«Entscheidend ist doch, was hinten rauskommt»

Interview Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer

«Entscheidend ist doch, was hinten rauskommt»
Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer © Foto: Audi

Audi hat in dieser Woche sein neues Flaggschiff vorgestellt. Im Interview mit der Autogazette spricht Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer über den neuen A8, Absatzziele und Kritik an der Innovationskraft der Ingolstädter.

Der Ingolstädter Autobauer Audi hat in dieser Woche in Miami sein Oberklassemodell A8 vorgestellt. Das Flaggschiff des Unternehmens wird zum Marktstart im kommenden Jahr allerdings nicht mit einem Hybridantrieb angeboten. «Mich erstaunt, weshalb einige meinen, dass der Hybrid die einzige technische Lösung für mehr Effizienz sein soll. Entscheidend ist doch, was hinten rauskommt», sagte Audi-Vertriebsvorstand Peter Schwarzenbauer im Interview mit der Autogazette.

«Abgestimmtes Vorgehen mit VW»

Autogazette: Herr Schwarzenbauer, warum verschläft Audi zunehmend wichtige Innovationen?

Peter Schwarzenbauer: Das ist keineswegs der Fall. Wenn Sie auf das Thema Hybrid abzielen, dann gibt es hier ein abgestimmtes Vorgehen im VW-Konzern wie mit der Hybridisierung umzugehen ist. Audi strebt die beste technische Lösung aus Kundensicht an und nicht die schnellste. Darunter verstehen wir den Full Hybrid, mit dem man auch rein elektrisch fahren kann. Mich erstaunt, weshalb einige meinen, dass der Hybrid die einzige technische Lösung für mehr Effizienz sein soll. Entscheidend ist doch, was hinten rauskommt. Wenn Sie sich den CO2-Ausstoß unserer TDI-Modelle anschauen, dann ist der zum Teil deutlich besser als der mancher Hybriden. Deshalb wollen wir mit unserem Hybriden einen deutlichen Schritt nach vorne machen und nicht nur ein Schrittchen.

Autogazette: Sie haben gerade den neuen A8 vorgestellt. Eine Hybridversion kommt jedoch erst 2011 auf den Markt. Innovationskraft sieht anders aus.

Schwarzenbauer: Dieses Datum will ich nicht kommentieren. Audi wird in Kürze etwas dazu vorstellen. Nur um Ihnen schon einmal anzudeuten, wo für uns die Messlatte liegt: Wir bieten demnächst im A8 einen Sechszylinder-Turbodiesel mit Frontantrieb an, der nur 159 Gramm CO2 emittiert. Das muss man uns erst einmal nachmachen. Das ist ein Verbrauch von gerade einmal sechs Litern.

«Auf diesen Wert kommt kein Hybrid»

Der neue Audi A8 Foto: Audi

Autogazette: Audi setzt zur Verbrauchsreduktion auf innermotorische Maßnahmen. Müssen aber nicht auch Sie erkennen, dass das mittelfristig nicht reicht, weil der Kunde alternative Antrieben wünscht?

Schwarzenbauer: Nochmals: Unser A8 verbraucht sechs Liter. Auf seinen Verbrauchs- und CO2-Wert kommt kein Hybrid.

Autogazette: Audis Werbeslogan ist «Vorsprung durch Technik». Wird diesem Anspruch derzeit nicht eher die Konkurrenz von Mercedes mit der S-Klasse und BMW mit dem 7er gerecht, die beide als Hybridversion bestellt werden können?

Schwarzenbauer: Keineswegs. Der Kunde ist hier längst einen Schritt weiter. Er erkennt, dass er mit einem Audi effizient fahren kann. So haben wir je nach Modell und Motor den Verbrauch zwischen 13 und 22 Prozent gesenkt. Das ist eine technologische Revolution.

Autogazette: Macht es Sie nicht nachdenklich, dass man offensichtlich auch in Wolfsburg mit der Innovationskraft von Audi nicht zufrieden ist?

Schwarzenbauer: Wir haben einen klaren Fahrplan, der mit dem Konzern abgestimmt ist. Wie gesagt: uns geht es um die beste technische Lösung aus Kundensicht und nicht um die schnellste. Und unsere Wettbewerber sitzen in München und Stuttgart. Darauf konzentrieren wir uns.

«Sind weiter, als manche glauben»

Der Audi A1 Foto: Audi

Autogazette: Neben den fehlenden Hybridvarianten ist einer der Kritikpunkte ein Nachfolger für den A2. Wann ist mit ihm zu rechnen?

Schwarzenbauer: Auf unsere Organisation kommt auch im kommenden Jahr eine Menge Arbeit zu. Wir befinden uns in der größten Modelloffensive unserer Geschichte. So führen wir 2010 den A8 ein, der für den Vertrieb eine riesige Herausforderung darstellt. Dann kommt kurz danach der A1, dann der A7. Ein solches Produktfeuerwerk muss man erst einmal stemmen. Doch das heißt nicht, dass wir nicht an einem A2 dran sind.

Autogazette: Wann kommt er denn?

Schwarzenbauer: Soviel kann ich kann Ihnen sagen: Wir sind da deutlich weiter, als manche glauben.

Autogazette: Sie liegen derzeit mit dem A8 in der Oberklasse hinter Mercedes und BMW bei den Zulassungen nur auf Platz drei. Weshalb sollte sich der Kunde für den A8 entscheiden, der weder einen Hybriden noch ein Start-Stopp-System hat?

Schwarzenbauer: Im Topsegment kommt es nicht nur allein auf das Produkt an, sondern auch auf den Markenwert. Wenn Sie sich die verschiedenen Modelle des A8 vom D2 über den D3 bis zum aktuellen D4 anschauen, haben wir nicht nur das Produkt kontinuierlich aufgewertet, sondern auch das Markenimage. Diese Kombination wird uns helfen, ordentliche Volumensprünge zu machen.

