VW e-Up: Mehr Elektroauto braucht man nicht

VW e-Up: Mehr Elektroauto braucht man nicht
Der VW e-Up fährt 260 elektrisch. © VW

„Beam me up, Volkswagen.“ Den Wunsch des VW e-Up hat der Konzern in Sachen Reichweitenverbesserung erfüllt. Der kleine Stromer hinterlässt bei Testfahrten in Valencia einen guten Eindruck.

In der zweiten Generation kommt der Kleinstwagen des Wolfsburger Autobauers auf reale 260 Kilometer Reichweite. Damit ist der erste vollelektrische Stromer der Niedersachsen jetzt vollkommen alltagstauglich und zu einem idealen Stadtauto geworden. Neben der gestiegenen Reichweite tun mehr Ladestationen ihr Übriges, um Reichweitenangst von Fahrerinnen und Fahrern nicht mehr aufkommen zu lassen.

So wie der VW Up als Verbrenner den Einstieg in die Mobilität darstellte, dürfte der e-Up vielen Kundinnen und Kunden den Weg in die Elektromobilität ebnen. Umso dringender war das Reichweiten-Upgrade beim rein elektrischen Up gegenüber seinem Vorgänger aus dem Jahr 2013. Ein Upgrade kennen vor allem Flugpassagiere oder Hotelgäste, die sich statt der gebuchten über eine bessere Kategorie freuen dürfen – für den gleichen Preis. Volkswagen übertrifft dies mit dem e-Up der zweiten Generation, dessen Vorverkauf seit September läuft und dessen Auslieferung im Winter beginnt.

e-Up kostet rund 22.000 Euro

Das Cockpit des VW E-Up . Foto: VW

Nicht nur dass der Kleinste in der großen Modellfamilie eine fast doppelt so große Reichweite vorweisen kann, er ist im Preis spürbar gesunken und kostet nun rund 22.000 Euro. Damit ist der e-Up der teuerste Stromer unter den baugleichen Brüdern Skoda Citigo iV (20.950 Euro) und Seat Mii electric (20.650 Euro). Dieser Preis steht vor dem Abzug der Kaufprämie. Also kann man von ihm noch einmal nach der Erhöhung des Umweltbonus um 50 Prozent 6000 Euro abziehen. Damit ist der e-Up für 16.000 Euro zu haben.

Für diesen Preis gibt es ihn in der Grundausstattung Basic mit einer Batteriegarantie von 8 Jahren oder 160.000 Kilometer Laufleistung. Das ist ein Wort und zeigt, dass Volkswagen in Sachen Elektrifizierung ganz vorne mitmischt und seinen Claim umsetzt, Elektromobilität für alle Kunden anbieten zu wollen. Bis 2025 plant der Konzern, mehr als 50 rein elektrische Modelle auf den Markt zu bringen – bis 2029 gar 75 Modelle.

Als Vorreiter der Elektromobilität bei VW kommt im e-Up der Modulare Elektrifizierungs-Baukasten nicht zum Einsatz. In den kommenden zehn Jahren will der Hersteller 22 Millionen Einheiten auf seiner Elektro-Plattform MEB bauen. Gerade ist im Werk in Zwickau die Produktion des VW ID.3 angelaufen, dem ersten Modell der ID-Famillie. Auch wenn der neue e-Up nicht auf dem MEB basiert, wird der für gehörigen Absatz sorgen. Das Fahrzeug rollt sympathisch knackig daher, überzeugt im Interieur mit wertigen Materialien und solider Verarbeitung.

Ein Spaßauto, kein Verzichtauto

Zwei Ausstattungsvarianten gönnt Wolfsburg dem e-Up: Basic und Style. Wir fuhren den Basic und stellen fest, dass die Basisvariante neben serienmäßig fünf Türen und hochwertigen Sitzen erfreulich viel Technik als Grundausstattung automatisch an Bord hat – wie etwa den Lane Assist, den Fahrspur-Assistenten, oder die Smartphone Docking Station mit neuer kostenfreier App „maps+more“, die den Kauf eines eigenständigen Navigationssystems entbehrlich macht und für Musik aus dem Radio oder Streaming-Dienst sorgt.

Außer Navigation lassen sich über die App auch jederzeit Fahrdaten wie Rekuperationsbilanz, Batteriestatus und Reichweite abrufen. Sie hilft auch bei der Suche nach Ladesäulen. Witzig und wichtig ist das eingebaute Tutorial für Elektroneulinge: Der integrierte Think Blue.Trainer hilft dem Fahrer beim wirtschaftlichen Fahren auf die Sprünge.

Mit vollem Akku durch Valencia

Marc Surer und Hund Diego. Foto: Roeder

In der Basisvariante hat man keineswegs das Gefühl, hinter dem Steuer eines Verzichtautos Platz genommen zu haben. Nach einer Spritztour durch Valencias City, flott und leise summend vorbei an spektakulären Bauten der zweimaligen Weltausstellungsstadt, wechseln wir am Hafen und unweit der ehemaligen Formel 1 Strecke in einen vollständig geladenen e-Up.

