Ford-Chef Mattes: Erwarte von künftiger Regierung eine Belebung der Konjunktur

Eine neue Bundesregierung muss für Bernhard Mattes für Wachstum sorgen. Dabei gehe es nicht nur um Steuerreformen, sondern um die Belebung von innovativen Feldern, die neu besetzt oder gestärkt werden müssen, sagte der Ford-Chef der Netzeitung.

Bernhard Mattes fordert von einer künftigen Regierung Impulse für eine Belebung der Konjunktur. «Wir brauchen in Deutschland einfach Wachstum, damit wir die dringenden Probleme des Landes, insbesondere die Arbeitslosigkeit, bewältigen können», sagte der Ford-Chef im Interview mit der Netzeitung.

«Es geht nicht nur um Steuerreformen, nicht nur um den Abbau von Bürokratie, sondern es geht auch um die Belebung von innovativen Feldern, die neu besetzt oder gestärkt werden müssen», sagte der Auto-Manager.

«Wir brauchen einfach Wachstum»

Netzeitung: Herr Mattes, Bundeskanzler Schröder wird am Freitag die Vertrauensfrage stellen. Bleibt es bei den bisherigen Planungen, wird es am 18. September Neuwahlen geben. Wird ein Machtwechsel aus Ihrer Sicht zu einer wirtschaftlichen Belebung in Deutschland führen?

Bernhard Mattes: Ich erwarte von einer künftigen Regierung, gleich welche Partei sie stellt, Impulse für eine Belebung der Konjunktur. Sei es nun im Bereich des Arbeitsmarktes, beim Abbau der Subventionen und bei der Entbürokratisierung von für uns wichtigen Prozessen. Wir brauchen in Deutschland einfach Wachstum, damit wir die dringenden Probleme des Landes, insbesondere die Arbeitslosigkeit, bewältigen können.

Netzeitung: Welche Initiativen sind für Sie denn konkret nötig, damit es in Deutschland mehr Wachstum gibt?

Mattes: Es geht nicht nur um Steuerreformen, nicht nur um den Abbau von Bürokratie, sondern es geht auch um die Belebung von innovativen Feldern, die neu besetzt oder gestärkt werden müssen. Die Automobilindustrie ist dafür ein hervorragendes Beispiel: Schauen Sie sich nur die Vielzahl von Innovationen an, die gerade von den Autoherstellern auf den Weg gebracht wurden und die zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen nachhaltig beigetragen haben. Und diese Chance besteht auch für die Zukunft. Dafür ist es aber wichtig, dass seitens der Politik mit Blick auf Richtlinien aus Brüssel, aber auch aus Deutschland, keine Überregulierung stattfindet.

«Kunden muss Sicherheit gegeben werden»

Netzeitung: Die CDU/CSU schließt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht aus. Würde ein solcher Schritt nicht dazu führen, dass sich die Menschen noch mehr als bisher einen Autokauf überlegen?

Mattes: Hierzu gibt es zwei Meinungen, die ich aber nicht kommentieren möchte. Schließlich bestimmen wir als Wirtschaftsunternehmen nicht die Rahmenbedingungen, sondern müssen uns in dem gesetzten Umfeld bewegen. Natürlich wirken sich Steuererhöhungen auf den Verbrauch aus, doch wenn es auf der anderen Seite Klarheit für die Verbraucher gibt, wofür sie ihr Geld auszugeben haben - beispielsweise bei der Gesundheitsfürsorge, bei der Rente - dann kann ich mir vorstellen, dass sich die Unsicherheit auflöst. Und diese Verunsicherung ist derzeit so groß, dass unseren Kunden unbedingt wieder Sicherheit gegeben werden muss.

Netzeitung: Die Mehreinnahmen einer Mehrwertsteuer-Erhöhung sollen zur Senkung der Lohnnebenkosten verwandt werden. Würde dies ein Unternehmen im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähiger machen?

Mattes: Natürlich, weil wir durch eine Senkung der Arbeits- und Lohnnebenkosten am Standort Deutschland, an dem wir ein hohes Maß an Wertschöpfung betreiben, wettbewerbsfähiger produzieren und entwickeln könnten. Und darum geht es schließlich. Man braucht als Automobilhersteller im globalen Wettbewerb eine konkurrenzfähige Kostenbasis. Wenn man wie Ford in Deutschland produziert und entwickelt, ist dies ein entscheidendes Kriterium.

«Kostenbasis konsequent verbessern»

Netzeitung: Mit der derzeitigen Kostensituation ist man nicht konkurrenzfähig?

Mattes: Wir haben in Europa als Unternehmen bislang schon bewiesen, dass wir einen Turn-Around in einem wettbewerbsintensiven Umfeld schaffen können. Doch wenn man sich die Anstrengungen der Wettbewerber anschaut, dann müssen wir unsere Kostenbasis weiter konsequent verbessern.

Netzeitung: Bedeutet das für Sie, dass es eine Aufweichung der Flächentarifverträge geben muss?

