Weitere Nagelprobe für Kolibri-Akkus

DBM-Energy

Weitere Nagelprobe für Kolibri-Akkus
Drei umgebaute Audi A2 sind um Oldenburg im Einsatz © Foto: M. Woldt

Die Sicherheits- und Belastungstests bei der Bundesanstalt für Materialprüfung sind bestanden. Nun steht für die Batterietechnik von DBM ein Alltagstest beim Energieversorger EWE an.

Von Martin Woldt

„Mein erster Eindruck war der, dass das Auto nur ein Manko hatte, dass ich es nach vier Tagen wieder hergeben musste,“ sagt Christian Finger, Projektleiter bei Next Energy, dem Oldenburger Forschungszentrum des Energieversorgers EWE. Seine Firma hat vor Kurzem drei umgebaute Audi A2 bekommen, die von der Berliner Batterieschmiede DBM-Energy ausgerüstet wurden. Lieferant ist also jenes umstrittene Berliner Start-up, das im Herbst 2010 auf spektakuläre Weise einen elektrisch angetriebenen Audi A2 von München nach Berlin chauffierte.

Praxistest für Kolibri-Technologie

Der vom Bundeswirtschaftsministerium mit je 120.000 Euro pro Fahrzeug geförderte Test „GridSurfer“ zwischen Weser und Ems gilt eigentlich der Verbindung von Stromnetz und Elektromobilität. Aber er ist in diesem Fall zugleich ein erster unabhängiger Praxistest der von DBM Energy entwickelten Kolibri-Technologie in einem Auto. Kolibri, so nennt Firmenchef Mirko Hannemann die von ihm konstruierten Lithium-Metall-Polymer-Akkus. Sie unterscheiden sich von anderen Lithium-Ionen-Batterien dadurch, dass sie bei weniger Materialeinsatz, schichtweise aufgebaut und leichter sind. Außerdem kommen sie im Einsatz ohne eigene Kühlung aus. Im Frühjahr bestand die Technik bei der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) und dem Dekra-Prüfzentrum Klettwitz anspruchsvolle Sicherheits- und Ausdauertests. Das trugen zwar laut Hannemann zu einer Versachlichung der Debatten um seine Firma bei. Hartnäckige Zweifler allerdings geben sich davon unberührt.

Spezielle Alltagsanforderungen

Uneingeschränkter Kofferraum im umgebauten A2 FotO: M.Woldt

Next Energy indes ist vor allem die Alltagstauglichkeit der Kolibri-Akkus interessiert. „40 Kilowattstunden Batteriespeicher, Viersitzer, geräumiger Kofferraum, Sitzheizungen, Fensterheber und Klimaanlage – elektrisch betrieben, versteht sich“, verlangte Bettina Lenz, Bereichsleiterin Energiespeicher bei Next Energy, im Vorfeld. Im ländlich geprägten Oldenburger Raum käme es wegen der typischen Fahrwege auch auf die Reichweite an, so Lenz. „Da sollte nicht jede zweite Fahrt an der Ladesäule enden.“ DBM-Energy musste deshalb einen Aktionsradius von 200 Kilometern versprechen. Eine Strecke, an der sich andere Auswahlkandidaten wie der Mitsubishi iMiEV (Praxisreichweite 80 Kilometer) die Zähne ausbissen.

Immerhin, das Oldenburger Streckenprofil ist anspruchsvoll. Der Drittelmix aus Autobahn, Landstraße und Stadtverkehr bietet kaum Möglichkeiten der Bremsenergierückgewinnung. „In unseren Vortests gab ein maximal geforderter A2 erst nach 210 Kilometer auf“, berichtet Finger zufrieden. „Wir hätten auch die doppelte Reichweite liefern können“, sagt Hannemann, „Next Energy war aber mit 40 kWh, also der doppelten Batteriekapazität vergleichbarer im Markt erhältlicher E-Autos, zufrieden.“ Letztlich würden Kosten und Einsatzzweck die jeweiligen Parameter des Akkus bestimmen.

Stromsparfunktionen

lekker-mobil nach der Rekordfahrt Foto: DBM-Energy

Bei ganz alltäglicher Fahrweise wären allerdings auch mit diesem Akku 300 Kilometer möglich, ist Hannemann überzeugt. Insbesondere wenn das Fahrzeug im „Stadtmodus“ unterwegs ist. Dabei wird das Gaspedal gleichzeitig zur Bremse. Ähnlich wie im elektrischen Volvo C30 kann man bei Rücknahme des Pedaldruckes die Stärke der Generatorgegenkraft beeinflussen. Sie bremst das Fahrzeug ab und wandelt die Abrollenergie in Ladestrom um. Man verliert weniger Bewegungsenergie. Wie schon das von Hannemann konzipierte lekker-Mobil, das den 600-Kilometer-Reichweitenrekord von München nach Berlin erzielte, haben auch die EWE-Audis ihr traditionelles Getriebe behalten. Im Stadtmodus verzichtet man zwar auf einen Wechsel der Fahrstufen. Im Überlandmodus hingegen lässt sich das Fahrzeug auch schalten. Rauf oder runter in den lastfreien Intervallen, ohne Kupplungspedal. Daran muss man sich zunächst gewöhnen.

Die Fahrstufen haben eine Doppelfunktion. Einerseits lassen sie mehr Drehmoment zum Beschleunigen zu. Andererseits aber begrenzen sie das Drehmoment. „Das schont die Batterie“, wie Hannemann erklärt. Denn gerade die Lastspitzen beim Beschleunigen wirken batteriezehrend. Christian Finger empfand die Fahrleistungen während seiner individuellen Erprobung über 500 Kilometer wie die eines 70 PS starken normalen A2. Allerdings ist der Fahrspaß nur ein Nebenschauplatz.

Eine Frage der Zuverlässigkeit

Akkus unter dem Kofferboden Foto. M.Woldt

Im Test geht es um die Verbindung von Stromnetz und Batterie. Ermittelt werden erste Erfahrungswerte, inwieweit Akkus als Zwischenspeicher überschüssiger regenerativer Energie im Netz taugen. Inwiefern sie in der Lage sind, Energie auch wieder einzuspeisen. Die Idee dahinter: Eine hinreichend hohe Zahl solcher Fahrzeuge stabilisiert das Netz. Das könnte den sehr teuren Ausbau anderer Speichertechnik reduzieren. Aber wie zuverlässig ist die Batterietechnik?

Insofern ist der „GridSurfer“-Test auch für DBM Energy eine neue Chance. Der Kolibri-Akku in der Reserveradmulde zielt in diesem Zusammenhang weniger auf spektakuläre Reichweiten. Dafür muss er sich erstmals mit unterschiedlichsten Fahrern im Dauereinsatz beweisen. Swen Streubel, Leipziger Umrüster auch dieser Audis mit DBM-Technik ist optimistisch. „Sicher fehlt noch der Zuverlässigkeitsbeweis über 10.000 Kilometer und mehr. Aber wenn man sich die Qualität der Daten im Batteriemanagement anschaut, dann sieht man schon: Die Werte der Einzelzellen weichen kaum voneinander ab, liefern die erwarteten Kapazitäten und sind wesentlich belastbarer als andere, die wir im Einsatz hatten.“ Im Oldenburger Feldversuch werden alle drei Autos zunächst bis September mindestens 15.000 Kilometer unterwegs sein. Danach werden sie im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt weiter unter die Lupe genommen.

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