Herstellers allein schon durch ihren legendären Namen aus. Die erste Ténéré von 1980 machte gerade als Wüstenenduro überhaupt von sich reden. Als Antrieb kommt der bewährte flüssigkeitsgekühlte Einzylindermotor mit Kraftstoffeinspritzung aus den XT- und MT-03-Modellen zum Einsatz und ist mit 660 ccm Hubraum und Vierventiltechnik für knapp 37 kW/50 PS Leistung gut.

Lange Federwege, ein robuster Einschleifenrahmen mit geteilten Unterzügen und ein serienmäßiger Motorschutz machen die Ténéré geländetauglich, ihre hohe Scheibe mit übereinander gelegtem Doppelscheinwerfer bietet Schutz vor Wüstenwind und Wetter, ein 22-Liter-Tank fördert die Langstreckenqualitäten. Zur Wintersaison wird es allerdings noch nichts damit, die Ténéré steht nämlich erst ab April zur großen Weltreise bereit.

Ein richtiges Leckerchen ist die neue Yamaha YZF-R 125, die den großen Supersport-R-Modellen wie aus dem Gesicht geschnitten scheint. Schlitzaugenfront, tiefer Schalldämpfer, Aluschwinge und ein flüssigkeitsgekühlter 125er Single mit Kraftstoffeinspritzung sind die Zutaten dieses Menüs, das 16-Jährigen ab April schmecken wird. Und ein dicker 130er Hinterreifen beschert zusätzliches Prestige. Die zweite 125er Neuheit, die YBR 125 Custom, zielt genau in die entgegen gesetzte Richtung: Basistechnik wie der luftgekühlte Zweiventilmotor und ein unspektakuläres Fahrwerk mit Trommelbremse hinten weisen die 125er zusammen mit dem unauffälligen Äußeren als unproblematisches Alltagsmotorrad aus.

Suzuki zeigt GSX 650 F

Suzuki GSX-R 600 Foto: Kozik

Nach den bereits bekannt gegebenen Neuheiten B-King, Hayabusa und GSX 650 F präsentiert Suzuki einen supersportlichen Nachschlag in Form der beiden GSX-R-Modelle 600 und 750, die sich nicht nur rein äußerlich nicht voneinander unterscheiden: Fahrwerk, Kunststoffteile und Ergonomie sind identisch, nur die Motorisierung unterscheidet die beiden. Mit welchen Leistungsdaten die Jünger der GSX-R-Fraktion demnächst protzen können, ist allerdings noch nicht bekannt - die Verantwortlichen geben sich noch sehr zugeknöpft.

So verhält es sich auch bei der Intruder M 1800 R2, dem gewaltigen Kardan-Cruiser mit einem Trockengewicht von 319 Kilogramm. Der gigantische 54-Grad-Vau-Zwo-Motor mit 1 782 ccm Hubraum ist wassergekühlt und ermöglicht eine Geschwindigkeit von über 200 km/h. Mit viel Chrom setzt sich die Intruder gut in Szene. Die sportliche Upside-Down-Gabel und ein digitalisiertes Cockpit wecken allerdings alles andere als entspannende Highway-Gedanken. Dieses Motorrad steht mit seinem fetten 240er Hinterreifen für die dynamische Art der Fortbewegung.

Speed Triple überarbeitet

Die Triumph Speed Triple des Modelljahrgangs 2008 Foto: Triumph

Triumph überarbeitet für das kommende Jahr seine Stil-Ikone Speed Triple moderat. Mehr Komfort für Fahrer und Beifahrer schaffen eine neue Sitzbank, niedriger positionierte Soziusrasten und ein modifizierter Heckrahmen. Neue Seitenteile, polierte Edelstahl-Hitzeschilder, neue Räder und Scheinwerfer sowie ein konischer Magura-Aluminium-Lenker fallen auf. Für ein neues Stopp-Vergnügen sorgen radiale Vierkolben-Festsätteln mit vier Einzelbelägen und Radialbremspumpe.

