Mercedes CLS: Schön sein allein reicht nicht

Neue Generation des Geschäftswagens

Mercedes CLS: Schön sein allein reicht nicht
Der Mercedes CLS Shooting Brake kommt überarbeitet auf den Markt. © Daimler

Wer sich für einen Mercedes CLS entscheidet, der bringt eine gehörige Portion Individualismus mit. Nun haben die Stuttgarter die nächste Generation des Modells vorgestellt, der auch mit inneren Werten aufwartet.

Wer mit seinem nächsten Geschäftswagen bewusst nicht auffallen möchte, braucht an dieser Stelle nicht weiterzulesen. Denn mit ihrem Mercedes CLS haben die Stuttgarter schon lange in Form von Coupé und Shooting Brake (Kombi) eine Fahrzeugklasse im Angebot, mit der ihr Fahrer ein klares Bekenntnis abgibt: Ich bin kein superrationaler E- oder S-Klasse-Kunde. Ich habe meinen eigenen Stil.

Wer sich im Kreis der sonst so konservativen Klientel der Stuttgarter mit den viertürigen CLS-Flundern schon bisher derart positionierte, der wird auch von der gründlich überarbeiteten neuen Generation angetan sein. Denn Mercedes setzt eher nicht auf ein klassisches Facelift. Es geht um innere Werte. Erste Testfahrten rund um London belegen, dass die zugelegt haben. Und das zu einem deutlich niedrigeren Einstiegspreis von 54.000 Euro.

Mercedes bietet Technik-Highlights

Thomas Weber, als Daimler-Vorstand verantwortlich für die Entwicklung, benennt die Zielrichtung der Modellpflege: „Mit neuen Hightech-Zutaten wie den Multibeam LED-Scheinwerfern wird ein neues Kapitel der Lichttechnik aufgeschlagen, mit der Neungang-Automatik oder dem progressiven Multimedia-System eine neue technische Spitzenposition definiert.“ Zwar kennen Mercedes-Freunde diese Technik schon aus E- oder S-Klasse; aber es ist ja auch schon ein Vorsprung, in seinem Segment der erste Anbieter solcher Highlights zu sein.

Die bedeuten nämlich auch im CLS echte Fortschritte. Auf den kurvenreichen Landstraßen Richtung Kanalküste schalten die neun Gänge der Automatik noch etwas flüssiger als die bisherigen sieben, die Kraft entfaltet sich bei den vergleichbaren Motoren noch etwas früher und dynamischer. Allerdings kommt das neue Getriebe zunächst nur bei den heckgetriebenen Dieseln und dem 500er-Benziner zum Einsatz.

In allen Motorvarianten zeigt sich zudem, dass Schwaben etwas vom Sparen verstehen – und zugleich auch vom Spaß: Denn die Leistungen haben bei allen Motorisierungen zugelegt, die Verbräuche aber deutlich abgenommen; wenn sich der Fahrer im Zaum hält. Zugegeben, nicht ganz einfach – aber die unmerklich schaltende Automatik hilft bei der Erziehung.

Sparsame Motoren

Mercedes CLS Shooting Brake
Das Cockpit des CLS von Mercedes Daimler

Das individuelle Sparen-Lernen gestaltet sich nun ein wenig einfacher als bisher: Denn die Stuttgarter haben ihrer CLS-Klasse einen ausgesprochen asketischen neuen Basis-Motor spendiert, der die stärker kopfgesteuerten Designfreunde ansprechen wird: Mit den 125 kW/170 PS des 2,2-Liter-Diesel fühlt sich das Gleiten auf Motorway oder Country-Road nie nach Verzicht an - außer beim etwas weniger dezenten Motorgeräusch und an der Zapfsäule. Dort sind zumindest für jene, die die 400 Newtonmeter des Antriebs nicht exzessiv in Anspruch nehmen, rund fünf Liter Verbrauch drin. Und mit den 54.000 Euro für die Coupé-Einstiegsvariante bleibt der CLS nun auch weit unter der bisher gerissenen 60.000-Euro-Schwelle. So schön kann sparen sein.

Von Fünfliter-Verbräuchen bleibt der CLS 400 (ab 62.700 Euro) als zweiter Newcomer erwartungsgemäß deutlich entfernt. Ein Säufer ist der neue Biturbo-V6-Benziner aber auch nicht. Und mit den 245 kW/333 PS lassen sich natürlich beeindruckendere Leistungssprünge generieren als im braven Diesel. Durch ein sehr früh anliegendes Drehmoment zieht der Motor fast aus dem Stand schon kräftig los. Im CLS 400 gibt es zudem den bewährten Allradantrieb- genau wie für den CLS 250 Bluetec. Bisher gewährte Mercedes 4matic nur den Top-Modellen.

Es geht übrigens noch mehr– wofür die hauseigenen Tuner vom AMG sorgen. Die haben sogar den CLS 63 noch mal aufgebohrt und machen den doppelt aufgeladenen 5,5-Liter-Achtzylinder endgültig zur Rakete. In 3,6 Sekunden ist die 100 Stundenkilometer-Marke erreicht. „Das schafft kein Wettbewerber“, freut sich Weber. Die 430 kW/585 PS der Topversion lassen sich aber von charakterstarken Piloten auch absolut alltagstauglich bewegen. Dann sollen sogar nur 9,9 Liter Super Plus auf 100 Kilometern durch die 5,5-Liter Hubraum tröpfeln. Und Euro 6 erfüllt auch dieses Geschoss wie jeder CLS.

Komfortabler Innenraum

Mercedes CLS Shooting Brake
Die Seitenline des Mercedes CLS Shooting Brake Daimler

Vergnügen kommt aber stets beim Aufenthalt im CLS auf. Es sitzt sich bequem, auch hinten, wenn der Passagier kein Riese ist. Die Rückmeldungen des Fahrwerks sind inzwischen auch etwas behutsamer ausgelegt, allerdings weiter deutlich spürbar. Aber Coupé und Shooting Brake sollen ja auch keine klassischen Stern-Limousinen sein. Dass der obenrum flach bauende CLS nie ein Rundumsicht-Wunder wird, ist auch klar.

Dunkelheit im eigentlichen Sinn kennt der CLS-Fahrer nächtens auch nur noch vom Hörensagen. Dafür sorgen die LED-Lampen, die das bisher auch schon bestechende Xenonlicht ersetzen. Gegen rund 1.600 Euro Aufpreis werden die zudem noch deutlich schlauer - und leuchten automatisch je nach Verkehrssituation die Fahrbahn und ihre Umgebung aus, blenden auf und ab, wissen, wohin der Fahrer steuern wird und lenken den Lichtkegel genau dorthin.

Dass Mercedes seinen guten Stern bei der Modellpflege auch dadurch leuchten lässt, das neue Helferleinaus E- und S-Klasse wie der Kollisionswarner mit Bremsassistent, Spurhaltehelfer und Verkehrszeichenerkennung nun auch den CLS-Fahrer führen, ist klar. Gegen rund 2.400 Euro Aufpreis gibt es auch noch Abstandshalte-Tempomaten mit automatischem Stau-Piloten. Und die überarbeitete Multimedia-Station mit Acht-Zoll-Touchscreen mag nun auch per Apps aufgepäppelt werden, wenn der Kunde vorher sein Konto ausreichend gepolstert hat. Denn einen CLS kann der Käufer mit Edelholz-Laderaum, LTE-Funktechnik oder tiefschwarzem Night-Design auch weiterhin spielend in deutlich sechsstellige Preisregionen steuern. Ein bisschen auffallen wird ja wohl erlaubt sein; gerade im CLS. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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