Ghosn spricht von unmenschlichen Haftbedingungen

Nach Flucht aus Japan

Ghosn spricht von unmenschlichen Haftbedingungen
Ex-Automanager Carlos Ghosn. © dpa

Carlos Ghosn hat sich erstmals zu seiner Flucht aus Japan in den Libanon geäußert. Der Ex-Automanager rechtfertigte sie mit einem aus seiner Sicht politisch gesteuerten und korrupten Verfahren.

Ihm sei keine andere Wahl geblieben, sagte Ghosn am Mittwoch vor Journalisten in der libanesischen Hauptstadt Beirut. „Das war die schwerste Entscheidung meines Lebens.“ In keinem anderen demokratischen Land der Welt käme man wegen derartiger Vorwürfe ins Gefängnis. Zugleich beklagte Ghosn unmenschliche Haftbedingungen, unter anderem mit langer Einzelhaft mit wenig Kontakt zur Familie.

Bei seinem ersten Auftritt seit der Flucht aus Japan Ende Dezember wies er alle Beschuldigungen erneut zurück. „Die Vorwürfe gegen mich haben keine Grundlage.“ Er sprach von einer Verschwörung, mit der verhindert werden sollte, den Autokonzern Nissan enger mit Renault zu verzahnen. Ghosn wollte jedoch keine weiteren Angaben dazu machen, wie er von Japan über Istanbul nach Beirut gekommen ist.

Angeblich in einer Kiste versteckt

Die bisher vor allem von japanischen Medien verbreitete Fluchtgeschichte liest sich wie ein Hollywood-Film. Demnach landeten Ghosns US-amerikanische Helfer mit einem Privatjet in Osaka. Später seien sie mit dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen nach Tokio gefahren und dann mit Ghosn zurück nach Osaka zum Hotel. Zwei Stunden später hätten die Amerikaner mit zwei großen Kisten das Hotel verlassen. Ghosn sei nicht zu sehen gewesen. Die Kisten seien als Gepäck für Musikinstrumente deklariert gewesen und am Flughafen nicht durchleuchtet worden. Auch am Zoll seien sie nicht geöffnet worden.

Der Privatjet sei dann in die Türkei geflogen, von dort aus reiste Ghosn weiter nach Beirut. Die japanische Staatsanwaltschaft erwirkte einen Haftbefehl gegen Ghosns Frau Carole. Ihr werde vorgeworfen, im vergangenen April bei einer Befragung durch die Staatsanwaltschaft vor Gericht Falschaussagen gemacht zu haben. Japans Justizministerin Masako Mori betonte, Ghosn habe das Land mit „illegalen Methoden“ verlassen.

Der frühere Vorstandschef des französisch-japanischen Autobündnisses Renault-Nissan-Mitsubishi war am 19. November 2018 in Tokio wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und angeklagt worden. Im April 2019 wurde er unter strengen Auflagen auf Kaution aus der Untersuchungshaft in Japan entlassen. Unter anderem wurde ihm verboten, das Land zu verlassen. Ghosn hat die französische, die brasilianische und die libanesische Staatsangehörigkeit. (AG/dpa)

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