Sicherer Start für Fahranfänger in Straßenverkehr

Begleitetes Fahren ab 17 Jahren

Man muss längst nicht mehr 18 Jahr alt sein, um nach bestandener Prüfung Auto fahren zu können. Das ist bereits ab 17 Jahren im Rahmen des begleiteten Fahrens möglich.

Für viele ist das Erlangen des Führerscheins gleichzeitig der Beginn eines neuen Lebensabschnittes, der von Unabhängigkeit und einer neuen Mobilität gekennzeichnet ist. Dass dabei das Alter von 18 Jahren nicht der entscheidendste Faktor ist, zeigt die Regelung des begleiteten Fahrens ab 17 Jahren (BF17).

Dieses hat nicht nur Auswirkungen auf die Verkehrsteilnahme Jugendlicher, sondern vor allem auf das Unfallgeschehen. Die Autogazette berichtete bereits 2010 über das baldige Kommen des BF17, mittlerweile hat sich selbiges bereits erfolgreich etabliert.

Junge Fahrzeuglenker als Risikogruppe

Studien zeigen, dass gerade junge Fahrer eine Risikogruppe im Verkehr darstellen und sehr häufig – zu immerhin 17 Prozent - in Unfälle verwickelt sind. Eine Ausnahme dabei sind allerdings solche, die infolge des BF17 ihren Führerschein machen. Bei ihnen zeigt die Statistik um fast ein Drittel weniger Verkehrsgefährdung als bei den Fahranfängern mit 18 Jahren, so der ADAC.

Ein Faktor dafür ist die mangelnde Erfahrung hinter dem Steuer, die viele Führerscheinneulinge naturgemäß haben. Wer jedoch mit dem begleiteten Fahren seine Lenkerberechtigung erwirbt, kann diese innerhalb eines Jahres zur Genüge sammeln. Experten raten, sich bereits mit 16,5 Jahren zum Führerschein anzumelden, um dann ein ganzes Jahr lang ab Erreichen des 17. Geburtstages mit Begleiter das Autofahren üben zu können.
Das Verkehrsprojekt, das Jugendlichen bereits mit 17 Jahren den Platz hinter dem Lenkrad ermöglicht, stammt aus einem Pilotversuch in Niedersachsen, der 2011 bundesweit übernommen wurde. Das Konzept dabei ist einfach: sobald ein Begleiter, der einige vorgegebene Bestimmungen erfüllen muss, bei der Fahrt im Auto dabei ist, darf der Jugendliche selbst lenken und profitiert dabei von der Erfahrung des Beifahrers.

Damit wird nicht nur seine eigene Sicherheit erhöht, sondern auch die des gesamten Verkehrs. Schon damals konnten die ersten Testergebnisse überzeugen, laut Verivox besagten die Ergebnisse des Modellversuchs, dass insgesamt 22,8 Prozent weniger Verkehrsverstöße und 28, 5 Prozent weniger Unfälle in der Probezeit verursacht wurden, als es bei den Fahranfängern der Kontrollgruppe der Fall war. Dementsprechend setzte Niedersachen das begleitete Fahren am 1. März 2006 um, woraufhin alle weiteren Bundesländer nach und nach folgten.

Voraussetzungen für BF17

Bei acht Punkten ist der Lappen fällig
Führerschein als Voraussetzung dpa

Zum begleiteten Fahren kann sich jeder anmelden, der in der Fahrschule die normale Fahrausbildung zum Führerschein der Klasse B, also für den PKW, absolviert und dazu die praktische Prüfung ablegt. Diese kann er bereits mit 16,5 Jahren beginnen. Sobald sowohl die theoretische als auch die praktische Prüfung in der Fahrschule bestanden wurden, wird eine sogenannte Prüfbescheinigung ausgestellt, die gemeinsam mit dem Personalausweis als Fahrerlaubnis dient. Das heißt, sie muss bei jeder Fahrt im Auto mitgeführt werden.

Sobald der Jugendliche den 18. Geburtstag absolviert hat, muss vom B17-Führerschein auf den normalen EU-Führerschein gewechselt werden. Damit ist der Fahranfänger dann berechtigt, auch alleine Autofahrten zu unternehmen. Damit der Umstieg von B17 auf den Standardführerschein auch richtig und ohne Verzögerung klappt, sollte sich der Fahrzeuglenker bewusst sein, dass die Prüfbescheinigung für den B17 nur bis zu drei Monate nach dem 18. Geburtstag gültig ist. Dann gilt sie als abgelaufen und berechtigt nicht mehr zum Lenken eines Fahrzeuges.

