«Verkaufsziel leicht nach unten korrigiert»

Interview mit Toyota-Vizepräsident Alain Uyttenhoven

Toyota Deutschland hat die Rückrufaktion innerhalb von vier Monaten abgeschlossen. Im Interview mit der Autogazette spricht Alain Uyttenhoven, Vizepräsident von Toyota Deutschland, über bleibende Schäden, die Brennstoffzelle und den Kampf um die Nummer eins in der Welt.

Toyota hat in der vergangenen Woche die groß angelegte Rückrufaktion wegen klemmender Gaspedale nach knapp vier Monaten abgeschlossen. Größere Imageprobleme erwartet Alain Uyttenhoven durch den Rückruf nicht. Sicher könne aber erst in den kommenden Monaten abgeschätzt werden, ob der Ruf gelitten habe, aber «wir gehen davon aus, dass es keine allzu großen Einbußen geben wird», sagte der Vizepräsident von Toyota Deutschland im Interview mit der Autogazette. Trotzdem hat Toyota Deutschland das Verkaufsziel auf 80.000 Einheiten in diesem Jahr gesenkt, auch wenn es jetzt Monat für Monat wieder aufwärts gehe, wie der Belgier betont.

Zugleich kündigte Uyttenhoven den serienmäßigen Einsatz der Elektrifizierung mittels einer Brennstoffzelle für 2015 an. Allerdings hänge die flächendeckende Verbreitung von Elektroautos von der kommenden Batterieentwicklung und deren Preisen ab.

Die Ankündigung von Volkswagen, spätestens ab 2018 der größte Automobilhersteller der Welt zu sein, nimmt Uyttenhoven gelassen hin. «Ob dieses Ziel realistisch ist oder nicht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab – wie beispielsweise der weiteren Entwicklung der Märkte.» Nach der großen Rückrufaktion ist für Toyota nicht unbedingt die Position eins in der Welt, die man seit dem letzten Jahr bekleidet, wichtig. «Unser Hauptaugenmerk liegt nach wie vor nicht darauf der größte Automobilhersteller zu sein, sondern qualitativ hochwertige Autos mit größtmöglicher Kundenzufriedenheit zu bauen. Und der Kunde wird am Ende entscheiden, wer am erfolgreichsten sein wird.»

Zu alter Stärke zurück

Autogazette: Herr Uyttenhoven, die Rückrufaktion ist fast abgeschlossen, bleibt für Toyota ein Image-Problem hängen?

Alain Uyttenhoven: Unsere Kunden haben nach wie vor Vertrauen in die Marke Toyota. Der Rückruf ist abgeschlossen und die Meldungen aus dem Feld sind fast ausschließlich positiv. Wie schnell der Ruf der Marke Toyota wiederhergestellt ist, werden wir in den kommenden Monaten sehen.

Autogazette: Sie werden aber nicht einfach so wieder in den Alltag zurückkehren können?

Uyttenhoven: Momentan versuchen wir genau das. Die Probleme sind behoben. Wir schauen nach vorn und konzentrieren uns darauf, zu alter Stärke zurückzukehren.

Autogazette: Wie haben die Kunden die Aktion angenommen?

Uyttenhoven: Der Großteil unserer Kunden, insbesondere auch unserer Stammkunden, hat die Durchführung der Aktion als vorbildlich empfunden. Die Rückmeldungen an den Kundenservice waren positiv. Unsere Händler haben eine hervorragende Leistung gezeigt und die Unannehmlichkeiten für die Kunden auf ein Minimum begrenzt.

Autogazette: Wie viel Vertrauensverlust muss Toyota in Deutschland hinnehmen?

Uyttenhoven: Dazu kann ich momentan noch nichts sagen. Eine konkrete Messbarkeit wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Wir gehen davon aus, dass es keine allzu großen Einbußen geben wird. Der Prius beispielsweise erhält - wie in den Jahren zuvor - den J.D. Power Award für höchste Kundenzufriedenheit.

Verkaufsziele leicht nach unten korrigiert

Voll elektrisch Foto: Toyota

Autogazette: Müssen die Absatzziele nach unten geschraubt werden?

