Rieck: Lassen nicht Kunden Rechnung zahlen

Rieck: Lassen nicht Kunden Rechnung zahlen
Alfred E. Rieck © Foto: Skoda

Der Autobauer Skoda setzt in Deutschland für 2006 auf weiteres Wachstum. Eine wichtige Rolle auf dem Weg zur Steigerung des Marktanteils werde dabei der Roomster spielen, sagte Geschäftsführer Alfred E. Rieck der Autogazette.

Skoda eilt von Erfolg zu Erfolg. Der tschechische Autobauer konnte auf dem deutschen Markt im ersten Quartal dieses Jahres einen neuen Rekordabsatz vermelden. Entsprechend hoch sind die Ziele für 2006. Nach einem Marktanteil von 3,06 Prozent im Vorjahr peilt Deutschland-Chef Alfred E. Rieck für dieses Geschäftsjahr eine neuerliche Steigerung an.

3,3 Prozent Marktanteil

«Das erste Quartal 2006 haben wir mit 3,4 Prozent abgeschlossen. Die Entwicklung des Monats April sieht ähnlich gut aus - bis zum 19. April lagen wir sogar bei 3,65 Prozent. Ob wir das halten können, wird sich zeigen. Wenn wir eine gute fette 3 am Ende des Jahres vorweisen würden, dann wäre ich sehr zufrieden», sagte Rieck der Autogazette. So peilt der 49 Jahre alte Manager, der dem Unternehmen in Weiterstadt seit dem 1. Januar als Geschäftsführer vorsteht, für Ende 2006 einen Marktanteil von 3,3 Prozent an. Entsprechend geht Rieck auch von einer Umsatzsteigerung aus.

«Umsatzsteigerungen werden wir sicherlich machen. Es gibt einige Tendenzen: Der erste Trend ist, dass sich ein Schwerpunkt unseres Absatzes vom Fabia zum Octavia verlagert. Wir haben heute die Situation, dass der Octavia einen höheren Absatz hat als der Fabia. Das hat automatisch Auswirkungen auf die Umsatzqualität», sagte Rieck.

Konsequente Vertriebspolitik

Ausbauen will Rieck den Marktanteil des Unternehmens durch eine «ganz konsequente Vertriebspolitik» und «ein überzeugendes Produktangebot, die weitere Qualifizierung des Händlernetzes oder auch den Roomster. Er wird uns Ende des Jahres helfen, unseren Marktanteil auszubauen».

Zur Steigerung des Marktanteils schloss der Deutschland-Geschäftsführer Rabattaktionen wie bei anderen Hersteller kategorisch aus. So etwas werde es bei Skoda nicht geben. «Wir setzen auf Zuverlässigkeit und lassen nicht den Kunden durch künstliche Marketingmaßnahmen die Rechnung zahlen, in dem er beim Wiederverkauf einen niedrigeren Preis erhält.»

«Erfolg verpflichtet»

Der Skoda Fabia Foto: Werk

Autogazette: Herr Rieck, Sie stehen seit dem 1. Januar an der Spitze von Skoda Auto Deutschland und konnten bereits nach dem ersten Quartal einen Rekordabsatz vermelden. Wie fühlt man sich auf der Erfolgsspur?

Alfred E. Rieck: Erfolg verpflichtet. Die Erfolgsmeldungen beziehen sich auf die Vergangenheit. Für mich liegt die eigentliche Herausforderung in der Zukunft - und die müssen wir im Sinne des Unternehmens erfolgreich gestalten. Wir müssen unsere Akzente nun so setzen, dass wir fit und vorbereitet sind für die vor uns stehenden Aufgaben.

«Vertrauen in Mitarbeiter»

Autogazette: Wie hoch ist denn der Druck, der auf Ihnen lastet? Schließlich übernehmen Sie ein ausgesprochen erfolgreiches Unternehmen?

Rieck: Druck ist nicht da. Wir haben sehr viel Spaß in der täglichen Arbeit und bei der Gestaltung unserer Zukunft sowie der Weiterentwicklung unseres Unternehmens. Dabei helfen auch die Kontakte und persönliche Verbindungen, die im Laufe der Jahre entstanden sind. Zudem stehe ich ja nicht allein da, sondern arbeite mit einer professionellen Mannschaft zusammen. Dazu kommt, dass ich ein sehr großes Vertrauen in die Qualität unserer Mitarbeiter, unseres Händlernetzes und in die Arbeit unserer Freunde in Tschechien habe.

Autogazette: Verspüren Sie denn einen Druck vom Shareholder Volkswagen? Sie sind schließlich neben Audi der Gewinnbringer des Mutterkonzerns.

Rieck: Nein, ich spüre auch aus Wolfsburg keinen Druck. Zum Glück übt Wolfsburg auch keinen Druck aus. Bei VW konzentriert man sich auf die eigenen Aufgaben, die man dort zu lösen hat. Und das ist auch ein Grundsatz, den wir hier im Konzern haben: Jede Marke arbeitet eigenverantwortlich und trifft die Entscheidungen für die Zukunft im Sinne der Marke.

