«Ford Fiesta ab 2010 in den USA»

Interview Bernhard Mattes

Ford will in diesem Jahr den Marktanteil auf über sieben Prozent schrauben, sagt Bernhard Mattes. Besonders die verbrauchsarmen Modelle sieht der Deutschland-Chef als Erfolgsgaranten an.

Bernhard Mattes sieht Ford auf dem Weg. Nach dem Abwärtstrend erwartet der Deutschland-Chef trotz eines schleppenden Absatzes in den ersten zwei Monaten diesen Jahres eine gute Bilanz. «Entscheidend ist, dass der Plan für das Gesamtjahr aufgeht - und das wird er. (...) Ich bin überzeugt, dass wir die Früchte dieser Arbeit spätestens im zweiten Quartal sehen werden», sagte der Europa-Vize im Interview mit der Autogazette.

Entwicklung benötigt Zeit

Besonders die verbrauchsarmen Fahrzeuge, die mit Dieselmotor nur 115 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft jagen, sowie die Flexifuel-Flotte soll den Marktanteil in Deutschland auf über sieben Prozent treiben. «Es ist ein vorbildlicher Schritt einer ersten Generation alternativer Fahrzeuge hin zu einer zweiten Generation alternativer Fahrzeuge mit Brennstoffzellen-Antrieben.»

Während der Fiesta zusammen mit den im vergangenen Jahr neu eingeführten Modellen für einen Aufschwung sorgen soll, wird die Inthronisierung des Fiesta als Weltauto noch auf sich warten lassen. «Es ist nicht beabsichtigt, dass die europäische Produktion in den USA verkauft wird. Das Fahrzeug wird speziell dort für diesen Markt gebaut werden. Über den Standort hat man noch nicht entschieden. Um Produktion und Entwicklung aufzubauen, wird Zeit benötigt», so Mattes. Deshalb wird der Fiesta erst ab 2010 in den USA eingeführt werden.


Gesamtplan entscheidend

Der Mondeo im Kinetic-Design Foto: Ford

Autogazette: Herr Mattes, Hand aufs Herz, als Sie die schlechten Zulassungszahlen für Deutschland im Januar und Februar in den Händen hielten, dachten Sie, «Geht das schon wieder so weiter?»

Bernhard Mattes: Überhaupt nicht. Wir waren darauf vorbereitet. Wir haben auch unsere Planung für das Jahr so kalendarisiert. Wir wussten, dass wir in 2007 ein gutes viertes Quartal hatten. Zum anderen ist jetzt der Modellwechsel zum Focus spürbar. Wir gehen davon aus, dass wir im ersten Quartal 2008 noch leicht unter den Zahlen des Vorjahres liegen werden. Entscheidend ist, dass der Plan für das Gesamtjahr aufgeht - und das wird er. Wir sehen dies bereits an den Auftragseingängen, die sich positiv entwickeln. Ich bin überzeugt, dass wir die Früchte dieser Arbeit spätestens im zweiten Quartal sehen werden.

Autogazette: Sie haben zu Jahresbeginn den Plan verkündet, ohne Tageszulassungen auszukommen und so das Volumen zu Gunsten des Ertrages sausen zu lassen...

Mattes: ...das ist eine strategische Zielsetzung. Wir wollen im Privatkundenmarkt unsere Kunden mit frischen neuen Modellen bedienen. Zugleich wollen wir auch das Flotten- und Großkundesegment weiter ausbauen, das sich bereits im vergangenen Jahr gut entwickelt hat.

Autogazette: Trotzdem wollen Sie Marktanteil in Deutschland von 6,8 auch gleich acht Prozent anheben. Wie soll das funktionieren?

Mattes: Wir wollen in diesem Jahr eine Sieben vor dem Komma erreichen. Das ist auch mit einer Reduzierung im Tageszulassungsbereich erreichbar.

Fluch der guten Tat

Der S-Max war Auto des Jahres 2007 Foto: Ford

Autogazette: Für die Händler gibt er derzeit zu wenig produzierte Fiesta sowie zuwenig Diesel-Fahrzeuge. Verfehlt der angepeilte Marktanteil aufgrund falscher Dispositionen sein Ziel?

