GM-Chefin Barra: Vom Star zur Krisenmanagerin

Imageschaden durch Rückrufe

GM-Chefin Barra: Vom Star zur Krisenmanagerin
GM-Chefin Mary Barra © dpa

Marry Barra ist die erste Frau an der Spitze eines großen Autokonzerns. Entsprechend wurde sie als Star gefeiert. Doch diese Euphorie ist vorbei. Nun geht es angesichts der Rückrufe um Krisenmanagement.

Es war ein Medienauflauf, wie ihn Detroit selten zuvor erlebt hatte. Mary Barra stand auf der Bühne einer alten Industriehalle, um einen neuen Pick-up-Truck vorzustellen. Doch alle Augen waren auf die 52 Jahre alte Ingenieurin selbst gerichtet. Sie hatte es als erste Frau an die Spitze eines großen Autokonzerns geschafft. Kamerateams und Reporter verfolgten Barra nach der Präsentation quer durch die Halle, um ein paar Bilder und Sätze von der neuen Chefin von General Motors zu ergattern. Barra war der Star der Automesse von Detroit.

Das war Mitte Januar, wenige Tage vor ihrem Amtsantritt. 100 Tage später ist der Glanz verflogen. Barra hat sich vom Star der Branche zur Krisenmanagerin gewandelt. DerOpel-Mutterkonzern ruft weltweit rund 7 Millionen Autos wegen diverser Defekte in die Werkstätten. Im spektakulärsten Fall der Zündschlösser steht der Vorwurf im Raum, GM-Verantwortliche hätten einen gefährlichen Defekt ein Jahrzehnt lang verschwiegen. Zündschlüssel können bei 2,6 Millionen Wagen in voller Fahrt zurückspringen, was nicht nur den Motor abschaltet, sondern auch Airbags, Servolenkung und Bremskraftverstärker.

Lernen vom dem Rückruf

"Ich denke, dass es zu lange gedauert hat", sagte Barra kürzlich bei einem Auftritt am Rande der Automesse von New York. "Aber als wir es bemerkt haben, haben wir es angepackt." Auch bei diesem Auftritt war Barra von Kamerateams und Reportern umringt. Besonders in US-Medien ist das Zündschloss-Debakel ein heißes Thema, denn hier wurden die meisten Wagen verkauft. Seit Wochen zeigen Fernsehsender und Zeitungen die Fotos von Unfallopfern und erzählen ihre traurigen Geschichten. Auf den Bildern sind lachende Teenager zu sehen, die später bei Unfällen ums Leben kamen - und ihre trauernden Eltern. Denn die meisten betroffenen Modelle sind typische Anfängerautos.

GM zählt 13 Unfalltote, Verbraucherschützer kommen auf mehr als 300. Barra musste reagieren: Sie ernannte einen Sicherheitsbeauftragten, baute die Entwicklungsabteilung um und engagierte Staranwalt Anton Valukas, den Versäumnissen innerhalb des Autokonzerns nachzugehen. Zwei Ingenieure wurden beurlaubt und mehrere Posten von Topmanagern neu besetzt. "Ich bin überzeugt, dass das Team von dem Rückruf lernen und GM ein besseres Unternehmen werden wird", sagte Barra.

Komplizierte Rechtslage

Doch der Fall ist noch lange nicht ausgestanden: Anwälte im ganzen Land haben Sammelklagen eingereicht. Angehörige von Opfern verlangen Wiedergutmachung und Autobesitzer pochen auf Schadenersatz, weil sie den Wert ihrer Wagen geschmälert sehen. Dabei ist die Rechtslage kompliziert: Die heutige General Motors ist nicht mehr das gleiche Unternehmen, dass die betroffenen Wagen einst entwickelte und baute. "Old GM" ging 2009 insolvent. "New GM" wurde mit Staatshilfe aus der Taufe gehoben. Allerdings haben die Kläger eine Chance, wenn sie nachweisen können, dass die gefährlichen Mängel im Insolvenzverfahren bewusst verheimlicht wurden.

Doch auch unabhängig davon steht Barra unter starkem öffentlichen Druck, die Unfallopfer zu entschädigen. Gleich zwei Mal lud der US-Kongress die Managerin zu Anhörungen nach Washington vor. Die Firmenveteranin, die schon bei GM gelernt hatte, wirkte angespannt, als Senatoren und Mitglieder des Repräsentantenhauses sie in die Zange nahmen. Der Zauber der ersten Auftritte war verflogen. Anworten auf die drängendste Frage, warum GM so lange untätig geblieben war, hatte sie nicht zu bieten. Bei den Opfern entschuldigte sie sich: "Wir können die Zeit nicht zurückdrehen." (dpa)

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