Autogazette: Insofern sind Sie auch verhältnismäßig frei in Ihren Entscheidungen?

Rieck: Nicht nur verhältnismäßig. Wir stimmen uns intern und mit unserer Mutter in Mlada Boleslav ab und setzen die Maßnahmen um, die für den deutschen Markt gut und richtig sind. Und dabei helfen dann natürlich die freundschaftlichen Beziehungen zu den Kollegen in Mlada Boleslav.

«Wir wissen, was wir zu tun haben»

Autogazette: Aufgrund des Erfolges von Skoda können Sie auch entsprechend selbstbewusst gegenüber dem Shareholder auftreten...

Rieck: ...es hat nichts mit Selbstbewusstsein oder gar Arroganz zu tun. Wir konzentrieren uns auf unsere Aufgaben und verfolgen die Ziele, die die Marke sich gesetzt hat. Wir wissen, was wir zu tun haben. Wir wissen, was unsere Zielsetzung ist und darauf richten wir unsere Arbeit aus.

Autogazette: Was sind denn diese Zielsetzungen, noch mehr Umsatz zu machen?

Rieck: Natürlich.

Autogazette: Dann bleiben wir beim Umsatz: Im ersten Quartal konnten Sie sich über 27.057 neu zugelassene Fahrzeuge freuen. Das entspricht zum Vorjahreszeitraum einer Steigerung von 32,7 Prozent. Wo wollen Sie Ende des Jahres stehen?

Rieck: Wie das Volumen letztendlich aussieht, wissen wir heute natürlich nicht. Keiner von uns kann einschätzen, wie sich dieses Jahr angesichts der dreiprozentigen Mehrwertsteuererhöhung in 2007 gestalten wird. Sehr viel wird davon abhängen, ob die Bevölkerung in Deutschland Vertrauen fasst in die Zukunft.

«Eine gute fette 3»

Autogazette: Natürlich gibt es Unwägbarkeiten. Doch Ihr Ziel heißt schließlich Wachstum: Also: Nennen Sie uns Ihre Zielsetzung.

Rieck: Wir hatten im zurückliegenden Jahr einen Marktanteil von 3,06 Prozent. Das erste Quartal 2006 haben wir mit 3,4 Prozent abgeschlossen. Die Entwicklung des Monats April sieht ähnlich gut aus - bis zum 19. April lagen wir sogar bei 3,65 Prozent. Ob wir das halten können, wird sich zeigen. Wenn wir eine gute fette 3 am Ende des Jahres vorweisen würden, dann wäre ich sehr zufrieden.

Autogazette: Eine gute fette 3 heißt mindestens 3,5 Prozent.

Rieck: Eine 3 vor dem Komma und eine 3 hinter dem Komma wäre auch nicht schlecht.

Autogazette: Lassen Sie uns über die absoluten Zahlen reden: Im zurückliegenden Jahr konnte Skoda in Deutschland 102.216 Fahrzeuge verkaufen. Wie sieht hier die Zielgröße für Ende 2006 aus?

Rieck: Nennen Sie mir den Gesamtabsatz für 2006 aller Hersteller, dann können wir die Zahl runter brechen.

«Relevant ist der Marktanteil»

Der Octavia Combi Foto: Werk

Autogazette: Seien Sie nicht so zurückhaltend: An welcher Zahl orientieren Sie sich?

Rieck: Woran messen Sie den Erfolg eines Unternehmens: An den absoluten Absatzzahlen oder am Marktanteil?

Autogazette: Sie messen Ihn am Marktanteil...

Rieck: ...der Marktanteil ist das einzige, an dem man die Performance einer Vertriebsabteilung ableiten kann. Der Marktanteil zeigt, wie gut die Vertriebsorganisation ist, um sich einen größeren Teil des Kuchens zu holen. Deswegen habe ich Ihnen die relevante Zahl gegeben und nicht die irrelevante.

Autogazette: Da wir schon bei den Zahlen sind: Wie sieht die Umsatzerwartung aus? 2005 lag der Umsatz von Skoda Deutschland bei 1,2 Milliarden Euro.

Rieck: Umsatzsteigerungen werden wir sicherlich machen. Es gibt einige Tendenzen: Der erste Trend ist, dass sich ein Schwerpunkt unseres Absatzes vom Fabia zum Octavia verlagert. Wir haben heute die Situation, dass der Octavia einen höheren Absatz hat als der Fabia. Das hat automatisch Auswirkungen auf die Umsatzqualität. Zudem kommen knapp über 90 Prozent aller bestellten Octavias aus den oberen Ausstattungsvarianten. Daran sieht man, dass Skoda längst nicht mehr eine Preismarke ist. Wenn Skoda eine Preismarke wäre, wäre der Anteil der Einstiegsmodelle weitaus höher.

«Gutes Preis-Leistungsverhältnis»

Autogazette: Dass Skoda keine Preismarke ist, müssen Sie sagen. Doch was spricht denn dagegen, zu sagen, dass Skoda eine Marke mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis in Verbindung mit guter Qualität ist?