Autogazette: Was sind ordentliche Volumensprünge?

Schwarzenbauer: Ich hoffe, Sie werden verstehen, dass ich hierzu angesichts des schwierigen Marktumfeldes und mit Blick auf den Wettbewerb keine konkrete Zahlenangabe machen werde. Doch wir haben ein riesiges Potenzial in den USA, Russland, Indien und China. Wir werden in zwei, drei Jahren mehr A8 in China verkaufen, als sonst in der Welt.

«Sie müssen beides tun»

Der Audi e-tron Foto: AG/Mertens

Autogazette: Auf der IAA haben Sie das Concept Car e-tron vorgestellt, ein Sportwagen mit E-Antrieb. Damit setzen Sie auch bei der Elektromobilität weiter auf eine Top-Down-Strategie. Doch muss man nicht Autos für die breite Masse anbieten?

Schwarzenbauer: Sie müssen als Premiumhersteller beides tun, da die Ausgangslage komplexer geworden ist. Mit dem e-tron wollten wir zeigen, was an Leistung und Designsprache möglich ist. Elektromobilität muss nicht langweilig sein. Doch es wird 2014/2015 werden, ehe man ein Volumenprodukt auf den Markt bringen kann.

Autogazette: Vom e-tron soll 2012/2013 eine erste Testflotte auf die Straßen rollen. Ist Ihnen die Konkurrenz bis dahin nicht schon enteilt?

Schwarzenbauer: Die Frage ist, welche Erkenntnisse sie aus einer Testflotte für die Entwicklung der E-Mobilität ziehen. Wir sind bei der E-Mobilität deutlich weiter, als wir das kommunizieren.

«Hype um Elektromobilität»

Autogazette: Warum sind Sie so zurückhaltend?

Schwarzenbauer: Weil wir uns nicht an dem Hype zur Elektromobilität beteiligen wollen. Auf Jahrzehnte hin bleibt der Verbrennungsmotor der wichtigste Antrieb. Nach der IAA hatte man den Eindruck, dass wir am nächsten Tag alle elektrisch nach Hause fahren. Selbst seriöse Umfragen sagen, dass es bis 2030 dauern wird, bevor ein Drittel aller Fahrzeuge elektrisch fahren könnte.

Autogazette: Ist die Politik seriös genug, wenn man sagt, dass bis 2020 eine Millionen E-Fahrzeuge in Deutschland fahren sollen?

Schwarzenbauer: Das hängt davon ab, wie stark die neue Technologie gefördert wird. Der Verbraucher ist nicht bereit, einen deutlichen Aufschlag für Elektroautos zu bezahlen. Wer eine Million E-Fahrzeuge bewegen will, der braucht dazu das A/O-Segment. Wir reden über ein Segment, in dem die Kunden für ein Auto nicht 10.000 bis 15.000 Euro zusätzlich zum Fahrzeugpreis ausgeben werden, nur um dann elektrisch zu fahren. Wer bezahlt es denn?

«Anreiyszstem reicht nicht»

Autogazette: Reicht ein Anreizsystem seitens der Politik in Höhe von 5000 Euro aus?

Schwarzenbauer: Nein, aus heutiger Sicht nicht. Eine Batterie kostet deutlich mehr.

Autogazette: Ursprünglich wollten Sie in diesem Krisenahr 900.000 Autos verkaufen, dann haben Sie die Prognose auf 925.000 erhöht. Bleibt es dabei oder werden es doch noch mehr?

Schwarzenbauer: Wir haben die ersten Novemberhochrechnungen vorliegen, danach sieht es sehr gut aus. Ein paar Autos mehr werden wir noch drauflegen können.

Autogazette: 2008 hatten Sie erstmals über eine Million Autos verkauft, werden Sie diese Zahl schon wieder 2010 erreichen?

Schwarzenbauer: Das wäre aus der immer noch bestehenden Unsicherheit heraus keine seriöse Prognose. Die Prognosen für den Gesamtmarkt besagen ja, dass wir noch zwei bis drei Jahre benötigen, um auf das Niveau von 2007 bzw. 2008 zu kommen.

Autogazette: Hat denn nicht der A1 das Potenzial dazu, Audi schon im nächsten Jahr wieder auf dieses Niveau zu bringen?

Schwarzenbauer: Wir gehen natürlich von Wachstum im kommenden Jahr aus, doch er kommt erst Mitte 2010 auf den Markt. Entsprechend wird er nur über einen Teil des Jahres auf das Absatzvolumen wirksam.

«Audi wird erfolgreichster Hersteller»

Das Audi Sportback Concept Foto: AG/Mertens

Autogazette: Bleibt es bei der Zielsetzung, in diesem Jahr der erfolgreichste Premiumhersteller in Europa zu werden?

Schwarzenbauer: Ich habe da nichts zurückzunehmen, es bleibt dabei: Audi wird 2009 erfolgreichster Hersteller in Europa sein.

Autogazette: Der US-Markt ist das Sorgenkind von Audi. Wie soll es gelingen, dort Boden gut zu machen?

Schwarzenbauer: Ich würde den US-Markt nicht als Sorgenkind betrachten. Wir sind dort besser unterwegs als andere und bauen unsere Marktanteile aus. Wir haben deshalb auch den neuen A8 im Rahmen der größten Kunstmesse der Welt, der Art Basel Miami Beach vorgestellt, die in diesen Tagen stattfindet. Kunst und Design wachsen immer stärker zusammen, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass hier in Miami auch eine der größten Designmessen stattfindet.

Das Interview mit Peter Schwarzenbauer führte Frank Mertens

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