«Politik gibt Kunden keine Planungssicherheit»

Die Dollarschwäche stellt die Autohersteller zunehmend vor Probleme. «Es ist ein Thema, das mittelfristig bedeuten kann, dass wir Exporte aus Europa überdenken», sagte GM-Europachef Carl-Peter Forster der Autogazette.

Carl-Peter Forster rechnet für dieses Jahr mit einer leichten Erholung des Automarktes. «Ich glaube, dass man zumindest etwas optimistischer für dieses Jahr sein kann», sagte der Europachef von General Motors (GM) auf der Detroit Autoshow im Interview mit der Autogazette.

Rabattschlacht erwartet

Aufgrund des rückläufigen Gesamtmarktes geht Forster davon aus, dass es wieder zu einer Rabattschlacht unter den Herstellern kommen kann. «Es wird immer einen Hersteller geben, der mit welchen auch immer gestalteten Preisnachlässen Marktanteile gewinnen kann. Wir füttern die Kunden mit diesem Thema an. Doch das ist traurig, weil die gesamte Industrie nicht genügend Geld verdient, um die Kapitalkosten zu decken», so Forster.

«Ein trauriges Signal»

Der Hydrogen4 Foto: GM

Autogazette: Herr Forster, Opel hat in Deutschland das vergangene Jahr mit einem Minus von über 14 Prozent beendet. Treibt Ihnen diese Zahl den Angstschweiß auf die Stirn?

Carl-Peter Forster: Nein, das treibt mir keinen Angstschweiß auf die Stirn. Es ist vielmehr ein trauriges Signal dafür, was momentan in Deutschland passiert. Diese Einbrüche sind kein Opel-Phänomen, es ist ein Problem des gesamten Marktes. Opel befindet sich mit seinen Produkten in der Mitte der Gesellschaft, entsprechend bewegen wir uns auch bei den Absatzzahlen in diesem Bereich.

Autogazette: Sie betonen immer wieder, wie gut das Design, die Qualität und die Technik eines Opel ist. Doch die Message kommt beim Kunden nicht an. Sind die Absatzeinbrüche nur mit dem rückläufigen Markt zu erklären?

Forster: Der Kunde ist enorm verunsichert, er ist verunsichert über die eigene finanzielle Leistungsfähigkeit und über die Entwicklung des Nettoeinkommens in den zurückliegenden Jahren. Entsprechend traut er sich nicht, ein Auto zu kaufen. Seitens der Politik wird ihm keine Planungssicherheit gegeben.

«Kann optimistischer sein»

Der neue Opel Zafira Foto: Opel

Autogazette: Spielen die Spritpreise und die CO2-Diskussion für die Kaufzurückhaltung auch eine Rolle?

Forster: Natürlich spielt auch das eine Rolle, der Kunde weiß nicht, was die zukünftige CO2-Gesetzgebung bringt. Das ist ein ganz schlechter Mix, unter dem die gesamte Industrie in Deutschland leidet.

Autogazette: Sehen Sie für dieses Jahr eine Besserung des Automarktes?

Forster: Ich glaube, dass man zumindest etwas optimistischer für dieses Jahr sein kann. Wir gehören ja alle zur Berufsgruppe der Optimisten, sonst hätten wir eine andere berufliche Laufbahn eingeschlagen. Ich glaube deshalb nicht daran, dass es noch schlechter werden wird.

Autogazette: Schaut man sich die einzelnen Modelle an, dann konnte 2007 in Deutschland nur der Corsa für positive Zahlen sorgen. Vom Astra bis hin zum Zafira gab es Verluste im zweistelligen Bereich. Was kann gegen den Sturzflug getan werden?

Forster: Man muss die Zulassungszahlen doch sehr genau analysieren und dann betrachten, was man mit jedem verkauften Fahrzeug verdient. Mit der Entwicklung des Corsa sind wir natürlich sehr zufrieden. Er ist in Deutschland die Nummer eins in seinem Segment und läuft auch in Europa ausgesprochen gut. Wir sind mit allen unseren Kapazitäten ausgebucht. Doch auch der Astra hält sich gut, auch der Zafira.

«Wir sind mit keinem Modell unzufrieden»

Opel Agila Foto: AG/Flehmer

Autogazette: Wieso das, er bewegt sich in Deutschland in einem zweistelligen Minus-Bereich?

