«Verunsicherung wird uns noch begleiten»

Olivier Dardart sieht noch kein Ende der Verunsicherungen potenzieller Autokäufer. Im Interview mit der Autogazette äußert sich der Geschäftsführer von Peugeot Deutschland über die Strategien und Ziele der französischen Marke für eine erfolgreichere Zukunft.

Olivier Dardart sieht auch für das Jahr 2008 kaum Erholungschancen für den deutschen Automarkt. «Die Verunsicherungen werden uns wohl noch dieses Jahr begleiten», sagte der Geschäftsführer von Peugeot Deutschland im Interview mit der Autogazette. Eine klare Regelung bei der Kfz-Steuer könnte diese Verunsicherung trotz anderer bestehender hoher Preise mindern. «Bei den deutschen Kunden bleibt die Liebe zu schönen Autos. Auch bei Peugeot sind die erfolgreichsten Fahrzeuge nicht die günstigsten Autos. Zudem werden viele Autos mit guter Ausstattung geordert», so Dardart.

Vier Prozent Marktanteil als Ziel

Für die eigene Marke, die 2007 einen zweistelligen Absatzverlust hinnehmen musste, sieht Dardart aber den Weg in eine bessere Zukunft dank neuer Modelleinführungen gelegt. Nach einem Jahresergebnis von knapp unter drei Prozent Marktanteil, will Dardart wieder vor drei, vier Jahren gehegte Träume realisieren. «Unser Ziel bleibt immer, unseren Anteil in Richtung dieser vier Prozent zu steigern.»

Druck erhält er dabei von PSA-Chef Christian Streiff, dessen besondere Liebe zu Deutschland auch einem besonders kritischem Blick standhalten muss. «Wir müssen uns im Volumen verbessern und bei der Kundenzufriedenheit. Und wir müssen dabei die Rentabilität verbessern. Das sind die wichtigsten Ziele in Deutschland», sagt Dardart.

Sollten die Vorgaben scheitern, rechnet Dardart trotz der Vorliebe des PSA-Vorstandes nicht mit Milde. «Sicher hat er Verständnis, aber die Peugeot-Mannschaft muss die Ziele erreichen. Wenn wir das nicht machen, kann er auch seine Entscheidungen treffen, um das zu verbessern.»

«2007 die Zukunft vorbereitet»

Hoffnungsträger für die Zukunft: Der Peugeot 308 Foto: AG/Flehmer

Autogazette: Herr Dardart, sind Sie froh, dass das Leidensjahr 2007 der Vergangenheit angehört?

Olivier Dardart: Es war sicher ein schweres Jahr, aber ich bin mit einigen unserer Ergebnisse zufrieden. Ich glaube, dass wir in diesem schwierigen Jahr unsere Zukunft ein wenig vorbereitet haben.

Autogazette: Inwiefern?

Dardart: Unsere neuen Modelle des Jahres 2007 haben einen Weg in die Zukunft gelegt. Der 207 CC ist mit an der Spitze im Cabriosegment, der 207 SW ist über den Erwartungen verkauft worden. Beim 4007 haben wir schon Lieferzeiten und der 308 wurde gerade mit dem „Goldenen Lenkrad“ ausgezeichnet. Das gibt uns viel Hoffnung für die Zukunft.

Tageszulassungen reduziert

Der 4007 feierte 2007 sein Debüt Foto: Peugeot

Autogazette: Trotzdem weist Peugeot nach elf Monaten des Jahres 2007 auf dem deutschen Markt ein Minus von 14,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf . . .

Dardart: . . .das ist eine Frage der Strategie. Wir hatten uns Anfang des Jahres dazu entschieden, die Tageszulassungen und die Mietwagenverkäufe zu reduzieren. Leider hat sich der Markt genau dort, wo wir uns entwickeln wollten - nämlich bei den Privatkunden - sehr verschlechtert. Trotzdem sind wir gerade dort viel besser aufgestellt als im vergangenen Jahr. 2006 hatten wir bei den Privatkunden einen Marktanteil von 3,7 Prozent, dieses Jahr kommen wir auf mehr als 4,3 Prozent. Leider waren wir im Flottengeschäft durch die Reduzierungen nicht so gut aufgestellt. Wir sind aber davon überzeugt, dass unsere Strategie hin zum Privatkunden der richtige Weg in die Zukunft ist.

