«Brennstoffzelle Technologie der Zukunft»

GM- Europachef Forster

«Brennstoffzelle Technologie der Zukunft»
Der HydroGen4 von GM © GM

General Motors testet die Alltagstauglichkeit des wasserstoffbasierten Brennstoffzellen-Fahrzeuges HydroGen4. Ein Einsatzort wird dabei Berlin sein. «Die Brennstoffzelle ist für uns die Technologie der Zukunft», so GM-Europachef Carl-Peter Forster.

Von Frank Mertens

Ist die Wasserstoff-Technologie die Antwort auf die globalen Umwelt- und Wachstumsfragen unserer Zeit? Geht es nach Carl-Peter Forster, dann stellt sich diese Frage so nicht mehr. Für den Europa-Chef von General Motors (GM) geht es nur noch darum, wann diese Technologie die «Anforderungen an die Großserienfertigung erfüllt und der Übergang von der Erdöl- zur wasserstoffbasierten Automobilwirtschaft bewältigt werden kann».

Pilotprojekt startet mit 100 Fahrzeugen

Schaut man sich die Entwicklung bei GM im Zusammenhang mit den alternativen Antrieben an, dann ist das längst mehr als Zukunftsmusik. Noch in diesem Jahr wird der weltgrößte Autobauer den auf einer wasserstoffbasierten Brennstoffzelle beruhenden HydroGen4 in einem Pilotprojekt testen. Im Herbst werden die ersten von insgesamt 100 HydroGen4 an ausgewählte Kunden in den USA ausgeliefert, die sich derzeit auf der Chevrolet-Website bewerben können. «Wir wollen dabei sehen, wie es um die Alltagstauglichkeit und Systemhaltbarkeit dieses Fahrzeuges bestellt ist», sagte Forster bei der Vorstellung des Fahrzeuges in Frankfurt/Main.

Mitte kommenden Jahres sollen auch zehn Fahrzeuge in Deutschland zum Einsatz kommen. Als Testregion wurde dabei im Rahmen der so genannten Clean Energy Partnership Berlin ausgesucht. «Berlin ist für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft geradezu prädestiniert», sagte Forster. Der GM-Europachef verwies in diesem Zusammenhang auf die Erfahrung mit Wasserstoff in der deutschen Hauptstadt. In Berlin - das Forster als «Leuchtturmregion» bezeichnet - existieren bereits zwei Wasserstofftankstellen.

Gewinn für Umweltschutz

Über diese Einheit erfolgt beim HydroGen4 die Leistunsgverteilung Foto: GM

GM sieht jeden Schritt auf dem Weg zur Wasserstoffwirtschaft als einen Gewinn für den weltweiten Umweltschutz an. Vor dem Hintergrund der Endlichkeit fossiler Energieträger wies Forster darauf hin, dass bereits heute weltweit 35 Prozent der Energie aus Erdöl erzeugt werden. Perspektivisch würde im Jahr 2030 rund 70 Prozent mehr Energie nachgefragt werden als 2004. Entsprechend müsse die Automobilindustrie ihren Beitrag leisten, «den Bedarf nach individueller Mobilität einerseits und Umweltschutz andererseits in Einklang zu bringen».

Damit GM zukünftig auch der steigenden Nachfrage nach Mobilität gerecht werden kann, verfolgt das Unternehmen eine Dreifach-Strategie. Sie sieht als kurzfristige Maßnahme eine Verbesserung der Verbrauchswerte bei Verbrennungsmotoren vor. Mittelfristig gelten die Anstrengungen alternativen Kraftstoffen wie Bioethanol und Biodiesel. Langfristig jedoch läuft alles auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge hinaus. So stellt GM auf der in der kommenden Woche in Frankfurt/Main beginnenden Internationalen Automobilausstellung auch das E-Flex-Konzept vor. Dahinter verbirgt sich ein Fahrzeug mit einem elektrischen Antriebskonzept. Beim E-Flex-Fahrzeug ist jedoch auch ein Verbrennungsmotor Bestandteil des Antriebsstranges, der über einen Generator Strom erzeugt und somit die leere Lithium-Ionen-Batterie (Reichweite 60 km) wieder auflädt.