Kriterien für die Begleitperson

Der wichtigste Unterscheid zwischen Fahren mit dem BF17 und dem normalen Führerschein, ist die verpflichtende Anwesenheit einer Begleitperson im Fahrzeug. Diese muss bestimmte Bedingungen erfüllen, um tatsächlich im Fahrzeug als Unterstützung dabei sein zu dürfen. Unter anderem gehört dazu, dass sie mindestens 30 Jahre alt ist, fünf Jahre den Führerschein besitzt, nicht mehr als einen Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg haben darf.

Dabei gilt, dass die Begleitperson als Helfer fungieren soll und nicht direkt in das Fahren des Fahranfängers eingreifen darf. Ratschläge und unterstützende Förderung sind das Maß der Dinge und die Hauptaufgabe. Denn die Fahrschule hat der junge Fahrer ja bereits durchlaufen, womit er zwar in der Theorie die Regeln und Verhaltensmuster im Straßenverkehr kennt, aber die Erfahrung einfach noch fehlt. Diese soll durch die Begleitperson eingebracht werden.

Die Fahrerlaubnis der Begleitung muss zwar ein Führerschein sein, doch kann er aus anderen EU-Staaten, dem EWR-Raum oder auch der Schweiz stammen. Wichtig ist, dass dieses Dokument bei jeder Fahrt des Fahranfängers dabei sein muss. Ob sich eine Begleitperson für diese Funktion überhaupt eignet, wird von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde bei Antragstellung auf BF17 überprüft und in den Antrag eingetragen. Grundsätzlich können unbegrenzt viele Personen darin eingetragen werden, doch für jede Eintragung muss eine entsprechende Gebühr gezahlt werden.

Verkehrsverstöße in Probezeit geahndet

Verkehrsverstöße werden geahndet dpa

Tatsache ist, dass durch das Begleitete Fahren Unfälle und Verkehrsverstöße weniger häufig vorkommen. Doch wenn sie passieren, hat das natürlich Auswirkungen auf die Probezeit, die nach Ausstellen des Führerscheins zwei Jahre dauert. Die Behörde unterscheidet hier zwischen A- und B-Verstößen, wobei erstere schwerwiegende Vorfälle umfassen wie: Trunkenheit im Verkehr, Unfallflucht, illegale Autorennen. Die sogenannten B-Verstöße sind im Vergleich weniger gravierend: Handy am Steuer, überholen im Überholverbot, Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 20 km/h, Rotlichtverstöße.

Wer einmal ein Delikt der Kategorie A begeht, der muss ein Aufbauseminar machen. Zusätzlich wird die Probezeit auf insgesamt 4 Jahre verlängert. Passiert in dieser Zeit ein weiterer Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung, erhält der junge Autofahrer eine Verwarnung, bevor er bei einem dritten Regelverstoß den Führerschein verliert und für drei Monate gesperrt wird. Genauere Details zu den Verstößen und Konsequenzen sind im Bußgeldkatalog einsehbar.

Beim BF17 auf die Versicherung achten

Die meisten Führerscheinneulinge sind mit dem Auto der Eltern oder der Großeltern unterwegs, bevor sie selbst ein Auto haben. Wichtig ist dabei zu beachten, dass die Versicherung rechtzeitig über die Teilnahme am BF17 informiert wird. Dann kann sie nämlich die Police so abändern, dass ein Schadensfall auch richtig abgedeckt ist.

Viele Versicherungsanbieter haben entsprechende Klauseln in den Verträgen, dass der Fahrzeuglenker älter als 17 Jahre sein muss. Kommt es zu einem Unfall und ist der Fahrer jünger, kann die Versicherung die Deckung des Schadens ablehnen.

BF17 auch im Ausland möglich?

Das Modell des BF17 hat sich in Deutschland bewährt, doch ist es auch in einigen anderen Ländern gang und gäbe, so etwa in Frankreich, Kanada und in einigen Bundesstaaten der USA. Ein Irrglaube ist allerdings, dass jemand, der eine deutsche Prüfbescheinigung über BF17 hat, auch im Ausland damit fahren darf. Diese wird nicht als gültige Fahrerlaubnis anerkannt, eine Ausnahme stellt nur das Nachbarland Österreich dar. Dort gibt es ein ähnliches Ausbildungsmodell für junge Führerscheinbesitzer, weshalb sich die beiden Staaten geeinigt haben, gegenseitig die BF17-Bescheinigungen anzuerkennen.