Mattes: Das ist aus meiner Sicht nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist, dass man einen vernünftigen Rahmen setzt. Auf der anderen Seite muss jedoch die Möglichkeit zu flexiblen, betrieblichen Vereinbarungen bestehen. So haben wir in der Vergangenheit bereits viele Betriebsvereinbarungen mit Blick auf die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen getroffen. Wenn hier für die Zukunft weitere Optionen geschaffen werden, dann ist das sehr hilfreich.

Netzeitung: Porsche hat seinen Beschäftigten gerade eine Arbeitsplatzgarantie bis 2010 gegeben. Wie lange sind denn die Arbeitsplätze der über 25.000 Beschäftigen in den Ford-Standorten Köln und Saarlouis sicher?

Mattes: Wir haben solche Garantien in der Vergangenheit auch schon gegeben. Derzeit läuft eine Betriebsvereinbarung, die Anfang 2004 geschlossen wurde, in der unsere Beschäftigten auf übertarifliche Teile des Weihnachtsgeldes und Lohnerhöhungen verzichtet haben und im Gegenzug betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2005 ausgeschlossen sind.

«Von Monat zu Monat gesteigert»

Netzeitung: Sie hatten im zurückliegenden Jahr einen Marktanteil von rund 7,5 Prozent. In diesem Jahr wollten Sie eine Steigerung von rund 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte erzielen. Bleibt diese Aussage nach dem Vorliegen der Halbjahreszahlen bestehen?

Mattes: Wir sind langsam in das Jahr gestartet. Wir haben uns aber von Monat zu Monat gesteigert: So waren der März, April aber auch der Mai sehr erfreulich. Dabei ist nicht nur der neue Ford Focus mit allen seinen Varianten äußerst erfolgreich gelaufen, sondern auch der Ford Fiesta und Ford Fusion.

Zudem bringen wir gerade den neuen Ford Mondeo auf den Markt. Deshalb sehe ich für das zweite Halbjahr gute Absatzchancen, da wir von unserem Produktportfolio gut aufgestellt sind. Wir wollen weiter wachsen. Wenn sich der Markt zunehmend belebt - und er hat sich in den zurückliegenden Wochen belebt - wollen wir an diesem Wachstum teilhaben und das ein oder andere Zehntel zulegen.

Netzeitung: Sie sprechen den schwachen Start an: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hatte Ford im ersten Quartal einen Absatzschwund von 4,8 Prozent zu verzeichnen. Wie erklären Sie sich diesen Rückgang, nur mit der schwachen Konjunktur?

Mattes: Wir spürten gerade in unseren Segmenten im letzten Quartal des zurückliegenden Jahres eine ausgeprägte Kaufzurückhaltung der privaten Haushalte. Deshalb setzen wir auf einen gesunden Mix der verschiedenen Vertriebskanäle und Abnehmergruppen. Das ist auch der Grund dafür, weshalb wir uns im ersten und zweiten Quartal bemüht haben, neben dem Flottenkundengeschäft und den Autovermietern wieder stärker im Privatkundengeschäft Fuß zu fassen. Das trägt Früchte. Diese Strategie wollen wir fortsetzen, ohne die anderen Segmente zu vernachlässigen.

Netzeitung: Liegt dieses Zuwachs nicht auch daran, dass Ford enorm hohe Rabatte gewährt, die sich für den Galaxy oder den C-Max zwischen 6000 beziehungsweise 5000 Euro belaufen?

Mattes: Ford bietet in den verschiedenen Modellreihen sehr gut ausgestattete Sondermodelle zu günstigen Preisen an, die von den Kunden hervorragend angenommen werden. In einem solch angespannten Marktumfeld, in dem sich die Autoindustrie derzeit befindet, schaut die Kundschaft natürlich noch stärker als früher auf das Preis-Leistungsverhältnis sowie ein ansprechendes Gesamtpaket.

«Im Vordergrund steht Qualität»

Netzeitung: Autos lassen sich also nur noch über saftige Rabatte verkaufen?

Mattes: Nein, überhaupt nicht. Im Vordergrund steht weiterhin die Qualität und die Anmutung des Autos.

Netzeitung: Zum Jahreswechsel hatte Ford bei Autos mit viel Sonderausstattung mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Wie stellt sich diese Situation sechs Monate später da?

Mattes: Jeder Kunde bekommt bei Ford so zeitnah wie möglich ein Auto seiner Wahl.

Netzeitung: Und wie schaut es bei Diesel-Pkw mit Partikelfilter aus? Drei Monate muss man auf ein solches Auto derzeit schon warten?

Mattes: Auf Grund der großen Nachfrage nach Dieselpartikelfiltern muss die Verfügbarkeit verbessert werden. Davon ist aber die gesamte Automobilindustrie betroffen.

Netzeitung: Erst brachte Renault mit dem Dacia Logan ein so genanntes Billigauto heraus, dann zogen sie mit dem Ford Ka Student für 7990 Euro nach. Wie verkauft sich das Auto denn?

Mattes: Sehr gut, bisher haben wir vom Ford Ka Student, mit dem wir als erster Anbieter auf dem deutschen Markt waren, über 1000 Einheiten verkauft. Damit sind wir sehr zufrieden.

Das Interview mit Bernhard Mattes führte Frank Mertens

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