«In Deutschland ist das Glas immer halb leer»

Saab wird zukünftig seine komplette Modellreihe mit umweltverträglichen BioPower-Motoren anbieten. Im Interview mit Netzeitung.de spricht Deutschland-Chef Willi Fey über C02, die Modellpolitik und Forderungen an die Politik.

Der schwedische Autobauer Saab setzt in Deutschland auf eine Stabilisierung seiner Verkaufszahlen. «Wir werden dieses Jahr in etwa das gleiche Volumen verkaufen wie im zurückliegenden Jahr. Das ist das, was wir anstreben. Und das ist auch das, was realistisch ist», sagte der Geschäftsführer von Saab Deutschland, Willi Fey, im Interview mit Netzeitung.de.

Saab hatte im zurückliegenden Jahr in Deutschland 5277 Fahrzeuge abgesetzt. Zugleich kündigte Fey jedoch an, dass die zum GM-Konzern gehörende Marke mittelfristig auf Wachstum setze. Hierzu wolle man die Modellpalette in Zukunft ausbauen und auch in anderen Segmenten präsent sein.

«20.000 Kontakte generiert»

Netzeitung.de: Herr Fey, Saab hat in den letzten Monaten mit einem hohen Marketingaufwand auf sich aufmerksam gemacht. Hat sich das auch in den Verkaufszahlen niedergeschlagen?

Willi Fey: Die Kampagne des letzten Jahres lief unter dem Motto „Pilots wanted“. Sie hat natürlich darauf abgezielt, neue Kunden für die Marke zu gewinnen. Wir haben mit dieser Aktion auch 20.000 Kontakte generiert, darunter sind 1800, die wir als sogenannte „High Leads“ qualifizieren. Nun ist es bei einer Marke wie Saab aber so, dass nicht unbedingt und sofort daraus ein 1:1-Ergebnis resultiert. Der Saab-Käufer ist von seinem Meinungsbildungsprozess anders einzustufen als andere Kunden.

Netzeitung.de: Wieso das?

Fey: Er ist ein reflektierender Mensch, wir haben einen Akademikeranteil von über 75 Prozent. Es sind Menschen, die von ihrer soziodemographischen Orientierung anders sind. Es sind Kunden, die sich bei ihrer Entscheidung sehr viel Zeit nehmen. Was wir von den Kunden wissen ist aber, dass sie diese Aktion ausgesprochen gut fanden. Messbar ist der Erfolg jetzt schwerlich, aber vielleicht in einem halben Jahr.

Netzeitung.de: Mit den 1800 Leads sind Sie also durchaus zufrieden.

Fey: 1800 Leads für eine solche Kampagne sind ausgesprochen gut.

«Es gab nie einen Ausreißer»

Der Saab 9-3 SportCombi mit BioPower Foto: AG/Mertens

Netzeitung.de: Im zurückliegenden Jahr konnte Saab in Deutschland gerade einmal 5277 Fahrzeuge verkaufen. Das entspricht einem Minus von 5,9 Prozent zum Vorjahr. Wie schaut die Absatzerwartung für dieses Jahr aus?

Fey: Wir werden dieses Jahr in etwa das gleiche Volumen verkaufen wie im zurückliegenden Jahr. Das ist das, was wir anstreben. Und das ist auch das, was realistisch ist. Dieses Plus oder Minus von fünf Prozent ist übrigens typisch für Saab, es gab nie einen richtigen Ausreißer, egal in welche Richtung. Wir bewegen uns mit Saab in Deutschland und in Österreich, also die Märkte, für die ich verantwortlich bin, in Segmenten, in denen unsere deutschen Premiumhersteller dominierend sind. Deutschland ist die Heimat der Premiummarken. Ich bin niemand, der mit den Händlern Luftschlösser aufbaut, um dann daran zu scheitern.

Netzeitung.de: In Großbritannien werden rund 28.000 Einheiten verkauft, die Zahl in Deutschland nimmt sich dagegen doch recht mager aus...

Fey: ...es liegt daran, dass es in Großbritannien keine Premium-Heimatmarke gibt. Der Kunde in Großbritannien ist offener. In Deutschland basiert vieles auf gelerntem Verhalten. Viele der heutigen BMW-, Mercedes- oder Audi-Käufer sind schon während ihrer Kindheit mit diesen Marken gewachsen. Dann kommt Bekanntheit hinzu: Saab ist aufgrund seiner limitierten Mittel am unteren Ende der Bekanntheitsskala.

