Hyundai i10: Ausgewiesener Stadtfloh

Praxistest in Düsseldorf

Der Hyundai i10 passt einfach in den urbanen Alltagsverkehr. Doch sollten mit dem Kleinwagen die Stadtgrenzen nicht unbedingt passiert werden.

Von Benjamin Palm

Die Fahrt in die Großstadt ist für viele Autofahrer eine Qual: Lange Blechlawinen schleppen sich zu den Stoßzeiten in die City, große Parklücken sind Mangelware. Wohl dem, der einen Stadtfloh wie den Hyundai i10 fährt. Mit kompakten Abmessungen nennt der zu Preisen ab 10.290 Euro erhältliche Koreaner die Stadt sein zu Hause. Zu Recht? Ein Praxistest in Düsseldorf.

Genügend Platz im Innenraum

An der Alltagstauglichkeit des kleinen Koreaners im Großstadtdschungel besteht zumindest optisch kein Zweifel: Klein, fast schon quadratisch mit kurzen Überhängen und einem hinter der Rückbank steil abfallenden Heck scheint keine Parklücke zu klein für den i10 zu sein. Trotzdem bietet der Fünftürer im mit viel Kunststoff gestalteten Innenraum genügend Platz. Selbst großgewachsene Menschen um die 1,85 Meter Körperlänge haben auf dem weichen Fahrersitz ausreichend Bewegungsfreiheit, am Dachhimmel stößt man sich nicht den Kopf.

In die zweite Reihe setzt sich am besten der Nachwuchs mit den (noch) kurzen Beinen. Der Mittelplatz auf der Rückbank sollte in der Regel allerdings frei bleiben, um Engegefühle zu vermeiden. Schulranzen und Business-Koffer landen im Gepäckraum, der für diese Gepäckstück-Formate wie gemacht scheint.

Stottern bei zu frühem Hochschalten

Patenter Innenraum des Hyundai i10 Hyundai

Sobald Kind und Kegel an Bord sind, kann die morgendliche Fahrt losgehen. Erst Schule, dann Arbeitsplatz liegen auf der Wegstrecke, was bedeutet, dass die Route einmal quer durch die Stadt führt. Der Fahrer dreht den Zündschlüssel und schon erwacht der 1,1-Liter-Basisbenziner zum Leben. Ohne Hektik bringt der Vierzylinder den Koreaner auf Touren, was vom Steuermann Geduld abverlangt. Drängelt er und schaltet über das gut arbeitende Fünfgang-Handgetriebe zu früh hoch, wird der Ottomotor bockig und stottert. Ein Kavaliersstart ist ohnehin unangebracht: Bereits an der nächsten Ecke wartet schon die sich langsam dahinschleppende Verkehrsschlange gen Innenstadt. Es wird sich eingeordnet und der Stop-and-Go-Verkehr treibt einen gemächlich voran. Der Blick auf den runden Analog-Tacho zeigt mal Tempo 50 und mal nur Schrittgeschwindigkeiten deutlich unter 20 km/h.

Da die Zeit drängt, biegt der Fahrer unter dem deutlichen Klacken des Blinkers in die Nebenstraße ein. Hier ist der Verkehr bedeutend ruhiger und es geht zügiger voran. Der Kleinstwagen hält sicher die Spur. Bodenwellen sind zwar im Innern noch spürbar, werden für die Fahrzeuggröße aber überraschend gut weggefedert. Vor der Lehranstalt herrscht die betriebsame Hektik eines neuen Schultages. Rechts herangefahren, Motor aus. Nicht nur Kindern fällt es leicht, durch die weit öffnenden Türen auszusteigen. Die leichtgängige Kofferraumklappe können sie selbstständig öffnen, um ihre Schulranzen zu entnehmen. Ein kurzer Abschiedsgruß und schon kann die Fahrt weitergehen.

4,7 Liter auf 100 Kilometern

Tempo 156 km/h erreicht der Hyundai i10 nur mit Mühe Hyundai

Die rasch aufleuchtende Reservelampe deutet allerdings die nächste Verzögerung an: einen Tankstellenbesuch. Bei einem genormten Durchschnittsverbrauch von 4,7 Litern Super sind diese selten, auch wenn der Ottomotor sich in der Praxis mit nicht weniger als sechs Litern zufrieden gibt. Wegen der derzeit hohen Kraftstoffpreise muss der Fahrer auch hier tief in den Geldbeutel greifen, der Tank fasst schließlich bis zu 35 Liter. Ein erfreuliches Gegenstück ist da die niedrige Kfz-Steuer von nur 22 Euro pro Jahr. Nach dem unfreiwilligen Zwischenstopp wird die Zeit knapp.

Um noch pünktlich zur Arbeit zu kommen, führt die weitere Strecke auf die Stadtautobahn. Hier schlägt sich der kleine Koreaner tapfer, auch wenn man merkt, dass er dort nicht zu Hause ist. Nach gut 15 Sekunden wird Tempo 100 erreicht, was eigentlich eine akzeptable Reisegeschwindigkeit ist. Doch heute herrscht Zeitdruck: Der Fahrer drückt weiter das Gaspedal durch, in der Spitze sind 156 km/h drin. Dies setzt dem Kleinstwagen deutlich zu, der Vierzylinder unter der Motorhaube klingt angestrengt. Bis zur nächsten Autobahnausfahrt ist dies jedoch ausnahmsweise mal erträglich. Dort heißt es wieder einmal Tempo raus. Nicht wegen des Verkehrs, sondern für die eigene Sicherheit: In der kurvigen Abfahrt drückt der Hyundai deutlich über die Achse, die schwammige Lenkung erfordert Nachfassen. Deshalb gilt: Besser langsam als zu schnell.

Gute Übersicht

Für einen Kleinwagen wie den Hyundai i10 ein geräumiger Kofferraum Hyundai

Und dann ist es auch schon geschafft. Die Arbeitsstätte ist erreicht, doch die Kollegen waren wieder einmal schneller. Nur eine kleine Parklücke bleibt. Zum Abschluss steht somit die Königsdisziplin im Stadtverkehr an: das Einparken. Dank der kompakten Abmessungen und einer guten Übersicht gelingt dies jedoch recht gut, mit wenigen Zügen und ein wenig Lenkrad-Akrobatik steht der Koreaner in der Lücke. Einparkhilfen werden nicht gebraucht.

Der Hyundai i10 kann sich zurecht Stadtfloh nennen. Ein günstiger Einstiegspreis, alltagstaugliche Abmessungen und ein für die Stadt gemachtes Fahrverhalten zeigen deutlich, wo der Kleinstwagen zu Hause ist. Und ein "echter" Städter braucht gar nicht mehr. (mid)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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