BGH: Radfahrerin erhält vollen Schadensersatz

Fehlender Helm

BGH: Radfahrerin erhält vollen Schadensersatz
Der Helm schützt Radfahrer, doch eine Helmpflicht gibt es nicht. © dpa

Nach einem unverschuldeten Unfall steht nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs einer Radfahrerin voller Schadensersatz zu. Die BGH-Richter verneinten eine Mitschuld, obwohl die Frau keinen Helm trug.

Radfahrer haben bei unverschuldeten Unfällen auch dann einen vollen Anspruch auf Schadenersatz, wenn sie ohne Helm unterwegs waren. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag entschieden. Die Richter gaben einer Radfahrerin aus Schleswig-Holstein recht, die 2011 auf dem Weg zur Arbeit schwer am Kopf verletzt worden war. Eine Autofahrerin hatte am Straßenrand geparkt und vor der sich nähernden Radfahrerin die Tür geöffnet. Von der Autofahrerin und deren Versicherung verlangt die verunglückte Radfahrerin Schadenersatz.

Urteil aufgehoben

Das Oberlandesgericht Schleswig hatte der Physiotherapeutin im Jahr 2013 eine 20-prozentige Mitschuld angelastet, weil sie keinen Schutzhelm getragen hatte. Dementsprechend weniger Schadenersatz sollte sie erhalten. Dieses Urteil hob der BGH nun auf. Es muss nicht von neuem verhandelt werden.

Der Fahrradfahrer-Verband ADFC hatte noch kurz vor der BGH-Entscheidung eine Diskussion darüber gefordert, wie Radfahren in Deutschland allgemein sicherer gemacht werden könne. Eine Helmpflicht lehnt der Verband ab. "Dass man mit dem Kopf aufs Pflaster knallt, verhindert auch kein Helm", sagte ADFC-Geschäftsführer Burkhard Stork im Radiosender hr-iNFO.

Keine Helmpflicht in Deutschland

In Deutschland gibt es keine gesetzliche Helmpflicht für Fahrradfahrer. Andernorts in Europa schon, was natürlich auch Urlauber berücksichtigen sollten, erklärt der Auto Club Europa (ACE). Finnland schreibt demnach als einziges Land generell einen Schutzhelm beim Radeln vor. Andere Staaten haben eine situative oder altersabhängige Fahrradhelm-Pflicht.

In der Slowakei und in Spanien müssen laut dem ACE alle Radfahrer außerhalb geschlossener Ortschaften einen Helm tragen. Für Spanien gilt die Einschränkung, dass der Kopfschutz auf langen Steigungen oder bei hohen Temperaturen abgesetzt werden darf. In Litauen und Tschechien besteht für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren eine generelle Helmpflicht, in Estland und Kroatien für unter 16-Jährige, in Island, Schweden, der Slowakei und Slowenien für unter 15-Jährige. Österreich schreibt den Fahrradhelm für Kinder unter 12 Jahren vor. Die meisten Länder ahnden Verstöße gegen die Fahrradhelm-Pflicht dem ACE zufolge nicht. Bußgelder werden in Kroatien (40 Euro), Schweden (rund 55 Euro) und Spanien (90 Euro) erhoben.

Einige Staaten bestehen bei Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen darauf, dass Radler eine Warnweste oder reflektierende Kleidung tragen. Dazu zählen Estland, Frankreich, Italien, Litauen, Malta, die Slowakei, Spanien und Ungarn.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat dazu aufgerufen, dass mehr Radfahrer freiwillig Schutzhelme tragen. "Wir werben an Schulen, an vielen Stellen immer wieder dafür, dass der Helm schwere Schäden verhindern kann", sagte Dobrindt am Dienstag anlässlich einer Verhandlung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu diesem Thema. "Aber wir glauben, dass die Freiwilligkeit der richtige Weg ist." (AG/dpa)

Sollte es eine Helmpflicht für Radfahrer geben? Machen Sie mit bei unserer Umfrage.

Vorheriger ArtikelAutomarkt in Europa legt deutlich zu
Nächster ArtikelPeugeot startet Sondermodell-Offensive
Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

Keine Beiträge vorhanden