Autogazette: Wie wollen Sie Privatkunden an Ihre Neuwagen heranführen?

Dardart: Das ist nicht nur eine Frage von Peugeot. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Privatkunden kontinuierlich abgenommen. Und zur Zeit herrscht weiter eine Verunsicherung der Kunden aufgrund der ungeklärten Kfz-Steuer vor. Das führt zu reduzierten Volumina im Privatkundenbereich. Trotzdem wollen wir in dem Privatkundenbereich einen höheren Marktanteil erreichen.

«Verunsicherungen werden uns weiter begleiten»

Schönes Flaggschiff: Der Peugeot 607 Foto: Peugeot

Autogazette: Ihr Vorgänger Olivier Veyrier hat vor drei, vier Jahren gesagt, dass die Regierung für Sicherheit bei den Kunden sorgen soll. Dann kam der wirtschaftliche Abschwung, in diesem Jahr die Mehrwertsteuererhöhung und die CO2-Diskussion. Im Prinzip leben die Kunden schon seit Jahren kontinuierlich mit Verunsicherungen. Und für 2008 wird damit gerechnet, dass die Verunsicherungen bleiben . . .

Dardart: ...Die Verunsicherungen werden uns wohl noch dieses Jahr begleiten. In meinem Heimatland Frankreich gibt es seit dem 1. Dezember neue Maßnahmen zum CO2-Ausstoß. Dort werden besonders umweltfreundliche Fahrzeuge mit einem Bonus belegt. Vielleicht brauchen wir in Deutschland eine solche Entscheidung, damit die Kunden wissen, was sie beim Autokauf erwartet.

Autogazette: Kann die Kaufzurückhaltung auch daran liegen, dass heutige Neuwagen viel zu teuer sind?

Dardart: Das glaube ich nicht. Bei den deutschen Kunden bleibt die Liebe zu schönen Autos. Auch bei Peugeot sind die erfolgreichsten Fahrzeuge nicht die günstigsten Autos. Zudem werden viele Autos mit guter Ausstattung geordert.

Rabatt-Aktionen gute Lösungen für Kunden

Der Peugeot 407 Coupé Foto: AG/Mertens

Autogazette: Peugeot arbeitet dabei viel mit Rabatten. Ihr Mitbewerber Skoda verzichtet fast total auf reduzierte Angebote und ist trotzdem sehr erfolgreich. Was muss Peugeot machen, um auch diesen Weg einzuschlagen?

Dardart: Wir arbeiten mit Rabatten, aber wir haben diese Politik seit einigen Monaten reduziert. Wir wollen unseren Kunden zeigen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis gut ist und die Autos zudem leicht zu finanzieren sind. Unsere Aktion «0, Nix», die von Juli bis Ende Dezember lief und unsere «Goldjubel-Aktion» nach dem gleichen Muster - das sind gute Lösungen für die Kunden.

Autogazette: Sie sprachen den Marktanteil von Peugeot bereits an. Vor zwei, drei Jahren war für Peugeot ein Anteil am gesamtdeutschen Markt von knapp unter vier Prozent das Ziel. 2007 weisen Sie nach elf Monaten einen Anteil von 3,0 Prozent auf. Werden in naher Zukunft die vier Prozent wieder ein Ziel werden?