Uyttenhoven: Wir haben unser Verkaufsziel für das laufende Jahr mit 80.000 Einheiten leicht nach unten korrigiert. Mitten in der Krise haben wir sicher gelitten, aber es geht Monat für Monat wieder aufwärts.

Autogazette: Wie reagieren Flottenkunden und Autovermietungen auf den Crash. Rechnen Sie damit, dass demnächst weniger Flottenkunden auf Toyota zurückgreifen werden?

Uyttenhoven: Nein, damit rechnen wir nicht. Wir gehen davon aus, dass der Flottenmarkt auf dem vorigen Niveau bleibt.

Autogazette: Eine interessante Entwicklung ist es, dass der Prius in den ersten fünf Monaten gleich um 135 Prozent angezogen hat. Waren das Vorbestellungen der neuen Generation, die im vergangenen Jahr auf den Markt kam?

Uyttenhoven: Das hat sicherlich damit zu tun. Doch der Prius ist nach wie vor eine wichtige Säule in unserer Modellpalette. Zudem ist er weiterhin ein Topseller in Japan und den USA.

Brennstoffzelle ab 2015

Das Brennstoffzellenfahrzeug Toyota FCHV Foto: Toyota

Autogazette: Toyota setzt weiter auf den Vollhybrid. Ist das angesichts des derzeitigen Elektrohypes sinnvoll oder wäre es angebrachter, den reinen Elektromotor zu präferieren, auch angesichts der Kooperation mit Tesla?

Uyttenhoven: Es gibt eine klare Strategie hinsichtlich der Elektrifizierung des Antriebsstrangs. Das heißt Elektrifizierung mit Augenmaß. Für kleine Fahrzeuge sind reine Elektroantriebe geplant, für kompakte und mittlere stellt unserer Meinung nach ein Hybrid, bzw. ein Plug-In Hybridantriebsstrang mit hoher Effizienz und erweiterter elektrischer Reichweite, die beste Lösung dar...

Autogazette: ...wie schaut es mit der Brennstoffzelle aus...

Uyttenhoven: ...darüber hinaus ist mit einer Elektrifizierung mittels Brennstoffzelle ab dem Jahr 2015 zu rechnen. Die flächendeckende Verbreitung von Elektroautos hängt im Wesentlichen von der kommenden Batterieentwicklung und deren Preisen ab.

Autogazette: VW hat jetzt einen Elektro-Golf vorgestellt, der ab 2013 auf den Markt kommen soll. Wird dann der Plugin-Prius auf dem deutschen Markt überhaupt noch Chancen haben?

Uyttenhoven: Wir glauben, dass der Prius Plug-in die Lösung mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis für den Kunden darstellt. Er wird eine elektrische Reichweite von 20 bis 30 Kilometer haben. Das reicht für etwa 80 Prozent der Kunden aus. Diesen bietet er somit die Vorteile des reinen Elektrobetriebes, ohne Einschränkungen bei der Reichweite einzugehen. Und das zu vertretbaren Kosten. Damit steht einem Erfolg nichts im Wege, denn auch mit 15.000 Euro teuren Batterien lassen sich heute keine Autos mit mehr als 200 Kilometer Reichweite realisieren.

Autogazette: VW entwickelt sich sowieso zum großen Konkurrenten und will in spätestens acht Jahren Toyota als größten Autohersteller ablösen. Aus Ihrer Sicht ein realistisches Ziel?

Uyttenhoven: Richten Sie diese Frage bitte an VW. Ob dieses Ziel realistisch ist oder nicht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab – wie beispielsweise der weiteren Entwicklung der Märkte. Unser Hauptaugenmerk liegt nach wie vor nicht darauf der größte Automobilhersteller zu sein, sondern qualitativ hochwertige Autos mit größtmöglicher Kundenzufriedenheit zu bauen. Und der Kunde wird am Ende entscheiden, wer am erfolgreichsten sein wird.

Das Interview mit Alain Uyttenhoven führte Thomas Flehmer

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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