«Wir sehen keinen Trend zum Hybrid»

Interview Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer

Audi wird dieses Jahr mit einen neuen Absatzrekord abschließen. Im Interview mit der Autogazette spricht Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer über die Absatzentwicklung, China und die Ziele des Konzerns bei der Elektromobilität.

Audi will bis zum Jahr 2020 je nach Fördermaßnahmen der Regierungen bis zu 20 Prozent des Gesamtabsatzes mit Elektroautos bestreiten. «Bei normaler Marktentwicklung rechnen wir mit Blick auf die Elektromobilität mit einem Anteil von mindestens fünf Prozent unseres Gesamtabsatzes», sagte Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer im Interview mit der Autogazette. «Aber es können auch noch deutlich mehr werden, sogar bis zu 20 Prozent. Das hängt stark von den Incentivierungen der Regierungen ab», sagte der Manager.

Kaufanreize für E-Autos notwendig

Wie Schwarzenbauer hinzufügte, würden bereits heute verschiedene Länder um die Führungsrolle bei der Elektromobilität wetteifern. «Frankreich etwa zahlt 5000 Euro beim Kauf eines E-Autos. Die Frage ist jetzt, wie schnell andere Regierungen diesem Beispiel folgen. Nur mit derartigen Förderungen kann ein E-Auto für einen Kunden in der Startphase auch wirtschaftlich interessant sein.»

Dass es in Deutschland derzeit keine derartigen Kaufanreize gibt, sieht Schwarzenbauer kritisch. «Wer sich wie die Bundesregierung zum Ziel gesetzt hat, bis 2020 eine Million E-Fahrzeuge auf den Straßen haben zu wollen, muss sich fragen lassen, wie er das hinbekommen will. Ohne Kaufanreize wird das nicht gehen.»

«Wenn Audi E-Mobilität angeht, dann richtig»

Autogazette: Herr Schwarzenbauer, Ende des Jahres bringen ausländische Hersteller die ersten Elektroautos auf den Markt. Sie starten 2011 mit dem Audi A1 e-tron erst zu einem Flottenversuch. Sieht so Vorsprung durch Technik aus?

Peter Schwarzenbauer: Unsere Ansage ist eindeutig. Wir bringen 2012 den Top-Sportwagen Audi e-tron auf den Markt. Im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern nehmen wir nicht einfach ein bestehendes Fahrzeugkonzept, um dort eine Batterie einzubauen. Wenn Audi das Thema E-Mobilität angeht, dann machen wir es gleich richtig.

Autogazette: Richtig heißt, dass Ihre Kunden länger auf ein solches Fahrzeug warten müssen als bei der Konkurrenz.

Schwarzenbauer: Eine schnelle Lösung ist nicht immer die beste Lösung. Mit unseren Produkten sind wir auch technisch vorne.

Der Audi A1 e-tron Audi

Autogazette: Sie sagten einmal, dass nicht viel dazu gehöre, in ein bestehendes Fahrzeugkonzept eine Batterie einzubauen. So etwas mache bei Ihnen in Ingolstadt jede Bastelbude. Laufen Sie durch diese Strategie nicht Gefahr, der Konkurrenz Wettbewerbsvorteile zu verschaffen?

Schwarzenbauer: Wie immer, wenn es um komplexe neue Technologien geht, wird man die Antwort auf diese Frage erst in einigen Jahren kennen. Doch wir sind uns sicher, dass der Topsportwagen Audi e-tron hervorragend am Markt ankommen wird. Wir können uns auch vorstellen, den Audi A1 e-tron für das urbane Umfeld anzubieten.

Autogazette: Die Entscheidung zum Bau des Audi A1 e-tron ist also gefallen?

Schwarzenbauer: Nein, es gibt noch keine Entscheidung. Ich sage nur, dass der A1 e-tron eine ideale Lösung für das urbane Umfeld sein könnte. Jetzt warten wir erst einmal die Ergebnisse des Flottenversuchs ab.

Autogazette: Aber für das urbane Umfeld kommt ein anderes Auto als der A1 e-tron doch nicht in Frage?

Schwarzenbauer: Wieso nicht? Wir können uns auch ein Auto zwischen dem A1 und dem A3 vorstellen.

Autogazette: Also kommt bei Audi bald der A2?

Schwarzenbauer: Es gibt auch hier noch keine Entscheidung, ob der A2 gebaut wird. Aber Sie können davon ausgehen, dass wir für die innerstädtische Mobilität noch andere Modelle als den A1 in der Überlegung haben – und dazu könnte auch eine Variante des A2 mit Elektroantrieb gehören.

Audi A8 Hybrid ab 2011 bestellbar

Der Audi A8 Hybrid kommt 2011 Audi

Autogazette: Selbst Ihr Flaggschiff, der Audi A8, wird noch immer nicht als Hybridversion angeboten. Warum tut sich Audi beim Thema Alternative Antriebe so schwer?

