Mazda-Chef fordert Lockerung im Arbeitsmarkt

Michael Bergmann sieht den Autohersteller Mazda «als deutschen Japaner». Der Geschäftsführer Deutschland fordert im Interview mit der Netzeitung eine klare Linie der neuen Bundesregierung für den Automarkt.

Michael Bergmann setzt auf einen neuen Schwung im Automarkt nach der Bundestagswahl am 18. September. «Die Kunden sind unsicher. Deshalb brauchen wir nach der Wahl eine klare Linie, damit bei den Kunden wieder Vertrauen entsteht, Geld auszugeben, anstatt zu sparen», sagte der Geschäftsführer von Mazda Deutschland im Interview mit der Netzeitung.

Steuererhöhung zieht Flaute nach sich

Allerdings rechnet der Kanadier bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer mit einer Flaute. «Vor der Erhöhung würden wir aber mehr Autos verkaufen», sagte Bergmann. Dagegen ist für Bergmann der steigende Benzinpreis eher ein Anreiz für die Kunden, ein neues Modell zu kaufen, «weil die im Verbrauch günstiger sind.»

Markt bei privaten Kunden schwächer

Erfolgsbringer: Der Mazda 5 Foto: Press-Inform

Netzeitung: Herr Bergmann, VDA-Präsident Bernd Gottschalk erhofft sich von der IAA eine Trendwende in einem schwächelnden Automarkt. Seit einigen Monaten gibt es bereits positive Zahlen bei den Neuzulassungen. Ist die Schwächephase in der Autoindustrie bereits überwunden?

Michael Bergmann: Das glaube ich nicht. Wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, sieht man, dass der Markt bei den privaten Kunden schwächer geworden ist. Ich hoffe, dass wir nach den Bundestagswahlen und der IAA wieder einen Schwung bekommen.

Netzeitung: Wie kann Schwung entstehen?

Bergmann: Die Kunden sind unsicher. Deshalb brauchen wir nach der Wahl eine klare Linie, damit bei den Kunden wieder Vertrauen entsteht, Geld auszugeben, anstatt zu sparen.

Fortsetzung der Reformen nötig

Netzeitung: Was erwarten Sie denn von der neuen Regierung?

Bergmann: Ich mische mich nicht in die Politik ein. Aber wir brauchen eine Fortsetzung der Reformen, eine Lockerung im Arbeitsmarkt, um Arbeitsplätze zu schaffen.

Netzeitung: Auf der anderen Seite steht die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Raum. Wird sie den Schwung nicht stoppen?

Bergmann: Ich glaube, die Mehrwertsteuer würde der Automobilindustrie kurzfristig helfen. Die Kunden würden überlegen, noch vor der Einführung der Steuer ein neues Auto zu kaufen. Monate vor der Erhöhung würden wir mehr Autos verkaufen. Danach würde dann aber auch erst einmal eine Flaute kommen.

Benzinpreis als Wachstumspotenzial

Der Mazda MX-5 Foto: Press-Inform

Netzeitung: Neben der Mehrwertsteuer gibt es auch noch die steigenden Benzinpreise. Eigentlich kann es doch nur schlecht für den deutschen Automarkt aussehen...

Bergmann: ...steigende Benzinpreise können aber auch dazu führen, dass Kunden sich neue Autos anschaffen, weil die im Verbrauch günstiger sind. Natürlich ist es aber auch ein Kaufkraftentzug. Mittelfristig gesehen ist es aber eher ein Wachstumspotenzial für die Autobranche. Man kann die Benzinpreis-Diskussion auch mit der Diskussion um den Rußpartikelfilter. Die älteren Modelle sind auch nicht so sauber wie die neuen Fahrzeuge. Das könnte ein Anreiz zum Kaufen sein. Ich sehe dieses Problem als nicht so dramatisch an. Wir von Mazda haben den Vorteil, dass wir keine großen Geländewagen produzieren, sondern Autos mit vernünftigen Verbrauchszahlen.