Richtig viel Mühe haben sich die Briten bei ihren klassischen Zweizylinder-Modellen wie America, Bonneville, Speedmaster und Scrambler gegeben: Die in Zeiten der Euro-3-Abgasnorm notwendige Einspritzanlage wird durch eine täuschend echte Vergaser-Anmutung inklusive Choke-Knopf wirkungsvoll kaschiert, die klassische Linie beibehalten. Darüber hinaus lockt die Thruxton mit einer entspannteren Fahrerposition und attraktiven Lenkerendenspiegeln.

BMW bringt HP2 Sport

Die HP2 Sport von BMW Foto: BMW

Die frisch gewonnene Langstreckenerfahrung bei der Endurance-WM fließt in die neue BMW HP2 Sport ein. Der Racing-Boxer, so die firmeninterne Bezeichnung, verfügt über einige feine Merkmale wie ein selbsttragendes Carbon-Heck, Radialbremsen, Instrumente im GP-Stil, einen Schaltautomaten, der das Hochschalten per Zündunterbrechung erleichtert sowie das große Geheimnis der Endurance-Renner, die neuen Zylinderköpfe. Mit radial angeordneten vier Ventilen, zwei obenliegenden Nockenwellen, Schmiedekolben und einer Verdichtung von 12,5:1 bringt es der drehzahlfeste Boxer auf satte 96 kW/130 PS bei 8750 U/min, maximal sind sogar 9500 Kurbelwellenumdrehungen drin.

Edelste Federelemente von Öhlins komplettieren das Edelstück, das durch eine noch nicht definierte, aber sicher nahe bei 19 000 Euro liegende Preisschwelle ganz bewusst exklusiv gehalten wird.

Vier Modelle von KTM

KTM LC4 Foto: Kozik

Die Renaissance der LC4 feiert KTM mit gleich vier Modellen um den neuen 690er Einzylinderrum. Nach den Supermoto-Geschwistern SMC und SMR bereichern nun ein neuer Duke und eine neue LC4 Enduro das Feld. In allerbester LC4-Tradition sorgen bei letzterer eine mächtige 48er-USD-Gabel mit ellenlangen Federwegen für Geländetauglichkeit, das sensationell niedrige fahrfertige Gewicht von 138 Kilogramm wirkt nur auf den ersten Blick leicht beherrschbar. Denn im Paket ist ja der potente 690er-Einspritz-Motor enthalten, der mit Ausgleichswelle driftfreudige 46 kW/62 PS aufs schlüpfrige Parkett zaubert.

Drei PS mehr mobilisiert die Duke infolge einer geänderten Luftführung am Motor. Mit zwei übereinander angeordneten Projektionsscheinwerfern und torsionssteifem Gitterrohrrahmen präsentiert sich das Bike auf der Zweirad-Bühne. Ausgefallen wie immer ist das Design, brachial wird voraussichtlich die Bremspower mit radial montierter Brembo-Vierkolbenzange mit vier Einzelbelägen sein. In der Summe dürfte die österreichische «Herzogin» auf kurvigen Landstraßen selbst Supersportlern mächtig einheizen.

Auf ihrer Heimatmesse in Paris präsentierten die Franzosen von Voxan vor allem neue Aussichten. Seit Anfang dieses Jahres gehört die kriselnde Firma zum Mischkonzern Sidam, der als Europaimporteur chinesischer Produkte zu Geld gekommen ist. Dieses Kapital hat Voxan offenbar zur Entwicklung eines Tourers genutzt, der GTV 1200. Viel ist davon noch nicht bekannt, doch eine Vollverkleidung mit hoher, verstellbarer Scheibe und das Koffersystem sehen schon gut aus. Dazu liefert der Voxan-Zweizylindermotor verwertbare 78 kW/106 PS bei 9 000 U/min. Wann die ersten Exemplare gefertigt werden können, bleibt vorerst offen. (mid)

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