Ein Hauch von Wüste

Yamaha Super Ténéré

Mit der Super Ténéré bringt Yamaha einen vielseitigen Allrounder auf die Straße. Die Enduro versprüht einen Hauch von Abenteuer, selbst wenn man mit ihr nur in der Stadt unterwegs ist.

Von Thilo Kozik

Schon der Name der neuen Yamaha-Reiseenduro klingt nach Sahara und Abenteuer: Die ab 14 750 Euro teure Super Ténéré möchte nun mit viel Hightech an die erfolgreichen Zeiten der japanischen Wüstenschiffe anknüpfen.

Doch auf der ersten Testetappe mit dem neuen Bike von Paris nach Toulouse gilt es eher, den Schnee vom Visier zu wischen als den mitgeschleppten Getränkevorrat anzubrechen. Oben auf dem 1 231 Meter hohen Col de Legal im französischen Zentralmassiv herrscht eine empfindliche Maikühle. Und dennoch: Die Super Ténéré ist auch für die kühle Witterung eine gute Wahl. Der vielseitige Allrounder, ein "Überall-hin-Bike" quasi, erinnert an das gleichnamige Modell von 1990, welches die Ténéré - einen sandigen Abschnitt der Sahara - locker meisterte und die legendäre Rallye Paris-Dakar gleich siebenmal gewinnen konnte.

Robuste Enduro

Doch mit dieser robusten Enduro hat die neue nur noch wenig gemein, das beginnt schon beim Motor: Der Reihenzweizylinder ist mit 1 199 ccm deutlich größer als das 750er-Aggregat damals, was durchaus als Kampfansage an den Klassenprimus, die BMW R 1200 GS, verstanden werden darf. Wie diese kommt die Yamaha mit Vierventiltechnik, Einspritzung und Kardanantrieb daher. Allerdings nicht in Boxer-, sondern Reihenkonfiguration und wassergekühlt wie bei der ersten Super Ténéré.

Mit ihren 81 kW/110 PS Leistung liegt die Yamaha auf dem Niveau der Münchner Konkurrenz. Kraftvoll, durchzugsstark und mit einem vibrationsarmen, leicht hochdrehenden Charakter kann der Paralleltwin überzeugen. Bei Reisetempo von 130 km/h auf der Autoroute Richtung Süden bleiben genügend Reserven für schnelles Überholen und bis zu 210 km/h Spitzengeschwindigkeit. Hinter einer kleinen, allerdings nur kompliziert verstellbaren Scheibe bleibt der Winddruck am Oberkörper recht gering.

Yamaha Super Ténéré
Die Super Tenere von Yamaha Yamaha

Ungeachtet des "Harte-Männer-Images" ist die Super Ténéré ein hochspezialisiertes Bike mit viel Hightech: Das Gasgeben erfolgt elektronisch, eine in zwei Stufen einstellbare oder ganz abschaltbare Traktionskontrolle erleichtert die Drosselklappenkontrolle am Kurvenausgang. Zusätzlich stehen zwei Fahrmodi zur Verfügung: "Sport" für ambitioniertes Kurvenwetzen oder "Touring" für ein sanfteres Ansprechverhalten.

Stabiles Verhalten

Obwohl der Rahmen aus vergleichsweise einfachen Stahlprofilen besteht, bleibt die Yamaha stabil und steif wie ein drei Tage altes Baguette. Insbesondere mit den robusten Aluminium-Koffern und den Handprotektoren macht sie einen unverwüstlichen Eindruck im alltäglichen Verkehrsstau französischer Städte. Und obwohl die Yamaha alles andere als klein und leicht ist, lässt sie sich gut kontrollierbar durch die Autos schlängeln - dem tiefen Schwerpunkt und zentralisierten Massen sei Dank.

Auf kurvigen Landstraßen setzt sie leichte Richtungsbefehle am breiten Lenker präzise um und benimmt sich weitaus agiler und leichtfüßiger als es die technischen Daten vermuten lassen. Nur extrem hart gefahren machen sich ihre sehr langen, komfortablen Federwege in leichte Ungenauigkeiten beim Fahren bemerkbar. Hier vermisst man ein wenig die elektronische Federungsverstellung der BMW R 1200 GS. Da ist selbst die praktische Federbasisverstellung des Federbeins per Handrad kein Ersatz. Keine Kritik dagegen gibt es beim intelligenten und effektiven Kombi-Bremssystem mit ABS, das sich vor allem bei Regen bewährt.

23 Liter-Tank

Yamaha Super Ténéré
Die Super Tenere Yamaha

Der 23-Liter-Tank und die damit verbundene Reichweite von mehr als 300 Kilometern ist ein Segen. Und der breite und in der Höhe variable Sitz bietet einen Chaiselongue-artigen Komfort, so dass auch elf Stunden im Sattel nicht allzu schwer fallen. Einen unerwartet guten Eindruck macht die Super Ténéré als Offroader. Die Schwierigkeiten der welligen und von Schlaglöchern übersähten unbefestigten Wege meistern Federung wie Reifen erstaunlich souverän. Der Mix aus durchzugsstarkem Antrieb, funktionalem Chassis und robustem Charakter ist tatsächlich geeignet für die ein oder andere Offroad-Etappe.

Yamaha bietet für die Super Ténéré eine große Auswahl an Zubehör an: von höheren Scheiben bis zu Heizgriffen. So ist das Bike für den Alltag und für Reisen bei jedem Klima gerüstet. Der BMW erwächst mit der Super Ténéré als Tourer, Alltagsbike und Globetrotter ein durchaus ernst zu nehmender Gegner, auch wennman bei einem Preis von knapp 14 750 Euro serienmäßige Heizgriffe erwarten darf. (mid)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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