«Marktanteil nicht wichtig»

Netzeitung.de: Wie wichtig ist für Sie der Marktanteil, der in 2006 bei gerade einmal unter 0,2 Prozent lag?

Fey: Er ist nicht wichtig. Wir hatten im vergangenen Jahr mit weltweit rund 133.000 Autos die höchsten Verkaufszahlen unserer Firmengeschichte. Das ist toll. Wir haben uns nicht das Ziel gegeben, in diesem Jahr machen wir aus diesen 133.000 nun 140.000 verkaufte Fahrzeuge. Wir haben uns vielmehr das Ziel gesetzt, dieses Niveau zu stabilisieren. Mit dem Ausbau in anderen Segmenten und mit neuen Modellen wollen wir in der Zukunft wachsen.

«Steigerung des Bekanntheitsgrades»

Der Motor im 9-3 SportCombi Foto: AG/Mertens

Netzeitung.de: Sie stehen jetzt seit dem 1. Oktober an der Spitze von Saab Deutschland. Worin sehen Sie ihre Hauptaufgabe, in der Steigerung des Bekanntheitsgrades?

Fey: Ja, darin liegt meine Hauptaufgabe. Ich will die Marke Saab bekannter machen. Ich will einen Platz in den Köpfen unserer Zielgruppe finden, dass es eine Alternative zu den heimischen Premiumherstellern gibt. Wir wollen anders sein als unsere Mitbewerber. Wenn wir nicht anders sein wollten, dann hätte die Marke keine Berechtigung.

Netzeitung.de: Saab will sich als umweltbewusste Marke positionieren. Sie haben gerade bekannt gegeben, nach dem 9-5er- auch die 9-3er-Baureihe mit BioPower-Motoren anzubieten, also mit Aggregaten, die auch mit Bioethanol betankt werden können...

Fey:...ich weiß nicht, ob wir uns nur als umweltbewusste Marke positionieren wollen. Es gibt gewisse Dinge, die einfach notwendig sind, weil man sie erwartet. So würde ich von mir selbst erwarten, dass ich verantwortungsbewusst mit der Umwelt umgehe. Entsprechend ist es ein Muss, dass auch ein Automobilhersteller verantwortlich mit der Umwelt umgeht. Wir haben uns aufgrund unserer ursprünglichen Positionierung - wir sind skandinavisch, wir sind individuell, wir sind sportlich, wir legen Wert auf Design - für BioEthanol als Kraftstoff entschieden.

Netzeitung.de: Entsprechend können Sie sich über die Diskussion zur Reduktion des CO2-Ausstoßes also freuen?

Fey: Natürlich, aber darüber kann sich jeder freuen.

Netzeitung.de: Aber so ist es ja nicht, andere Hersteller im Premiumsegment klagen darüber.

Fey: Ich will nicht für die anderen Hersteller sprechen. Doch es ist ungerecht von der Politik, der Autoindustrie vorzuwerfen, sie würde die Selbstverpflichtung nicht einhalten...

«Brauchen klare Regelungen»

Das Saab 9-3 Cabrio Performance by Hirsch Foto: Werk

Netzeitung.de: ... alle Indizien deuten aber darauf hin, dass der versprochene Wert zur Reduzierung von CO2 auf 140 Gramm bis zum Jahr 2008 nicht eingehalten wird...

Fey: ...es wäre vielleicht auch nicht erfüllt worden, doch man weiß es nicht. Die Autoindustrie hat sich freiwillig das Ziel gegeben, in diese Richtung zu gehen und dafür Milliarden investiert. Der Kunde hat dies bislang jedoch noch nicht so honoriert, wie wir aus den Zulassungszahlen entnehmen können. Die Umweltverträglichkeit hat er bislang jedenfalls nicht in den Vordergrund seiner Kaufentscheidung gestellt. Jetzt zu behaupten, dass die Autoindustrie nichts gemacht hat, ist schlicht überzogen.

Netzeitung.de: Was halten Sie vom Vorschlag des Bundesverkehrsministers, zukünftig die Kfz-Steuer nach dem CO2-Ausstoß zu bemessen? Sollte es dazu kommen, käme das Saab ja nicht entgegen, weil man trotz der Verwendung von Bioethanol weit mehr als 200 Gramm ausstößt. Müsste es eine Sonderregelung geben, weil Bioethanol aus Biomasse gewonnen wird und dadurch eine je nach Sichtweise ausgeglichene CO2-Bilanz entstehen würde.