Netzeitung: An welcher Marke wird Ihrer Meinung nach der Benzinpreis stoppen?

Bergmann: Abgesehen von kurzfristigen Schwankungen wird der Preis nach oben gehen - aber nicht steil. Von daher wird es einen verstärken Trend hin zum Kleinwagen geben.

Netzeitung: Jürgen Trittin hat für Autohersteller eine Selbstverpflichtung gefordert, den Kraftstoffverbrauch in den kommenden Jahren auf 5,5 Liter zu beschränken? Sehen Sie sich als japanischer Hersteller auch in der Pflicht?

Bergmann: Die Autoindustrie hat in den letzten Jahren einen Riesenfortschritt bei der Reduzierung des Verbrauchs gemacht. Wir arbeiten alle kontinuierlich an diesem Thema. Der Verbrauch wird nicht nur bei den neuen Modellen gesenkt, sondern bereits schon bei einigen Facelifts. Man kommt zudem dieser Forderung schneller entgegen, wenn die alten Autos nicht mehr benutzt werden.

Deutsche größte Sparer weltweit

Das Konzept-Auto Sassou Foto: Werk

Netzeitung: Dafür aber sind die neuen Autos noch zu teuer. Die Kaufkraft ist schwach. Ein Kleinwagen, der erst ab 15.000 Euro angeboten wird, schreckt die Kunden aber ab.

Bergmann: Der Markt gibt aber auch schon Kleinwagen ab 11.000 Euro her, zum Beispiel den Mazda 2. Klar gehen die Preise nach oben. Aber im Vergleich zu früher müssen die Menschen heute nicht so lange für einen Liter Benzin arbeiten wie vor 20 oder 30 Jahren. Die Kaufkraft ist auch noch da, nur sind die Kunden verunsichert. Und die Deutschen sind zur Zeit die größten Sparer in Europa oder fast weltweit. Nur die Japaner sparen vielleicht noch ein bisschen mehr als die Deutschen.

Netzeitung: Der Trend geht aber auch stark in Richtung Billigautos. Gibt es deshalb bei Mazda auch Überlegungen, in dieses Segment einzusteigen?

Bergmann: Wir bleiben beim Mazda 2. Eine mögliche Richtung wäre unser auf der IAA vorgestellte Konzeptauto «Sassou». Konkretere Pläne für kleinere Autos haben wir aber derzeit nicht.

Wasserstoffauto im kommenden Jahr

Der Mazda RX-8 Foto: press-inform

Netzeitung: Wie schaut es bei Mazda mit alternativen Antrieben aus? Auf der Internetseite steht lediglich die Brennstoffzelle zur Auswahl.

Bergmann: Brennstoffzelle und Hybridantrieb sind sehr eng verknüpft mit Ford, die an Mazda beteiligt sind. Von daher würde es keinen Sinn machen, eigene Entwicklungen anzustreben - auch von der Kostenseite her. Mazda wird im kommenden Jahr in Japan einen RX 8 in einer Kleinserie auflegen, der sowohl mit Wasserstoff als auch mit Ottokraftstoff angetrieben wird.

Netzeitung: Sehen Sie darin dann auch die Zukunft oder wird der schnell in Mode geratene Hybrid-Motor alle anderen Alternativen überdecken?

Bergmann: Ich halte Hybridantrieb für kleine Autos weniger praktikabel. Für die großen Fahrzeuge, gerade für SUVs, ist das ein interessanter und sinnvoller Ansatz. Bei den kleinen Autos wird es den Trend zu den aufgeladenen Benzinmotoren geben. Diesel wird für die größeren Autos wichtiger werden, obwohl man abwarten muss, welche Rahmenbedingungen die Politik in Zukunft vorgibt in Punkto Emission und den sich daraus ergebenen Anforderungen. In den nächsten vier, fünf Jahren wird es deshalb noch keinen radikalen Umbruch geben, aber es wird in die Richtung Hybrid, Brennstoffzelle, Wasserstoffmotoren gehen.