Schwarzenbauer: Wir gehen das Thema Alternative Antriebe sehr ambitioniert an, indem wir die Mild-Hybrid-Phase, mit der man gar nicht rein elektrisch fahren kann, gleich überspringen. Wenn wir für den A8 einen Hybrid anbieten, dann ist es ein Full-Hybrid. Ab dem kommenden Jahr können Sie ihn bestellen.

Autogazette: Geht es genauer? Wie zu hören ist, kann es auch Ende 2011 werden.

Schwarzenbauer: Er wird im kommenden Jahr bestellbar sein.

Der Mercedes S400 BlueHybrid Daimler

Autogazette: Sind Sie manchmal neidisch auf die Kollegen von BMW und Daimler, dass die sowohl den 7er als auch die S-Klasse mit Hybridantrieb anbieten können?

Schwarzenbauer: Überhaupt nicht, wir wollen - wie gesagt - gleich einen Schritt weiter gehen

Autogazette: Wirklich? Je nach Markt entfallen bei der S-Klasse immerhin bis zu 20 Prozent der Verkäufe auf den S400 BlueHybrid?

Schwarzenbauer: Beim Blick in die Zulassungsstatistiken kann ich diese bis zu 20 Prozent nicht nachvollziehen.

Autogazette: Welches Marktpotenzial sehen Sie für Hybriden?

Schwarzenbauer: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es noch einmal einen größeren Hype um den Hybrid gibt als es ihn in den USA in den vergangenen Jahren gegeben hat. Und dort liegt der Hybridanteil seit Jahren bei nur fünf Prozent. Der Kunde ist einfach nicht bereit, den Mehrpreis für einen Hybriden zu zahlen.

Autogazette: Wie lange kann es sich ein Premiumhersteller leisten, seinen Kunden kein Angebot bei den Alternativen Antrieben machen zu können?

Schwarzenbauer: Wir entwickeln keine Technik um der Technik willen, wir machen das für unsere Kunden. Und für die ist entscheidend, wie viel sie tanken müssen. Wenn Sie sich unser aktuelles Angebot beim Audi A8 3.0 TDI anschauen, dann gibt es heute kein Auto in diesem Segment, das weniger verbraucht. Und am Ende zählt für Umwelt und Geldbeutel nur dieser tatsächliche Verbrauch und nicht irgendeine Kennzeichnung auf dem Kofferraumdeckel. Es gibt in dieser Klasse kein besseres Auto als den A8. Unsere TDI-Technologie ist hier nach wie vor unschlagbar.

«Sehen keinen Trend zum Hybrid»

Autogazette: Machen Sie es sich mit dieser Aussage nicht zu einfach? Offensichtlich gibt es ausreichend Kunden, die nach einem Hybriden verlangen und denen können Sie kein Angebot machen.

Schwarzenbauer: Nochmals: Ich kann ein solches Verlangen nicht erkennen. Wir sehen einen solchen Trend zum Hybrid nicht, die Statistik belegt nur geringe Verkaufszahlen für die Hybrid-Modelle. Und selbst als reiner Imageträger für die Marke wirkt es nicht: Wenn Sie sich die August-Zahlen anschauen, dann wurden etwa auf dem deutschen Markt mehr A8 als S-Klassen verkauft.

Audi-Chef Rupert Stadler mit dem Audi Spayder e-tron Audi

Autogazette: Daimler hat gerade angekündigt, bis zum Jahr 2020 jährlich 150.000 bis 200.000 Elektroautos absetzen zu wollen. Welche Zielsetzung hat Audi?

Schwarzenbauer: Bei normaler Marktentwicklung rechnen wir mit Blick auf die Elektromobilität mit einem Anteil von mindestens fünf Prozent unseres Gesamtabsatzes. Aber es können auch noch deutlich mehr werden, sogar bis zu 20 Prozent. Das hängt stark von den Incentivierungen der Regierungen ab. Bereits heute wetteifern verschiedene Länder um die Führungsrolle bei der E-Mobilität. Frankreich etwa zahlt 5000 Euro beim Kauf eines E-Autos. Die Frage ist jetzt, wie schnell andere Regierungen diesem Beispiel folgen. Nur mit derartigen Förderungen kann ein E-Auto für einen Kunden in der Startphase auch wirtschaftlich interessant sein.

Autogazette: Die deutsche Regierung hält bislang nichts von derartigen Kaufanreizen...

Schwarzenbauer: ...wer sich wie die Bundesregierung zum Ziel gesetzt hat, bis 2020 eine Million E-Fahrzeuge auf den Straßen haben zu wollen, muss sich fragen lassen, wie er das hin bekommen will. Ohne Kaufanreize wird das nicht gehen.

