40 Jahre Honda Civic: Bürgerlicher Rebell

Maßstäbe zwei Jahre vor VW Golf

40 Jahre Honda Civic: Bürgerlicher Rebell
Ein Honda Civic der ersten Generation © Honda

Ein aufregendes Design trägt der Honda Civic in der Gegenwart. Doch auch zur Geburtsstunde sorgte der kompakte Japaners für damalige Verhältnisse für Aufsehen.

Von Wolfram Nickel

Aus deutscher Perspektive gilt heute der VW Golf als Ur-Meter der Kompaktklasse. Doch der Honda Civic setzte schon zwei Jahre früher als der Wolfsburger auf Frontantrieb und große Heckklappe und wurde schnell zum Bestseller. Eine Position, die der kompakte Honda mit insgesamt über 17 Millionen produzierten Einheiten bis heute verteidigt und mit der gerade lancierten neunten Generation ausbauen will.

Honda Civic erobert Nordamerika

Mit dem Civic distanzierte sich Honda Anfang der 70er-Jahre vom Konzept der klassischen kleinen Stufenhecklimousine mit traditionellem Hinterradantrieb, einem Layout, das damals nicht nur in Nippon, sondern auch in den USA und bei vielen europäischen Marken dominierte. So wurde der Honda Civic zum bürgerlichen Rebell, der global für Schlagzeilen sorgte. Ihm gelang dann auch, woran der zwei Jahre später vorgestellte Golf zunächst scheiterte: Er eroberte im Handstreich den nordamerikanischen Markt.

Möglich machten dies das sportliche Markenimage, vor allem aber der sparsame und schadstoffarme CVCC-Magergemischmotor, der bis 1983 sogar ohne Katalysator die strengen US-Abgasnormen erfüllte - und eine in dieser Klasse ungewöhnliche optionale Getriebeautomatik. Etwas langsamer erfolgte der Durchbruch in Deutschland und Europa, wo der Absatz des sparsamen Civic nicht einmal durch die erste Ölkrise und gute Testergebnisse in Fachzeitschriften beflügelt wurde. Erst die Einführung einer ganzen Modellfamilie mit insgesamt vier Karosserievarianten und eine serienmäßige Komplettausstattung – als erster Kompakter wurde der Civic ohne Aufpreis mit Audioanlage ausgeliefert – ließ die Verkaufszahlen rapide ansteigen. Bereits 1976 erreichte seine Produktion die Millionengrenze.

Vom "Super Civic" zum "Sport Civic"

Bis zum ersten Modellwechsel konnte sich Honda deshalb sieben Jahre Zeit lassen. 1979 kam dann der sogenannte "Super-Civic" mit geglätteter Form und größerem Format. Vier Jahre später folgte bereits die dritte Generation mit dem damals außergewöhnlich innovativen 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner mit Drei-Ventil-Technik, die in der 74 kW/100 PS starken Spitzenversion das vollkommen neue Sportcoupé CRX knapp 200 km/h schnell machen.

Das 1990 eingeführte 110 kW/150 PS starke 1,6-Liter-Vtec-Triebwerk setzte erstmals auf die Technik der variablen Ventilsteuerung. Noch mehr Kraft unter der Haube hatte die fünfte Generation, die als "Sports Civic" beworben wurde. Neue Vtec-Motoren setzten bis zu 118 kW/160 PS frei. Auf ganz andere Art sorgte der "Vtec-Economy"-Motor im Dreitürer für Aufsehen: 4,97 Liter auf 100 Kilometer genügten dem Benziner 1994 zum Sieg bei der Verbrauchsrekordfahrt "Eco Tour of Europe".

Futuristisches Aussehen des aktuellen Honda Civic

Die aktuelle Version des Honda Civic Honda

Besonderes Aufsehen erregte der 2001 eingeführte siebte Civic in der Hybridversion IMA. Mit ihm erhielt der Toyota Prius seinen ersten Rivalen. Allerdings war der Civic IMA nur als Stufenhecklimousine lieferbar, was ihn in Deutschland zum Nebendarsteller degradierte. Größerer Beliebtheit erfreute sich dafür hierzulande der 2002 eingeführte erste Civic Diesel.

Formal wirkte der Civic nun allerdings eher bieder und betagt. Futuristisch wie ein Raumschiff gab sich deshalb die achte Generation des japanischen Erfolgsmodells, die 2005 auf dem traditionellen Premierenpodium der Frankfurter IAA enthüllt wurde. Abgesehen von seiner spektakulären Optik und einem neuen Selbstzünder ließ er es jedoch an außergewöhnlichen Neuerungen fehlen. Genau diese Mischung zwischen technischer Bürgerlichkeit und rebellischem Design genügte aber, um die beim Vorgänger abgeflachte Erfolgskurve wieder nach oben zu führen. Ein Ziel, das jetzt auch die Nummer neun der japanischen Kompaktklasse verfolgt. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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