Mit voller elektrischer Ladung an Bord geht es auf die Testfahrt: 118 Kilometer lang, kleinere Berg- und Talfahrten inklusive, ist die Strecke bis nach Javea, der Wahlheimat von Marc Surer, einem alter Freund und ehemaliger Schweizer Formel 1 Fahrer. Er lässt es sich neben weltweiten Formel 1-Moderationseinsätzen auf seiner Finca samt Stallungen mit Hund, Pferden und Kartsport gut gehen. Ob e-up und Fahrer diese Tour gut hinkriegen? Der e-Up sicher, aber die Fahrweise des Piloten? „Wir hängen ihn ans Netz für ‚ne Stunde“ sagt Marc ermunternd zu mir. Dumm nur, dass der Ladevorgang an der gewöhnlichen Haussteckdose 14 Stunden verschlingt, bis die Batterie auf 80 Prozent geladen ist.

Kurz an die Steckdose

Nervenkitzel stellt sich nicht nur bei der Fahrerin ein. Auch die VW-Leute kommen ein bisschen ins Schwitzen ob des kühnen Ansinnens. Zwar sind sie sich sicher, dass die Länge und Auslegung der Strecke passt, der e-Up nicht stromlos havarieren, den Weg hin und zurück sogar ohne Zwischenladen bewältigen sollte. Allerdings ist der Fahrerin das oben erwähnte Think.Blue Training beileibe noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen. Und was wenn ein endloser Stau, Umwege oder sonstige Unwägbarkeiten drohen? In seiner Umgebung, das hat Marc gleich recherchiert, gibt es nur ein Hotel mit Ladesäule. Wir entscheiden uns für die Abenteuervariante und zapfen eine Steckdose seiner Finca an.

Zu diesem Entschluss veranlassen die knapp 130 Kilometer verbleibende Restreichweite, nachdem der e-up die Auffahrt zu Marcs Anwesen hochgefahren ist. Den Großteil der Strecke waren wir gesegelt oder haben rekuperiert, wo immer möglich. Das bedeutet allerdings, dass wir auf der rund 77 Kilometer langen mautpflichtigen Autopista meist nur um die hundert Kilometer pro Stunde fuhren, wo 120 erlaubt ist. Auf normalen Straßen wählen wir als Fahrprofil statt des Standardmodus das Programm „Eco“, in seltenen Fällen sogar „Eco+“. Somit stehen uns anstelle von 83 PS Leistung nur noch 68 PS oder gar 54 PS, ein entsprechend geringeres Drehmoment und damit weniger Spaß beim Fahren zur Verfügung. Die mögliche Höchstgeschwindigkeit sinkt von 130 km/h auf 115 km/h (Eco) oder nur noch 90 km/h (Eco+).

Rund vier Euro pro 100 Kilometer

Das Hecl des VW e-Up. Foto: VW

Weil der Up mit 1160 Kilogramm zu den Leichtgewichten gehört und dank Batterie im Unterboden dennoch satt auf der Straße liegt, ist er mäßig in seinem Energiebedarf (12,9 bis 12,7 kWh Energie pro 100 Kilometer), kostet den Halter rund vier Euro pro hundert Kilometer. Die ganze Elektro-Fahrt an sich kostet somit gerade mal 8,50 Euro. Am meisten schlägt die Maut mit je 9,30 Euro hin und zurück zu Buche. „Hier ist die Welt noch in Ordnung“, sagt Marc über seine Wahlheimat – denn die zwei Gläser Rosato am sonnigen Strandcafé in Javea an der schönen Costa Blanca kosten läppische 5,40 Euro inklusive Nüsse für Marc, Fahrerin und Hund Diego.

Zwei (Lade-)Stunden später, nach lebhaften elektrischen Auto-Gesprächen und mit einem Plus von lächerlichen 31 Kilometer Reichweite über die gemeine Haussteckdose geht es auf die Rückfahrt direkt ins Hotel. Tatsächlich strapaziert ein Stau in Valencia wegen Unfall noch das Nervenkostüm. Leise, zufrieden, aber doch etwas erschöpft rolle ich schließlich kurz vor 19.00 Uhr in die Tiefgarage des Hotels. Ein letzter Blick auf die verbleibende Reichweite: 27 Kilometer. Das war knapp – aber schön. Und wer nur in der Stadt unterwegs ist, der schafft sogar 365 Kilometer. Das sind Aussichten, die den e-Up zu einer Kaufempfehlung machen.

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Susanne Roeder
Während des Studiums der englischen und klassischen Philologie in Freiburg, Cambridge, Oxford und Promotion in englischer Sprache arbeitete sie bei BBC Radio Oxford und deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern. Bei einer Agentur mit Mercedes als Hauptkunden begann ihre Liebe für Automobile. Nach Stationen als Pressesprecherin in der Industrie ist sie mit Globaliter Media selbständige Journalistin.

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