Netzeitung: Erdgas und Autogas haben keine Chance?

Bergmann: Doch auch. Wir werden in Zukunft einen stärkeren Mix haben als heute. Dass ist auch sinnvoll, um wegzukommen von der Abhängigkeit vom Erdöl. Jetzt leben wir noch in einer Entwicklungsphase. Irgendwann wird sich dann alles auf einen Antrieb konzentrieren. Wann das ist, kann man heute noch nicht sagen. In der Zwischenzeit gibt es halt die Auswahl.

Netzeitung: Mazda ist seit 1973 auf dem deutschen Markt vertreten. In der ADAC-Pannenstatistik liegt Mazda zumeist immer vorne, obwohl die Deutschen eigentlich lieber deutsche Autos fahren. Sehen Sie sich hier schon als deutsches Unternehmen?

Bergmann: Sie haben recht, unsere Autos und unser Service haben in Punkto Qualität Spitzenniveau. Das mögen natürlich gerade die deutschen Kunden. Wir sehen uns als deutsche Japaner. Wir haben Händler, die seit 25 oder 30 Jahren Mazda verkauft haben. Wir sind ein Teil von dem Markt und produzieren Autos, die in Deutschland gut ankommen.

Noch keine Konkurrenz aus China

Der Mazda 6 Foto: Press-Inform

Netzeitung: Hören Sie in Deutschland überhaupt noch Vorurteile gegenüber japanischen Autos?

Bergmann: In Einzelfällen höre ich das, aber nicht mehr so häufig, wie in der Vergangenheit. In den letzten vier Jahren hat sich der Marktanteil der japanischen Autohersteller in Deutschland vergrößert. Außerdem differenzieren sich die japanischen Marken heute viel stärker voneinander. Wir bei Mazda setzen auf sportliches Design, viel Fahrspaß und leichte Bedienung gepaart mit Spitzenqualität. Nicht zuletzt deshalb ist die Akzeptanz auf dem deutschen Markt für uns größer geworden.

Ich glaube aber nicht, dass die Dominanz der deutschen Hersteller gebrochen werden kann. Dass ist anders als in Amerikaner, wo die drei großen Firmen ihre Marktanteile kontinuierlich verloren haben.

Netzeitung: Dieses Jahr sind erstmals drei chinesische Anbieter auf der IAA. Sehen Sie dort eine Konkurrenz heranwachsen?

Bergmann: Bis jetzt noch nicht, aber die Gefahr besteht. Die Chinesen werden versuchen, ihre Marktposition aufzubauen und wir müssen uns dann positionieren. Wir müssen dann damit zurechtkommen wie in den letzten zwei bis drei Jahren mit den Koreanern. Der Kunde ist heute bereiter, auch andere Marken anzuschauen.

Netzeitung: Wie sieht denn umgekehrt ihr Marktanteil in China aus?

Bergmann: Wir haben im letzten Jahr 80.000 Autos dort umgesetzt - Tendenz steigend. Wie alle Hersteller profitieren wir von dem Boom, der allerdings schon etwas abgeflaut ist.

Netzeitung: Gibt es in China historische Vorbehalte gegenüber japanischen Modellen?

Bergmann: Das hätte ich gedacht. Aber unser Marktanteil liegt bei guten fünf Prozent.

Netzeitung: Wie schaut es in Europa aus?

Bergmann: In Europa haben wir in den letzten Jahren ein dynamisches Wachstum gezeigt. Wir liegen bei einem jährlichen Volumen von 275.000 bis 280.000 Autos. Vor vier Jahren lagen wir noch bei 150.000 Autos pro Jahr. Das ist insgesamt ein 40-prozentiges Wachstum in den letzten zwei bis drei Jahren.

Das Interview mit Michael Bergmann führte Thomas Flehmer

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