Verhaltensregeln für Begleitfahrer

Jeder, der sich an seine eigenen Anfänge hinter dem Steuer erinnert, weiß, welch aufregende Zeit das darstellt. Deshalb kommt dem Begleitfahrer beim BF17 auch eine besondere Rolle zu. Die gesetzlichen Bestimmungen sind das eine, doch auch in Sachen Verhalten und Unterstützung sollte sich der Begleiter über einiges im Klaren sein.

- Wichtigste Verhaltensregel ist sicher, einfach Vorbild für den Fahranfänger zu sein. Deshalb gilt, nur angeschnallt fahren und beim Lenken des eigenen Fahrzeuges unbedingt auf die Inbetriebnahme des Handys zu verzichten. Zudem sollte sich der Fahrer auch an die Geschwindigkeitsbeschränkungen halten und sich darüber bewusst sein, dass sich Jugendliche an seinem Verhalten orientieren.

- Wer sich entschließt, Begleitperson beim BF17 zu sein, muss zwar keinen finanziellen Aufwand in Kauf nehmen, dafür jedoch Zeit investieren. Gleichzeitig sollte die Geduld groß genug sein und auch ermöglichen, dass auf die Wünsche des Jugendlichen eingegangen wird. Manche Fahrtziele oder Strecken gehören vielleicht nicht zu den üblichen Wegen, doch vielleicht handelt es sich dabei um solche, die der junge Autofahrer später alleine fahren muss. Deshalb gilt es, die Begleitfahrten unter anderem als Investition in die spätere Verkehrssicherheit eines jungen Menschen zu sehen. Angemessenes Lob und leicht korrigierende Hinweise bei Fehlern helfen zusätzlich und bauen das Selbstbewusstsein des Führerscheinneulings auf.

- Manchmal macht es aber auch Sinn, dem Fahrer selbst die Möglichkeit zu geben, seinen Fahrfehler zu korrigieren. Wichtig ist dabei auch, dass er ein Gefühl der Sicherheit vermittelt bekommt und eine grundsätzlich positive Stimmung herrscht. Der junge Lenker soll nicht das Gefühl haben, ständig belehrt zu werden oder keine Fehler machen zu dürfen. Nur wenn eine angenehme Atmosphäre herrscht, kann ein stressfreies Gefühl entwickelt werden, das über kurz oder lang Fahrsicherheit hervorbringt. Immerhin sollten sich alle Begleitfahrer bewusst sein, dass auch sie Zeit gebraucht haben, um allen Anforderungen und Herausforderungen im Straßenverkehr gewachsen zu sein. Vor allem aber braucht es lange und viel Erfahrung, um alle Gegebenheiten und Risiken richtig und kompetent einschätzen zu können. Dies gilt es als Begleitfahrer dem Fahranfänger zu vermitteln.

- Wer ein Feedback geben möchte, der sollte dabei auf die Qualität achten. Gerade bei unpassendem Fahrverhalten wie zu geringem Sicherheitsabstand oder zu hoher Geschwindigkeit sollte gemäßigt Kritik erfolgen. Vielleicht macht es ja Sinn, der Überforderung des Fahrers Herr zu werden, indem eine kurze Pause erfolgt. Das entlastet den Jugendlichen und verhindert, dass dieser sich eine falsche Fahrweise angewöhnt. Gerade bei Führerscheinneulingen ist ein Gespräch nach der Fahrt durchaus sinnvoll. Das Feedback kann dazu beitragen, die eigenen Handlungen selbst besser einschätzen zu können und für zukünftige Situationen daraus zu lernen. Hier sind Lob und konstruktive Kritik die beste Option. Um Abwechslung in die Begleitfahrten zu bringen, sollten außerdem die Bedingungen von Zeit zu Zeit verändert werden: Bei Dämmerung oder Dunkelheit, Regen, Schnee, Nebel.

Sie stellen eine besondere Herausforderung dar, die ohnehin trainiert werden muss und in Begleitung viel sicherer und besser gemeistert werden kann. Abgesehen davon bringt gerade die Erfahrung, wie sich ein Autofahrer in solchen Situationen verhält, viel Knowhow für spätere Erlebnisse bei ähnlichen Bedingungen mit sich. Die Deutsche Verkehrswacht hat in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur das Info-Portal bf17.de ins Leben gerufen, auf dem weitere wichtige Tipps gegeben und Fragen rund um das begleitete Fahren beantwortet werden. (AG)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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