Rieck: Die Kunden kaufen unsere Produkte wegen eines guten Preis-Leistungsverhältnisses im Zusammenhang mit erstklassiger Qualität. Wenn Sie sich die Umfragen nach den Kaufgründen von vor zehn Jahren anschauen, war der Grund der Preis. Dieses Argument kommt bei der Kaufentscheidung jetzt erst an vierter oder fünfter Stelle. Der wichtigste Grund ist das Preis-Wert-Verhältnis. Menschen kaufen heute einen Skoda, weil sie eine überzeugende Leistung zu einem vernünftigen Preis bekommen.

Autogazette: Was geben die Kunden denn im Schnitt für einen Skoda aus?

Rieck: Rund 17.000 Euro.

Autogazette: Worauf führen Sie die guten Verkäufe im ersten Quartal zurück: Auf eine generelle konjunkturelle Erholung oder auf vorgezogene Käufe vor dem Hintergrund der Mehrwertsteuererhöhung in 2007?

Rieck: Wenn das vorgezogene Käufe wären, wäre das für alle Marken gültig und hätte sich in der Konsequenz dessen der Marktanteil für Skoda nicht in dem Maße verändern dürfen. Da dies aber nicht der Fall ist, ist die Volumensteigerung eher das Ergebnis einer reinen Markenperformance. Die Mehrwertsteuererhöhung wird ab September eine Rolle spielen, wenn sie überhaupt eine Rolle spielten wird.

«Vieles hängt vom Vertrauen ab»

Der Superb von Skoda Foto: Werk

Autogazette: Glauben Sie nicht, dass die Mehrwertsteuererhöhung eine Rolle spielen wird?

Rieck: Ich weiß es wirklich noch nicht. Vieles wird vom Vertrauen der Menschen abhängen.

Autogazette: Welche Erwartungshaltung haben Sie denn in diesem Zusammenhang in die Politik?

Rieck: Veränderungen brauchen ihre Zeit. Man muss die Regierung nicht mit Erwartungen überfrachten, die sie kurzfristig nicht erfüllen kann. Aber als Bürger, als Gastarbeiter in Deutschland, würde ich mir wünschen, dass man Planungssicherheit hat. Ich wünsche mir eine Politik, die keinen Ad-hoc-Charakter hat.

Frage der Nachhaltigkeit

Autogazette: Auch andere Hersteller können sich über Absatzzuwächse freuen. Ist das für Sie ein Indiz für eine Trendwende nach Jahren der Stagnation auf dem Automarkt?

Rieck: Im letzten Jahr hatten wir ein Jahr der Stagnation, davor hatten wir Jahre der Rückgänge. Die Tendenz ist in der Tat positiv. Die große Frage ist, ob das nachhaltig ist. Menschen haben lange Zeit kein neues Auto mehr gekauft. Was derzeit auf den Straßen unterwegs ist, ist alter Fuhrparkbestand. Irgendwann kommt die Ersatzbeschaffung, die hinausgezögert wurde. Jetzt ist das Thema aktuell. Und auf einem wachsenden Markt weitere Marktanteile zu gewinnen, das ist schön.

Autogazette: Wie wollen Sie es denn schaffen, weitere Marktanteile zu gewinnen, durch den im Sommer auf den Markt kommenden Roomster?

Rieck: Nicht nur durch kurzfristorientierte künstliche Marketing- und Vertriebsmaßnahmen, die nur eine kurzfristige Absatzbelebung bewirken. Wir werden keine Werbung schalten, dass ein Skoda für 6000 Euro Nachlass zu haben ist. Derartige Rabattaktionen wird es bei uns nicht geben.

Roomster enorm wichtig

Der Roomster Foto: dpa

Autogazette: Sondern?

Rieck: Wir werden unseren Marktanteil dadurch ausbauen, dass wir eine ganz konsequente Vertriebspolitik machen: Beispielsweise über ein überzeugendes Produktangebot, die weitere Qualifizierung des Händlernetzes oder auch den Roomster. Er wird uns Ende des Jahres helfen, unseren Marktanteil auszubauen.

Autogazette: Wie wichtig ist denn diese vierte Baureihe?

Rieck: Der Roomster ist schon sehr wichtig, weil wir mit diesem Auto eine neue Zielgruppe erreichen werden. Eine Zielgruppe, die heute noch nicht bei Skoda ist.

Autogazette: Warum läuft die Entwicklung zwischen Skoda und der Konzernmutter eigentlich so diametral? Sie haben Erfolg, in Wolfsburg läuft man ihm hinterher.

Rieck: Für VW kann ich das nicht beurteilen. Wir haben eine klare Philosophie. Wir setzen auf Qualität, achten auf ein vernünftiges Preis-Leistungsverhältnis, setzen nicht nur auf Produkt- sondern auch auf Servicequalität. Wir setzen auf Zuverlässigkeit und lassen nicht den Kunden durch künstliche Marketingmaßnahmen die Rechnung zahlen, in dem er beim Wiederverkauf einen niedrigeren Preis erhält.

Das Interview mit Alfred E. Rieck führte Frank Mertens

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