Fey: Wir brauchen klare Regelungen. So stellte sich die Frage, ob CO2 gleich CO2 ist? Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass wir uns als Autoindustrie jeder gesetzlichen Regelung stellen können, wenn es sie denn geben muss. Persönlich halte ich jedoch nichts von einer Überregulierung.

«Bio-Ethanol flächendeckend anbieten»

Saab BioPower E100 Foto: Mertens

Netzeitung.de: Welche Anreizsysteme müssten geschaffen werden, damit sich Bioethanol in Deutschland durchsetzt?

Fey: Das wichtigste wäre, dass sich die Mineralölindustrie dazu entscheidet, Bioethanol flächendeckend anzubieten. Ferner wäre eine Regulierung der verschiedenen Verordnungen für den Tankstellenbetrieb wichtig. Die Bundesregierung müsste zudem sagen, dass es mehrere gleichberechtigte Konzepte zur Reduzierung des CO2-Ausstoß gibt. Sie müsste sie auch gleichberechtigt fördern, damit würde sie auch der Kreativität Raum geben. Man würde damit auch fördern, dass sich die verschiedenen Konzepte durchsetzen könnten.

Netzeitung.de: Mal angenommen, der Steuervorteil für BioEthanol würde nach dem Jahr 2015 wegfallen. Würde das das Aus für Bioethanol in Deutschland bedeuten.

Fey: Nein, das glaube ich nicht. Wenn der Steuervorteil wegfiele, würden wir ähnlich besteuert wie der normale Kraftstoff. Wir wissen von den BioEthanol-Produzenten, dass das jetzige Preisniveau gehalten werden kann. Wenn sie jedoch eine höhere Produktionskapazität hätten, würden auch die Produktionskosten fallen und sie könnten günstiger sein.

Netzeitung.de: Derzeit sprechen wir von einem Mehrverbrauch von 15 bis 30 Prozent...

Fey: ...aufgrund des derzeitigen Entwicklungstandes weiß ich, dass wir das Thema der Verbrauchsnachteile mit E85 bis dahin erledigt haben werden. Die Bioethanol-Fahrzeuge der nächsten drei bis fünf Jahre werden genau das gleiche wie ein vergleichbares Benzinfahrzeug verbrauchen...

Netzeitung.de: Wenn Sie nach Schweden blicken, wo Bioethanol- beziehungsweise Flex-Fuel Fahrzeuge einen Boom erleben, sind Sie dann von der Strategie der Bundesregierung mit Blick auf die Biokraftstoffe enttäuscht?

Fey: Das ist einer der großen Unterschiede, die wir in der Politik der einzelnen Länder der EU erleben. Es gibt visionäre Regierungen und es gibt welche, die alles zu Tode diskutieren. In Deutschland ist das Glas halt immer halb leer und nicht halb voll.

Netzeitung.de: Wie lange muss man noch auf einen Hybriden mit Bioethanol warten?

Fey: Es gibt hier eine Roadmap: Sie besagt, dass wir an der Entwicklung arbeiten. Doch es gibt noch keinen Fixpunkt zur Einführung.

«Neue Segmente erschließen»

Testdrive mit einem Saab 9-3 Foto: AN24/Mertens

Netzeitung.de: Was sagen Sie Kritikern, die Bioethanol für den falschen Weg halten, weil der Anbau zu Monokulturen führt?

Fey: Wir verfügen in Deutschland über gut ausgebildete Landwirte, die definitiv nicht in eine Monokultur gehen. Aus anderen Ländern wissen wir, dass auch dort viel gelernt wurde und die Effizienz aus den bestehenden Flächen gesteigert wurde.

Netzeitung.de: Saab verfügt nur über den 9-5er und den 9-3er in unterschiedlichen Karosserievarianten. Reicht das für die Zukunft aus?

Fey: Es ist ganz klar, dass man mit einer größeren Modellpalette Vorteile hat. Doch wenn man es richtig macht, hat es auch seine Vorteile, nur über eine kleine Modellreihe zu verfügen. Doch wir wollen nicht bei diesen Modellen bleiben. Wir denken sehr stark über einen Einstieg der Marke in Segmente nach, in denen wir bisher nicht vertreten sind.

Netzeitung.de: Wann soll es solche Modelle geben?

Fey: Wenn wir über Modelle in bisher nicht besetzten Segmenten reden, dann sprechen wir über drei bis fünf Jahre. Wir diskutieren sehr stark über andere Konzepte. Einen Einser BMW zu machen, das ist nicht Saab.

Das Interview mit Willi Fey führte Frank Mertens

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