«Elektro-Mini ist nichts anderes als Greenwashing»

Interview mit Greenpeace-Experte Marc Specowius

Greenpeace übt Kritik an Pilotprojekten der Autobauer zur Elektromobilität. Im Interview mit der Autogazette fordert der Verkehrsexperte der Umweltschutzorganisation, Marc Specowius, größere Anstrengungen für effizientere Verbrennungsmotoren.

Für die Umweltschutzorganisation Greenpeace sind die Pilotprojekte zur Elektromobilität von Daimler mit dem Smart und von BMW mit dem Mini kein Beitrag zum Umweltschutz. Nachhaltige Mobilität fange bei Tests mit Elektroautos dort an, wo man sich Gedanken um die Stromkette mache.

«Nichts anderes als Greenwashing»

«Sei es der Elektro-Smart oder nun der Elektro-Mini - beides ist nichts anderes als Greenwashing», sagte der Verkehrs-Experte von Greenpeace, Marc Specowius, im Interview mit der Autogazette. «Wie ernst es die Autokonzerne mit Klimaschutz nehmen, sehe ich in der Wahl des Energiepartners», fügte er hinzu.

«Haben nichts gegen Elektromobilität»

Autogazette: Warum hat Greenpeace eigentlich etwas gegen Innovationen?

Marc Specowius: Haben wir nicht. Wie kommen Sie darauf?

Autogazette: Weil Sie ein Elektroauto wie aktuell den Mini E als Klimaschwein bezeichnen?

Specowius: Wir haben nichts gegen Elektromobilität. Wir bezeichnen aber den Mini E als Klimaschwein, weil die Kooperation von BMW mit dem Energieversorger Vattenfall Europe für uns problematisch ist. Vattenfall setzt bei der Stromproduktion nämlich sehr stark auf Kohle.

«Augenwischerei»

Der Mini E Foto: BMW

Autogazette: Aber Vattenfall will nach eigenen Worten nur zertifizierten «grünen Strom» an den Ladestationen für den Mini E einsetzen?

Specowius: Das hört sich zauberhaft an, ist aber Augenwischerei.

Autogazette:Wieso?

Specowius: Die Emissionen werden nur verlagert, nämlich hin zu den Kraftwerken. Um Strom zu erzeugen, wird C02 emittiert und das nicht zu knapp, vor allem wenn man auf Kohlestrom setzt. Angesichts des Strom-Mixes sehe ich zudem nicht, ob die ankommenden Elektronen grün sind, also aus erneuerbaren Energien stammen.

Autogazette: In diesem Projekt soll aber doch Strom aus erneuerbaren Energien eingesetzt werden.

«Das ist die nächste Schummelpackung»

Protest von Greenpeace gegen den Mini E Foto: dpa

Specowius: Das ist die nächste Schummelpackung. Wir richten uns nach der Stromkennzahl von Vattenfall, die sich auf die Zusammensetzung des Stroms bezieht. Danach lässt sich die C02-Emission pro Kilowattstunde berechnen. Wenn von zertifiziertem Strom gesprochen wird, dann meint das nichts anderes, als dass man grünen Strom zukauft, um den bei sich ins Netz einzuspeisen. Der Effekt ist damit gleich null.

Autogazette: Wie hoch ist der C02-Ausstoß des Mini E?

Specowius: 133,5 Gramm C02 pro gefahrenem Kilometer. Dieser Wert kommt aufgrund des hohen Kohlestrom-Anteils von Vattenfall heraus. Von Emissionsfreiheit kann also nicht gesprochen werden. Das ist auch beim Elektro-Smart von Daimler der Fall, der ja mit Kohlestrom von RWE aufgeladen werden soll. Der Smart emittiert damit zwei Gramm mehr als der gefeierte Diesel-Smart mit 88 Gramm C02 pro Kilometer. Das kann es ja nun nicht sein.

«Kein Beitrag zum Klimaschutz»

Autogazette: Elektroautos sind für Sie demnach kein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz?

Specowius: In der jetzigen Form nicht. Wie ernst es die Autokonzerne mit Klimaschutz nehmen, sehe ich in der Wahl des Energiepartners.

Autogazette: Steht Greenpeace derzeit mit seiner Verteufelung der Elektromobilität nicht recht allein dar? Selbst die Grünen sehen in der Elektromobilität die Zukunft des Automobils.

Specowius: Noch einmal: Wir verteufeln nicht die Elektromobilität. Wir verteufeln nur die Art und Weise, wie es umgesetzt wird. Damit stehen wir nicht alleine dar.

Autogazette: Muss man denn nicht irgendwann auch den ersten Schritt tun, um in Zukunft zu nachhaltiger Mobilität zu kommen?

Specowius: Wenn ich den ersten Schritt tue, dann sollte der auch zu Ende gedacht sein.

«Beides ist Greenwashing»

Autogazette: Wie kann nachhaltige Mobilität für Sie erreicht werden?

Specowius: Sie fängt dort an, wo man sich Gedanken über die gesamte Stromkette macht. Sei es der Elektro-Smart oder nun der Elektro-Mini - beides ist nichts anderes als Greenwashing.

Autogazette: Sie fordern die Autoindustrie auf, ihre Verbrennungsmotoren effizienter zu machen statt auf Elektroautos zu setzen. Das geschieht doch längst. BMW beispielsweise hat schon heute 28 Modelle im Angebot, die weniger als 140 Gramm C02 pro Kilometer emittieren.

Specowius: Das wird von uns lobend erwähnt. Doch es geht nicht an, dass die Autoindustrie die ambitionierten C02-Grenzwerte der EU verwässert. So etwas schadet der Zukunftsfähigkeit unserer Autoindustrie und damit den Arbeitsplätzen.

«Nur Zukunftsmusik»

Aufladung des Smart Fortwo Electric Drive Foto: Smart

Autogazette: Die Bundesregierung will sich dafür einsetzen, dass bis zum Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sind. Begrüßen Sie zumindest diesen Plan?

Specowius: Das ist nur Zukunftsmusik. Selbst Umweltminister Gabriel verliert an Glaubwürdigkeit, wenn er die Elektromobilität als Klimaschutzmaßnahme feiert. Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie rechnet bis 2020 mit ca. 55 Millionen Pkw in Deutschland. Somit entsprächen eine Million Elektroautos nicht einmal zwei Prozent der Flotte. Das zeigt, wie wichtig eine Veränderung der Modellpolitik der Hersteller bei den Verbrennungsmotoren ist.

Das Interview mit Marc Specowius führte Frank Mertens

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