Mattes: Das ist der Fluch der guten Tat. Tatsächlich haben wir insgesamt in Europa eine hervorragende Nachfrage. Wir konnten 2007 unseren Absatz um über 90.000 Einheiten auf über 1,8 Millionen steigern. Beim den Dieselmotoren und dem Fiesta bestehen zur Zeit tatsächlich Engpässe, die nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere Märkte gelten. Wir können aber nicht mehr produzieren, weil alle Kapazitätsgrenzen ausgelastet sind.

Autogazette: Die Fahrzeuge allgemein schneiden gut ab, Sie selbst sagten vor Jahresfrist, Ford hätte ein junges, attraktives Portfolio, sie erwarten gute Chancen in den nächsten Jahren. Eigentlich müsste sich das doch schon im letzten Jahr ausgezahlt haben?

Mattes: Hat es auch. Wir haben in den Segmenten, Flottenkunden, Gewerbetreibende ganz hervorragende Erfolge erzielt. Mondeo, Galaxy und S-Max sind auf dem deutschen Markt bestens angekommen. Galaxy und S-Max haben die Segmentführerschaft übernommen. Beim Focus allerdings haben wir den Auslauf gespürt, im Privatkundensegment auch beim Fiesta.

Infrastruktur nicht Voraussetzung für Flexifuel

Bioethanol-Tankstellen noch rar gesät Foto: dpa

Autogazette: Hat Ford bei den Privatkunden ein Imageproblem?

Mattes: Das sehe ich eigentlich nicht. Wir sind nach wie vor eine anerkannte Marke, die gute Produkte zu einem vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis auf den Markt bringt. Wir wollen natürlich «mehr» sein. Wir wollen das Mehr an Emotion und Motivation mitbringen, um die Identifikation mit Marke und Produkt zu stärken. Darum sind wir im Design viel stärker in die Offensive gegangen. Das neue Ford kinetic Design kreiert zusätzliche Emotion. Damit sind wir eine Marke, die Selbstbewusstsein und Dynamik ausstrahlt. Genau das, womit sich unsere Kunden identifizieren können.

Autogazette: Sie haben als einer der ersten Hersteller auf Bio-Ethanol gesetzt. Die Infrastruktur für das E85 ist mit derzeit rund 100 Tankstellen noch nicht gelegt. Haben Sie kurzfristig gesehen auf das falsche Pferd gesetzt?

Mattes: Flexifuel bietet vollkommen unabhängig von einer Infrastruktur jegliche Mischung von Benzin und Bioethanol zu fahren und im maximalen Fall eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 80 Prozent. Gibt es keine Tankstelle für Ethanol, kann auch nur mit Benzin gefahren werden. Es gibt aber auch Märkte wie Schweden, die schon viel früher mit einer staatlichen Förderung dieses Thema umgesetzt haben. Hier haben wir sehr gute Erfolge, verkaufen dort seit Markteinführung im Jahr 2001 über 35.000 Fahrzeuge. Mittlerweile merken wir das auch in anderen Märkten wie Frankreich und selbst Deutschland. Infrastruktur ist nicht Voraussetzung, um Flexi-Fuel-Fahrzeuge zu kaufen.

Gas-Umrüstkosten höher als bei Flexifuel

Der Focus ECOnetic-Diesel verbraucht 115 Gramm CO2 pro Kilometer Foto: dpa

Autogazette: De facto fehlen Ford in Deutschland aufgrund einer nicht existierenden Infrastruktur alternative Antriebskonzepte, um den Verbrauch zu senken, abgesehen von dem neuen Focus-ECOnetic-Diesel, der nur 115 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt...

Mattes: ...aktuell sind natürlich unsere modernen TDCi-Dieselmotoren vorbildlich. Dazu kommt die Erweiterung der ECOnetic-Baureihe in diesem Jahr mit einem Mondeo, der unter 140 Gramm ausstoßen wird und ein Ford Fiesta mit unter 100 Gramm CO2-Emission. Hier ist viel optimiert worden, ohne dass eine neue Technologie verwendet wurde. Natürlich arbeiten wir auch an weiteren Alternativen wie leichten Hybridformen mit Start-Stop-System etc. Heute bieten wir mit Flexifuel- und ECOnetic-Fahrzeugen aber schon eine breite Fahrzeugpalette verbrauchsarmer und damit umweltfreundlicher Fahrzeuge an. Es ist ein vorbildlicher Schritt einer ersten Generation alternativer Fahrzeuge hin zu einer zweiten Generation alternativer Fahrzeuge mit Brennstoffzellen-Antrieben.