100 PS Leistung

DerHydroGen4 wird mit Wasserstoff betankt Foto: GM

Der nun in Kürze in die Testphase gehende HydroGen4 geht indes noch einen deutlichen Schritt weiter. Er bezieht den Strom für seinen Antrieb aus der wasserstoffbasierten Brennstoffzelle. Wie Lars Peter Thiesen als Leiter Wasserstoff- und Brennstoffzellenstrategie bei GM erklärt, besteht der Brennstoffzellen-Stapel dabei aus insgesamt 440 in Reihe geschalteten Zellen. Durch sie lässt sich der 73 kW/100 PS starke Elektromotor in gerade einmal zwölf Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen. Die Spitzengeschwindigkeit liegt bei immerhin 160 km/h. Und wer mit dem Fahrzeug unterwegs ist, wird durch die Kraftentfaltung überrascht sein: denn das maximale Drehmoment von 320 Nm steht mit dem Tritt des Gaspedals komplett zur Verfügung.

Im Vergleich dazu verfügte der im Jahr 2000 auf dem Autosalon in Genf vorgestellte Hydrogen1 nur über 200 in Reihe geschaltete Brennstoffzellen-Stapel. Der Motor brachte es damals auf eine Leistung von 75 PS und beschleunigte in 16 Sekunden auf 100 km/h.

Dass ein Wasserstoff-Fahrzeug für den Alltagseinsatz taugt, stellte und stellt der HydroGen3 gleich mehrfach unter Beweis. So fuhr er Mitte 2004 über 9696 Kilometer vom norwegischen Hammerfest bis nach Portugal. Zudem befindet sich ein HydroGen3 seit 2005 als Kundendienstfahrzeug bei Ikea in Berlin im Einsatz.

Bessere Alltagstauglichkeit

Ein Blick in den HydroGen4 Foto: GM

Die Praxistauglichkeit des HydroGen4 wurde im Vergleich zum Vorgänger jedoch noch einmal durch die verschiedensten Maßnahmen deutlich erhöht, wie Thiesen sagt. So lässt sich das Fahrzeug durch eine verbesserte Wärmeisolierung nun auch bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt starten. Zudem verliert der HydroGen4 durch die Verwendung von Druckwasserstoff nunmehr bei auch bei längerer Standzeit keinen Kraftstoff mehr. «Das ist ein entscheidender Vorteil für die Alltagstauglichkeit», sagte Thiesen. Der HydroGen4 ist mit drei 700-bar-Hochdrucktanks ausgerüstet, die mit 4,2 Kilogramm Wasserstoff betankt werden können. Mit dieser Menge lassen sich im Idealfall bis zu 320 Kilometer zurücklegen.

Zugleich stattete GM den HydroGen4 mit einer Nickel-Metallhydrid-Batterie aus, die über eine Leistung von 35 kW verfügt und zusätzliche Energiereserven bereitstellen kann. Diese Pufferbatterie erlaubt nach den Worten von Thiesen regeneratives Bremsen. Das bedeutet, dass beim Bremsen als auch im Schubbetrieb der Elektromotor auf den Generator umschaltet und dadurch die entstehende Energie zur Ladung der Batterie nutzt.

Test über zweieinhalb Jahre

Das Heck des HydroGen4 Foto: GM

Was von diesem neuen System im HydroGen4 zu halten ist, haben nun die Kunden im Praxistest zu bewerten. Angelegt ist er auf zweieinhalb Jahre. Ein Zeitraum übrigens, nachdem diese Technologie durchaus seine Serienreife besitzen kann. Gleichzusetzen mit einem möglichen Marktstart ist dies indes nicht. Denn zur Marktdurchdringung und zur Fertigung eines HydroGen4 in Großserie ist eine entsprechende Infrastruktur nötig, die es derzeit noch nicht gibt. «Eine breite Masse von Kunden können wir nur dann erreichen, wenn ein solches Fahrzeug auch überall problemlos betankt werden kann», sagte Thiesen.

Damit die Infrastruktur geschaffen wird, benötige man jedoch auch die Unterstützung der Politik, so Thiesen. GM jedenfalls setzt bereits jetzt alles dran, diese Technolgie schnellstmöglich zur Serienreife zu bringen. «Die Brennstoffzelle ist für uns die Technologie der Zukunft», ist sich Forster sicher.


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