Abgasskandal stört Daimlers Feierstimmung

Daimler sieht Sammelklagen als unbegründet an

Abgasskandal stört Daimlers Feierstimmung
Dieter Zetsche vermeldet starke Quartalszahlen. © dpa

Daimler hat 2015 das erfolgreichste Jahr in seiner Unternehmensgeschichte erzielt. Davon profitieren auch die Aktionäre mit einer Dividende auf Allzeithoch. Doch es herrschte nicht nur eitel Sonnenschein. So spielte auch das Thema Abgasskandal bei der Hauptversammlung eine Rolle.

Von Frank Mertens

Für einen Vorstandsvorsitzenden kann es nichts Schöneres geben, als mit Rekordzahlen vor seine Aktionäre zu treten. Entsprechend gelassen konnte Daimler-Chef Dieter Zetsche an diesem Mittwoch bei der Hauptversammlung des Konzerns im City Cube in Berlin sein. So konnte Zetsche für 2015 das erfolgreichste Jahr in der Geschichte des Autobauers vermelden.

Von dem Rekordabsatz von mehr als 2,9 Millionen Fahrzeugen und einer Steigerung des operativen Gewinns um 36 Prozent von 13,8 Milliarden Euro und einem Konzernergebnis von 8,9 Milliarden Euro profitieren auch die Aktionäre. Ihnen soll eine Dividende von 3,25 Euro pro Aktie ausgeschüttet werden, ein Allzeithoch bei Daimler. "Kein DAX-Konzern schüttet dieses Jahr mehr Geld an seine Aktionärinnen und Aktionäre aus", so Zetsche. Mit diesen Zahlen und den Wachstumszielen kommt Daimler seinem Ziel näher, bis zum Jahr 2020 zum erfolgreichsten Premiumhersteller aufzusteigen.

Weiteres Wachstum in 2016

Auch 2016 sieht sich Daimler unterwegs zu neuen Rekordzahlen und geht ab der zweiten Jahreshälfte von weiterem Wachstum aus. Wie Zetsche sagte, seien im ersten Quartal des Jahres weltweit fast 519.000 Fahrzeuge von Mercedes-Benz Cars verkauft worden, ein Zuwachs von über 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. So viele Autos hat Daimler bislang noch nie in den ersten drei Monaten eines Jahres abgesetzt. "Alle Anzeichen sprechen dafür, dass auch 2016 ein gutes Jahr für Daimler wird", so Zetsche.

Das deutliche Absatzplus geht vor allem auf die hohe Nachfrage nach den Kompaktklassemodellen, dem neuen GLC und dem Wachstum in China zurück, wie Zetsche betonte. Mit der Einführung der neuen Mercedes E-Klasse erwartet Zetsche weitere Wachstumsimpulse. "Mit zunehmender Verfügbarkeit der neuen E-Klasse - und attraktiven Wechselkursen - sind wir zuversichtlich: Im zweiten Halbjahr werden die Ergebnisse deutlich zulegen." Man werde aufgrund seiner jungen Produktpalette auch in diesem Jahr neue Rekorde beim Absatz erzielen.

Klagen gegen Daimler

Daimler Hauptversammlung
Daimler-Aktionäre wurden mit einer hohen Dividende entlohnt dpa

Doch bei allen positiven Geschäftszahlen herrschte bei Daimler nicht nur eitel Sonnenschein. So wirft die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dem Autobauer vor, den Kunden mit seiner Werbung über saubere Dieselmotoren in die Irre zu führen. So wird von der DUH kritisiert, dass eine Einrichtung in einigen Dieselmotoren dafür sorgt, dass die Abgasnachbehandlung in bestimmten Temperaturbereichen heruntergeregelt wird. Deshalb hat die DUH vor dem Landgericht Stuttgart eine Unterlassungserklärung gegen den Autobauer wegen Verbrauchertäuschung eingereicht.

Wie Zetsche sagte, weise man die Vorwürfe entschieden zurück. "Unsere Fahrzeuge sind auf Basis der geltenden Rahmenbedingungen in den einzelnen Regionen zertifiziert und zugelassen." Zwar könnten im realen Fahrbetrieb Abweichungen zu den zertifizierten Normwerten auftreten. "Aber das ist keine Manipulation, sondern Folge der gesetzlich vorgeschriebenen Messverfahren, die auf Vergleichbarkeit angelegt sind." Sammelklagen wegen erhöhter Abgaswerte in den USA sieht Zetsche gelassen entgegen. "Wir beurteilen die Sammelklagen als unbegründet." Die Untersuchungen der US-Umweltbehörde EPA wegen erhöhter Stickoxid-Werte werden von Daimler unterstützt, betonte Zetsche. Ebenso als unbegründet erachtet der Vorstandschef die eingereichte Klage der DUH.

Für Zetsche bleibt der Diesel trotz aller Diskussionen um seine Schadstoffemissionen unabdingbar, wenn verkehrsbedingte CO2-Emissionen kurzfristig weiter gesenkt werden sollen. Vor diesem Hintergrund hat der Autobauer 2,6 Milliarden Euro in eine neue Diesel-Generation investiert. Der OM 654, so die interne Bezeichnung des neuen Motors, der bereits in der neuen E-Klasse zum Einsatz kommt, verbraucht unter vier Liter auf 100 Kilometern. Im Vergleich zu der bisherigen Dieselgeneration bedeutet dies einen Minderverbrauch von 13 Prozent. Gemessen wird dieser Verbrauch nach wie vor nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), der im kommenden Jahr vom so genannten WLTP und den Real Driving Emissions (RDE) abgelöst wird. Die Autobauer können bis zum Jahr 2021 den Verbrauch nach wie vor nach dem NEFZ messen. Bis dahin muss Daimler einen gewichtbasierten CO2-Grenzwert mit seiner Flotte von 100 g/km erreichen.

Bekenntnis zur E-Mobilität

Perspektivisch sieht Zetsche die Zukunft im Elektroantrieb, weshalb man auch eine halbe Milliarde Euro in einen neuen Batteriestandort in Kamenz investiert. So wird die Kleinwagen-Tochter Smart Ende des Jahres den Fortwo auch als E-Auto anbieten, kurz darauf wird es auch den Forfour mit reinem elektrischen Antrieb geben. Perspektivisch wird es auch ein E-Modell mit einer elektrischen Reichweite von 500 Kilometern geben. Ein solches Fahrzeug soll es bis Ende des Jahrzehntes geben, so Zetsche. "Zugleich entwickeln wir eine Plattform, auf der man später mehrere Elektroautos aufbauen kann." Daneben wird es bis 2017 zehn Modelle mit Plug-in-Hybrid geben. Man glaube daran, dass dem Plug-in-Hybrid im Mix der unterschiedlichen Antriebe eine bedeutende Rolle zukomme.

Ein Elektroauto wie gerade das von Tesla vorgestellte Model 3 (es soll Ende 2017 kommen) für einen Preis von rund 31.000 Euro ist bei Daimler indes kurzfristig nicht in Sicht. Ein Aspekt, der auch von Roland Klose von der Anlegervereinigung DSW kritisiert wurde. Er verwies auf die Vorbestellungen von 276.000 Einheiten für das Tesla Model 3, für das die Kunden bereit waren, 1000 Dollar zu zahlen. "Das zeigt, dass da ein Markt ist", so Klose.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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