Forster: Sie müssen sich die Zahlen genauer anschauen. Es sind gemischte Zahlen, in denen Eigenzulassungen ebenso enthalten sind wie die Zahlen aus dem Vermietungsgeschäft. Deshalb sind sie nicht sonderlich aussagekräftig. Wir sind mit keinem unserer Modelle unzufrieden, wir sind nur unzufrieden mit der Situation in Deutschland.

Autogazette: Wird der rückläufige Gesamtmarkt dazu führen, dass es wieder zu einer Rabattschlacht unter den Herstellern kommen wird?

Forster: Wir messen uns immer auf der Preisseite. Es wird immer einen Hersteller geben, der mit welchen auch immer gestalteten Preisnachlässen Marktanteile gewinnen kann. Wir füttern die Kunden mit diesem Thema an. Doch das ist traurig, weil die gesamte Industrie nicht genügend Geld verdient, um die Kapitalkosten zu decken.

«Der englische Markt brummt»

Autogazette: Wenn man nicht nur auf den deutschen Markt schaut, sondern auch auf die anderen Märkte: Welche Markt hat für Sie dann eine besondere Bedeutung?

Forster: Der englische Markt brummt, dort sind wir Marktführer. Es läuft für uns gut in Südeuropa und es läuft für uns besonders gut in Russland, wo wir 2007 allein 77.000 Opel verkauft haben. Es sind Märkte, die auch vom Volumen her für Kompensation sorgen.

Autogazette: Wie zufrieden sind Sie mit den Verkaufszahlen auf dem gesamteuropäischen Markt?

Forster: Als GM Europa haben wir fast 2,2 Millionen Fahrzeuge verkauft, haben damit um neun Prozent zugelegt. Das sind absolute Rekordzahlen. Zwar ist der deutsche Markt als Heimatmarkt für uns wichtig, doch die Welt hat sich hier sehr verschoben. Von daher können wir als global aufgestelltes Unternehmen verkraften, wenn der deutsche Markt auch mal nicht so gut läuft. Das Geschäft verschiebt sich sehr nach Ost- und Zentraleuropa.

«China wichtigste Wachstumsmarkt»

Autogazette: Welche Rolle spielt für Sie perspektivisch der chinesische Markt, auf dem andere Hersteller zweistellige Wachstumsraten erzielen?

Forster: China ist natürlich der wichtigste Wachstumsmarkt, doch dann kommt schon Russland.

Autogazette: Die EU-Kommission will die Hersteller ab 2012 mit einer Strafsteuer belegen, die nicht den CO2-Grenzwert von 120 g/km einhalten. Sehen Sie darin eine Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens?

Forster: Es ist nichts, was allein GM trifft. Es belastet die gesamte Industrie. Da sie nicht profitabel arbeitet, muss sie die daraus entstehenden Kosten an den Kunden weitergeben. Der im Prinzip richtige Vorstoß der Politik, CO2 senken zu wollen, wird die Kunden mit erheblichen Kosten belasten. Wie er reagieren wird, wissen wir noch nicht.

«Schwache Dollar ein Problem»

Der Saturn Astra Foto: General Motors

Autogazette: Opel hat gerade den Astra auf den US-Markt gebracht, der dort als Saturn Astra firmiert. Sollte der Euro gegenüber dem Dollar weiter steigern, wird der Export für Sie dann zu einem Wohltätigkeitsprojekt, wie GM-Vize Bob Lutz jüngst sagte?

Forster: Der schwache Dollar und der starke Euro sind ein Problem für die gesamte Industrie. Das wird derzeit noch zu wenig von der europäischen Politik verstanden. Dabei ist es für alle ein erhebliches Problem. Auch ein deutscher Finanzminister sollte sich einmal intensiver mit diesem Thema befassen. Es ist ein Thema, das mittelfristig bedeuten kann, dass wir Exporte aus Europa überdenken.

Autogazette: Mit anderen Worten käme eine Verlagerung der Produktion in Frage?

Forster: Das wäre absolut möglich. Wenn die Dollarschwäche weiter anhält, dann werden wir mit Sicherheit Teile der Produktion verlagern müssen.

Das Interview mit Carl-Peter Forster führte Frank Mertens

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