Dardart: Unser Ziel bleibt immer, unseren Anteil in Richtung dieser vier Prozent zu steigern. Wenn die Struktur des Marktes mit derzeit 30 Prozent Tageszulassungen so bleibt, können wir diese Ziele nicht erreichen, weil wir unsere Strategie bei den Tageszulassungen geändert haben. Bei den Tageszulassungen hatten wir in diesem Jahr nur einen Anteil von 2,5 Prozent, bei den Privatkunden einen Anteil von 4,3 Prozent. Je nachdem, wie sich diese Kanale entwickeln, entwickeln sich auch unsere Marktchancen. Einige Hersteller und Importeure beginnen aber zu begreifen, dass Tageszulassungen keine Lösung für die Zukunft sind. Wenn die Frage wäre, ob wir die vier Prozent mit vielen Tageszulassungen erreichen wollten, gäbe es ein deutliches «Nein» als Antwort.

«Wollen uns bei Benzinmotoren entwickeln»

Der Bipper Beep Beep Foto: Peugeot

Autogazette: Ihr Geschäftsführer-Kollege Haydan Leshel von Kia hat einmal gesagt, man werde erst ernst genommen, wenn man in Deutschland 100.000 Fahrzeuge pro Jahr verkauft. Peugeot bleibt knapp darunter. Fühlen sie sich in Deutschland trotzdem als potente Marke ernst genommen?

Dardart: Darauf können eigentlich nur die Kunden antworten. Wir haben 2007 die 100.000-Marke überschritten, weil die Nutzfahrzeugsparte sehr erfolgreich gearbeitet hat. Dort haben wir im Vergleich zu 2006 eine Steigerung von über 50 Prozent. 4800 wurden 2006 verkauft, in diesem Jahr werden es 7700 Fahrzeuge sein. Die Zahl 100.000 können wir im kommenden Jahr auch allein mit PKW erreichen. Das haben in diesem Jahr auch Lieferengpässe verhindert. Aber letztendlich bleibt auch Porsche unter der 100.000 Marke und wird, glaube ich, trotzdem ernst genommen. Ich würde gerne weniger verkaufen, aber dafür den Gewinn von Porsche einnehmen. Ernst wird man nicht der Marke wegen genommen, sondern wenn man den Kunden gute Autos anbieten kann.

Autogazette: Stichwort «Ernst». Sie bieten seit neuestem den «Bipper» an. War da bei der Namensgebung Alkohol im Spiel?

Dardart: Wir haben für dieses Auto einen internationalen Namen gewählt. Vielleicht klingt der Name in Deutschland sehr lustig. Aber mit komischen Namen kann man auch Erfolg haben.

Autogazette: Peugeot hat einen hohen Dieselanteil. Nun nähert sich der Preis immer mehr den Benzinpreisen an. Wird diese Strategie in Zukunft nicht mehr aufgehen?

Dardart: Wir sind als Diesel-Spezialist bekannt. Wir glauben an Diesel, weil Diesel eine Lösung für die Zukunft ist. Aber wir wollen uns auch im Bereich der Benzinmotoren entwickeln. Früher war unser Angebot dort sehr begrenzt. Darum haben wir 2007 viele neue Modelle mit neuen Benzinmotoren auf den Markt gebracht, die aus der Kooperation mit BMW entstammen. Das gibt uns die Gelegenheit für die Zukunft, mehr Benzinmotoren zu verkaufen, um erfolgreicher in diesem Segment zu sein.

Viel Arbeit bei Diesel-Hybrid

Der 308 kommt 2010 auch mit Hybrid-Motor Foto: AG/Flehmer

Autogazette: Peugeot ist einem Trend gefolgt und hat in diesem Jahr das Öko-Label „Blue Lion“ eingeführt. Was hat die Einführung bisher für Vorteile für Peugeot gebracht?

Dardart: Das Label zeigt, dass wir eine sehr umweltfreundliche Palette haben. Diese Politik werden wir weiterführen, um den Kunden zu zeigen, dass sich unser Angebot weiter in diese Richtung entwickelt.

Autogazette: In diese Richtung soll auch der für 2010 geplante Diesel-Hybrid zeigen. Kommt dieses Angebot angesichts der CO2-Diskussion nicht zu spät? Gibt es Bestrebungen, die Einführung um einen gewissen Zeitraum vorzuziehen?

