Stoppschilder und Krallen gegen Geisterfahrer

Nach Horror-Crash auf A5

Stoppschilder und Krallen gegen Geisterfahrer
Warnschild gegen Geisterfahrer. © dpa

Ein Geisterfahrer hat am Sonntag für einen Horror-Crash auf der A5 gesorgt. Weshalb der 20-Jährige in die falsche Richtung fuhr, ist noch unklar. Unterdessen wird diskutiert, wie derartige Unfälle vermieden werden können.

Das Risiko, bei einem Unfall mit einem Geisterfahrer ums Leben zu kommen, ist nach Einschätzung des Automobilclubs ADAC relativ gering. «Man geht davon aus, dass nur etwa bei drei Prozent aller tödlichen Unfälle, die auf den Autobahnen passieren, Falschfahrer die Ursache waren», sagte ADAC-Sprecher Klaus Reindl im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Nur bei einem Viertel der bis zu 2800 jährlich von Radiosendern gemeldeten Falschfahrer handle es sich um «tatsächliche Falschfahrer, wo es etwa zu einem Unfall gekommen ist oder die man sonst irgendwie feststellen kann». Auch wenn in jüngster Zeit immer wieder Menschen bei Unfällen mit Geisterfahrern ums Leben gekommen seien, nehme die Zahl nicht zu. «In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Geisterfahrer relativ konstant.»

Elektronische Warnsysteme eine Möglichkeit

Die Möglichkeiten, Falschfahrten zu verhindern, sind aus seiner Sicht einigermaßen eingeschränkt. «Wenn jemand bewusst in falscher Richtung auf eine Autobahn auffährt, wird man gar nichts machen können», sagte er. «Denn wir haben in Deutschland 13 000 Autobahnkilometer, wir haben etwa 2500 Anschlussstellen, Autobahnkreuze, Autobahndreiecke - nicht eingerechnet die ganzen Parkplätze.» Auch von Feld- oder Wanderwegen sei eine Auffahrt möglich.

Auch Krallen, die das Auffahren in falscher Richtung verhindern könnten, seien «nicht der Weisheit letzter Schluss». Schließlich gebe es immer wieder Situationen, in denen Rettungsfahrzeuge in falscher Richtung auf die Autobahn auffahren müssten, um zu einem Unfallort zu gelangen.

Elektronische Warnsysteme könnten zukünftig eine Möglichkeit sein, sagte Reindl. Das sei aber «noch ein bisschen Zukunftsmusik». Für eine praktikable Lösung hält Reindl Warnschilder, die derzeit in Südbayern erprobt würden und auf denen deutlich «Stopp» und «Falsch» zu lesen sei. Wenn jemand absichtlich falsch auf die Autobahn fahren wolle, seien die Schilder aber auch keine Hilfe.

Im Falle einer Falschfahrer-Meldung rät Reindl: runter vom Gas, äußert rechts fahren, nicht überholen und - wenn möglich - auf einen Parkplatz fahren, bis die Gefahr gebannt ist. Wenn Autofahrer einen Geisterfahrer entdeckten, bevor der Verkehrsfunk vor ihm gewarnt habe, gebe es nur eins: einen Anruf bei der Polizei. Denn: «Der Versuch, den Falschfahrer aufzuhalten, ist lebensgefährlich.»

Ermittlungsgruppe eingerichtet

Der Zahl der Verkehrstoten ist wieder gestiegen.
Der BMW des Geisterfahrers auf der A5 dpa

Einen Tag nach dem Unfall auf der A5 mit sechs Toten konzentriert sich die Polizei auf das Umfeld des Unfallverursachers. Die Untersuchungen am Unfallort seien abgeschlossen, sagte ein Sprecher der Polizei am Montag im badischen Offenburg. Nun gehe es darum zu klären, warum der 20-Jährige auf der Autobahn in der falschen Richtung unterwegs war. Um dies herauszufinden, werde das Leben des Mannes durchleuchtet. Daraus könnten Rückschlüsse auf ein mögliches Motiv, etwa bei einem Suizid, gezogen werden. Zudem werde nach Drogen- und Alkoholkonsum gefragt.

«Es ist ein Puzzle, das wir zusammensetzen müssen», sagte der Polizeisprecher. Es seien schwierige, umfassende und langwierige Ermittlungen. Am Montag gründete die Polizei eine zehn Beamten zählende Ermittlungsgruppe. Sie wird sich auf den Fall konzentrieren. «Es gibt eine Vorgeschichte. Und dieser müssen wir jetzt nachgehen», sagte der Chef der Offenburger Polizei, Reinhard Renter, am Montag.

Einzelheiten wollte er nicht nennen. Einen Abschiedsbrief habe der Falschfahrer nicht hinterlassen. «So einfach hat er es uns nicht gemacht.» Er rechne damit, dass erst im kommenden Jahr ein Abschlussbericht vorgelegt werden könne. «In diesem Jahr wird das nichts mehr.» Der 20-Jährige aus dem badischen Ortenaukreis war am frühen Sonntagmorgen auf der Autobahn 5 bei Offenburg in entgegengesetzter Richtung unterwegs. Er verursachte einen schweren Unfall, bei dem er und fünf weitere Menschen getötet wurden. Bei Folgeunfällen wurden Menschen verletzt, darunter eine 37-Jährige, die Erste Hilfe leisten wollte.

Bundesweit gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Geisterfahrer-Kollisionen mit mehreren Toten. So starben allein im Oktober mindestens 13 Menschen durch Falschfahrer. Fünf Tote gab es vor vier Wochen, als ein 24-jähriger Selbstmörder auf der A46 im Sauerland in ein Auto mit vier Insassen raste. (AG/dpa)

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