«Historischer Absatzrekord in diesem Jahr»

Audi A7 Sportback
Der Audi A7 Sportback Audi

Autogazette: In den ersten acht Monaten konnten Sie weltweit fast 727.000 Autos verkaufen. Ein Plus von rund 18 Prozent. Damit steuert Audi nach 2008 auf ein neues Rekordjahr zu. Bei welcher Zahl wollen Sie das Jahr beenden?

Schwarzenbauer: Wir werden dieses Jahr mit einem neuen historischen Absatzrekord abschließen. Ich gehe von mindestens 1,080 Millionen Fahrzeugen aus. Ein solches Ergebnis direkt nach der größten Automobilkrise, die wir bislang erlebt haben, zeigt, wie attraktiv die Marke Audi mit ihrer Modellpalette heute ist.

Autogazette: Wie Audi schreiben auch BMW und Mercedes zweistellige Wachstumsraten. Sehen Sie bereits ein Ende der Branchenkrise?

Schwarzenbauer: Wir sind alle von der positiven Marktentwicklung überrascht worden. Im Januar dieses Jahres hätte ich mir nicht vorstellen können, dass wir Ende dieses Jahres wieder über eine Million Autos verkaufen werden.

China 2011 wichtigster Markt

Autogazette: In China setzen Sie mittlerweile mehr Autos ab als auf dem Heimatsmarkt. Im August waren es in China 22.358 Autos, in Deutschland 15.394 Einheiten. Ist das nur eine Momentaufnahme oder schon eine nachhaltige Entwicklung?

Schwarzenbauer: In 2010 wird es noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Deutschland und China geben. Für 2011 bin ich mir sicher, dass China bereits unser größter Markt sein wird.

Autogazette: Mit welchem Absatz rechnen Sie nach den 159.000 Autos im Vorjahr in diesem Jahr?

Schwarzenbauer: Ich gehe für 2010 von deutlich mehr als 200.000 Autos auf dem chinesischen Markt aus.

Autogazette: Wird China mittel- und langfristig der weltweit am dynamischsten wachsende Automarkt bleiben?

Schwarzenbauer: Langfristig bin ich davon überzeugt, auch wenn es mal die eine oder andere Delle geben wird. Wir wissen ja nicht, wie die Eingriffe der chinesischen Regierung ausschauen werden.

Autogazette: Experten rechnen von 2009 bis 2022 bei den hochpreisigen Premiumfahrzeugen mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 4,5 Prozent. Sie auch?

Schwarzenbauer: Ich glaube, dass dieses Wachstum in China so weiter gehen wird. Vor zehn Jahren gab es auf 1000 Einwohner ein Auto, heute sind es 29 Autos. In Europa sind wir bei 500 Autos. Da gibt es also noch sehr viel Potenzial.

Autogazette: BMW plant bis zum Jahr 2012 auch Leasing-Angebote anbieten. Haben Sie auch derartige Überlegungen?

Schwarzenbauer: Auch China wird ein Automarkt, auf dem Leasing- und Finanzierungsangebote immer wichtiger werden. Deshalb haben wir mit Financial Services ein eigenes Unternehmen gegründet, das ab Anfang 2011 entsprechende Leasing- und Finanzierungsangebote anbieten wird. Damit werden wir unseren Absatz nochmals befördern.

«Audi steht zu seinen Zielen»

Der Audi A4 Audi

Autogazette: Audi wird nicht müde zu betonen, bis zum Jahr 2015 mit einem Absatz von 1,5 Millionen Autos an seinen Mitbewerbern BMW und Mercedes vorbeiziehen zu wollen. Müssen Sie diese Aussage aufgrund der Performance ihrer Konkurrenz nicht so langsam revidieren?

Schwarzenbauer: Wieso? Das glaube ich nicht. Man braucht sich nur die zurückliegenden drei Jahre anschauen: Im Jahr 2007 lag Audi noch zwischen 19 und 24 Prozent hinter Mercedes und BMW. Heute haben wir den Abstand deutlich reduziert. Weltweit liegen wir Stand August nur etwa ein Prozent hinter Mercedes und sechs Prozent hinter BMW. Anhand dieser Zahlen, in denen der A1 noch nicht einmal enthalten ist, sehen Sie, dass wir nichts zurückzunehmen haben. Audi steht zu seinen Zielen.

Autogazette: Wie läuft der Audi A1 denn?

Schwarzenbauer: Er übertrifft unsere Erwartungen. Aufgrund der hohen Nachfrage schon in den ersten Wochen haben wir die Kapazitäten für 2011 um 20 Prozent gesteigert. Ursprünglich hatten wir mit 100.000 Autos geplant, nun gehen wir für das kommende Jahr von 120.000 Autos aus.

Das Interview mit Peter Schwarzenbauer führte Frank Mertens

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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