Dardart: Wir sind wahrscheinlich der erste Hersteller, der ein solches Angebot vorlegen wird, wir sind also - wie beim Rußpartikelfilter - Vorreiter. Zu diesem Thema steht dem Konzern aber noch viel Arbeit bevor. Wir können erst in der Zukunft nähere Informationen geben, derzeit ist es noch nicht möglich.

Klare Zahlen als Motivation

PSA-Chef Christian Streiff Foto: dpa

Autogazette: In mittelbarer Zukunft im Jahr 2015 soll Peugeot eine neue Marke setzen. PSA-Chef Christian Streiff hat angekündigt, dass Peugeot dann der wettbewerbsfähigste Autohersteller in Europa sein soll. Ist das ein realistisches Ziel?

Dardart: Alle Ziele sind realistisch, wenn man die Mittel erhält, um die Ziele zu erreichen. Ein Unternehmen wie PSA benötigt ambitionierte Ziele. Herr Streiff will mit dem proklamierten Ziel einen Impuls für die Zukunft setzen. Das Ziel ist erreichbar, aber ob wir es schaffen, werden wir in 2015 sehen.

Autogazette: Bereits in drei Jahren soll im Rahmen des Vertrages «GAP 2010» die Umsatzrendite, die jetzt bei 2,7 Prozent liegt, auf 5,5 bis sechs Prozent steigen. Was fühlen Sie, wenn Sie solche Zahlen vermittelt bekommen?

Dardart: Ich fühle mich involviert und motiviert. Herr Streiff hat klar verdeutlicht, dass diese Zahlen erreicht werden können, wenn wir unsere Volumen entwickeln. Mit der Palette, die wir jetzt und in Zukunft anbieten können, haben wir die Möglichkeit, Volumen zu machen mit Autos, die in der Herstellung günstiger sind. Zudem sollen die Strukturen reduziert werden. Wenn wir schon heute Strukturen wie bei unseren Mitbewerbern hätten, wären wir schon auf dem Weg zum Ziel. Herr Streiff hat ein Konzept zur Strukturkosten- Reduzierung entwickelt, das dem Konzern die Möglichkeit gibt, noch rentabler zu wirtschaften.

«Deutscher Markt für Streiff der Bench-Markt»

Der Peugeot 207 CC ist in Deutschland sehr beliebt Foto: Peugeot

Autogazette: Christian Streiff legt dabei viel Vertrauen in den deutschen Markt. Werden Sie dieses Vertrauen erfüllen können?

Dardart: Ja.

Autogazette: Wie muss es aussehen, damit alles erfüllt wird?

Dardart: Das ist ein Vertrauen nicht nur für dieses Jahr, sondern auch für die weitere Zukunft. Unsere Ziele sind klar: Wir müssen uns im Volumen verbessern und bei der Kundenzufriedenheit. Und wir müssen dabei die Rentabilität verbessern. Das sind die wichtigsten Ziele in Deutschland.

Autogazette: Christian Streiff setzt gern auf deutsche Tugenden. Ist Peugeot Deutschland ein Lieblingskind des Chefs?

Dardart: Den Titel Lieblingskind müssen wir uns aber mit Citroen teilen. Seinen ersten Besuch hat ihn wenige Tage, nachdem klar war, dass er die Spitze von PSA besetzen wird, nach Saarbrücken geführt. Anschließend ist er nach Köln gefahren, um die Kollegen von Citroen zu treffen. Für Streiff ist der deutsche Markt der Bench-Markt. So sind wir besonders im Focus.

Autogazette: Heißt das, dass er Sie besonders fordern wird. Oder wird er auch nachsichtig sein, wenn es nicht ganz nach seinen Vorstellungen läuft?

Dardart: Sicher hat er Verständnis, aber die Peugeot-Mannschaft muss die Ziele erreichen. Wenn wir das nicht machen, kann er auch seine Entscheidungen treffen, um das zu verbessern.

Das Interview mit Olivier Dardat führte Thomas Flehmer



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