Autogazette: Wie lange rechnen Sie damit, bis wenigstens so viele Bio-Ethanol-Zapfsäulen in Deutschland entstanden sind wie es derzeit Erdgas-Tankmöglichkeiten gibt?

Mattes: Ich rechne schon damit, dass das recht zügig vonstatten gehen wird. Auch Erd- und Autogas besetzen nur eine Nische. Da ist zwar die Infrastruktur schon gegeben, aber die Umrüstkosten sind deutlich höher als für ein ECOnetic- oder Flexifuel-Fahrzeug.

Kuga wird Weg gehen

Spätstarter Ford Kuga Foto: Ford

Autogazette: Sind die Deutschen trotz CO2-Diskussion überhaupt schon «reif» für alternative Antriebe? Im vergangenen Jahr waren das SUV- und Sportwagensegment sehr gefragt...

Mattes: ...Die Kunden schauen schon auf Verbrauch und damit auf CO2-Ausstoß nicht zuletzt aufgrund der Kosten der Mobilität, die die Haushalte zu tragen haben. Auf der anderen Seite wollen die Kunden nicht auf den Spaß am Fahrzeug verzichten. Angenehme Dinge wie eine erhöhte Sitzposition wie beim Ford Kuga nehmen die Leute gerne mit.

Autogazette: Bleiben wir gleich beim Kuga. Die Produktion des ist Ende Februar angelaufen. Der erste 4x4 Crossover kommt aber doch reichlich spät...

Mattes: ...aus unserer Sicht nicht. Wir haben unsere gesamten Aktivitäten daraus ausgelegt, unsere Modellpalette sukzessive zu erneuern. Der Kuga ist eine willkommene zusätzliche Erweiterung des Angebots in einem stabilen SUV-Segment. Er wird seinen Weg gehen.

Weltauto Fiesta

Die Konzeptstudie Verve als Vorreiter für den Fiesta Foto: Ford

Autogazette: Der Fiesta soll auch seinen Weg machen. Diesmal sogar als Weltauto. Welche Modelle werden demnächst dann auch in den USA angeboten werden?

Mattes: In Europa werden wir den Fiesta als Drei- und Fünftürer einführen. In Asien und Amerika werden wir basierend auf diesen technologischen Komponenten etwas andere Fahrzeuge einführen, die den Kundenbedürfnissen in diesen Märkten entsprechen werden. Über Produkte, die darüber hinausgehen zu sprechen, wäre heute etwas zu früh.

Autogazette: Wird das gute europäische Geschäft dazu führen, dass Sie auch eine Vorreiterrolle für China und Asien übernehmen werden?

Mattes: Wir haben in der Vergangenheit sehr gut mit Mazda zusammengearbeitet, aber auch mit anderen Marken in unserem Konzern. Bereits heute gibt es einige Produkte im asiatischen Raum, die aus einer gemeinsamen Entwicklung, auch mit Ford Europa, entstanden sind. Wir sehen uns nicht als Entwicklungshelfer, wir sind «eine» Firma, «ein» Unternehmen, das global agiert und die Bedürfnisse der Kunden in den einzelnen Regionen entsprechend abdecken will.

Autogazette: Können Sie sich als Vizepräsident in Europa über Zuwächse freuen, wenn gleichzeitig der Heimatmarkt darniederliegt?

Mattes: Ich freue mich natürlich über den Erfolg von Ford in Europa und die Akzeptanz der Technologien. Ich freue mich auch, dass wir diese Technologie global nutzen können, um die Produkterneuerung in den anderen Regionen zu beschleunigen.

US-Fiesta kommt 2010

Der neue Fiesta Foto: Ford

Autogazette: Wann rechnen Sie mit einer Wende in den USA?

Mattes: Es ist jetzt nicht die Zeit für Prognosen. Entscheidend ist, dass wir unsere neuen Produkte dort einsetzen werden. Eine amerikanische Version des Ford Fiesta wird 2010 im US-Markt in einem Segment eingeführt werden, das in Amerika wächst.

Autogazette: Wieso dauert es so lange, bis der neue Fiesta in den USA eingeführt werden kann?

Mattes: Es ist nicht beabsichtigt, dass die europäische Produktion in den USA verkauft wird. Das Fahrzeug wird speziell dort für diesen Markt gebaut werden. Über den Standort hat man noch nicht entschieden. Um Produktion und Entwicklung aufzubauen, wird Zeit benötigt.

Das Interview mit Bernhard Mattes führte Thomas Flehmer

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