VW Touareg: Anachronismus auf Rädern

Volkswagen schickt die zweite Generation Touareg an den Start. Der Luxus-SUV bietet überzeugende Fahreigenschaften. Getrübt wird die Freude an diesem Fahrzeug indes vom hohen Schadstoffausstoß.

Von Frank Mertens

Wer sich für einen Geländewagen wie den Touareg entscheidet, der macht sich über eines auf jeden Fall keine Gedanken: den Klimawandel. Schließlich ist der Oberklasse-Geländewagen von Volkswagen gemeinhin das, was Umweltschützer als Dreckschleuder bezeichnen.

Fehlendes Bewusstsein

Doch während fast jeder über Klimaschutz spricht und die EU-Kommission der Autoindustrie bis zum Jahr 2012 einen durchschnittlichen CO-Ausstoß von 130 Gramm pro Kilometer vorschreiben will, scheint das Thema bei Europas größtem Autobauer mit Blick auf den modellgepflegten Touareg noch nicht nachhaltig ins Bewusstsein gerückt zu sein.

Vier Jahre nach dem Debüt des Touareg rühmt sich der Autobauer bei der Vorstellung der zweiten Generation seines Luxus-SUV in Tunis zwar damit, dass der neue 4,2 Liter große und direkteinspritzende V8-Benziner mit seinen 257 kW/350 PS zwar zehn Prozent stärker geworden ist als der Vorgänger, dafür aber einen Liter weniger verbraucht. Das hört sich gut an: Doch kann man den Besitzer eines Autos mit einem Durchschnittsverbrauch von 13,8 Litern Super und einem CO2-Ausstoß von 329 Gramm pro Kilometer beglückwünschen?

Hybridversion kommt

Das Cockpit des neuen VW Touareg Foto: Werk

Dass ein Auto wie der Touareg so gar nicht in die laufende Klimadebatte passt, weiß auch Ulrich Hackenberg, der neue VW-Entwicklungsvorstand. Hackenberg war dann auch bemüht, das gestiegene Umweltbewusstsein der Wolfsburger zu unterstreichen. So werde es den Touareg Ende 2008 beziehungsweise Anfang 2009 als Hybridversion geben. Zugleich soll der Luxus-SUV noch in diesem Modellzyklus auch als Bluetec-Diesel auf den Markt kommen, zuerst jedoch in den USA.

Doch allein den Hersteller wegen derartiger Verbräuche und Emissionen zu tadeln, greift zu kurz. VW bedient mit dem Touareg schlicht die Kundeninteressen - und der Kunde kauft ein solches Auto - auch mit diesen Werten. So haben sich seit 2002 weltweit allein 300.000 Käufer für den Touareg entschieden. Im zurückliegenden Jahr setzte VW allein in Deutschland 14.008 Einheiten ab. Damit lagen die Wolfsburger im Segment der Geländewagen nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hinter BMW mit dem X3 (23.256), Toyota RAV4 (20.429) und der Mercedes ML-Klasse (19.644) auf Platz vier.

Agiles Schwergewicht

Die vergrößerten Instrumente im VW Touareg Foto: Werk

Mit der zweiten Generation des Touareg schickt sich VW jedoch an, der Konkurrenz aus Bayern deutlich Konkurrenz zu machen. Das Facelift hat dem je nach Motorisierung zwischen 2,2 und 2,3 Tonnen wiegendem Schwergewicht gut getan. An der Frontpartie fällt zunächst einmal der verchromte Wappengrill auf. Daneben wurden auch die Scheinwerfer und der Stoßfänger modifiziert.

Während bei der Seitenansicht die großen aerodynamischen Seitenspiegel auffallen, ist dies am Heck der Dachkantenspoiler und die in LED-Optik gehaltenen Rück- und Bremslichter.

Der Innenraum versprüht, was man für ein Auto dieser Preisklasse erwarten kann, Premiumanspruch. Die Materialien sind wertig, die Verarbeitung gibt, wie man es von VW kennt, keinen Grund zur Kritik. Zur besseren Orientierung des Fahrers erhielt der Touareg ein größeres Instrument für die Multifunktionsanzeige: auf ihr sind nicht nur die Informationen des glänzend arbeitenden Navigationssystems abzulesen, sondern auch die der Fahrerassistenzsysteme.

Verkürzter Bremsweg

Die Seitenansicht des neuen VW Touareg Foto: Werk

Auf der technischen Seite hat der Touareg dann auch deutlich zugelegt, insgesamt 2300 neue Teile wurden in ihm verbaut. Sie kommen insbesondere der Sicherheit zu gute. So verfügt der neue Touareg serienmäßig über das von VW entwickelte «ABSplus». Dieses System ermöglicht auf losem Untergrund einen um 20 Prozent verkürzten Bremsweg. Daneben kann sich der Kunde gegen Aufpreis noch für weitere, durchaus sinnvolle Sicherheitsfeatures entscheiden.

So gibt es neben einem Spurwechsel-Assistenten (Side Scan/Aufpreis 564,23 Euro) auch die automatische Distanzregelung ACC (2031,21 Euro). Dieses System kann den Wagen sowohl automatisch beschleunigen als auch je nach Verkehrssituation bis zum Stillstand abbremsen. Das ins ACC integrierte Front Scan-System erkennt bei zu starker Annäherung an andere Fahrzeuge die Gefahrensituation und sorgt dafür, dass die Bremsen ohne Verzögerung reagieren können. Features, die zwar nicht billig sind, doch das Sicherheitsgefühl deutlich steigern, wie unser Fahrtest im neuen V8 rund um Tunis zeigte.

Kraftvoller Vortrieb

Das Heck des neuen VW Foto: Werk

Sieht man einmal von den Verbrauchs- und Schadstoffwerten ab, vermag dieses Aggregat in Bereichen voll zu überzeugen. Mit seinem Drehmoment von 440 Nm sorgt der V8 in Kombination mit der gut arbeitenden Sechsgang-Automatik für einen kraftvollen Vortrieb. Die Leistungsdaten für das SUV-Schwergewicht lassen sich dann auch sehen: in 7,5 Sekunden erreicht er die 100 km/h, die Spitzengeschwindigkeit mit der optionalen Luftfederung (2574,91 Euro) ist bei 244 km/h erreicht. Und das schöne an diesem Motor ist, dass er seine Aufgaben angenehm unaufgeregt. Sein Laufgeräusch ist angenehm leise.

Der VW Touareg (l.) und der Race-Touareg Foto: Werk

Abseits der Straße erfüllt der Touareg seine Aufgaben ebenso souverän. Hier kann er zeigen, dass man mit ihm mehr machen kann als über den anderen Verkehrsteilnehmern zu thronen. Schade nur, dass die wenigsten Kunden dieses Potential jemals erleben werden. Denn SUV-Käufer bewegen ihr Gefährt kaum abseits asphaltierter Straßen. Dabei lohnt sich der Ausflug ins Offroad-Terrain: Dank seines gut arbeitenden Allradantriebes und der Luftfederung arbeitet sich der Touareg geradezu mühelos selbst durch schwieriges Gelände.

Optionale Luftfederung

Die Luftfederung sorgt mit dem im Straßenbetrieb genutzten Auto-Level für eine automatische Niveauregulierung. So senkt sich bis Tempo 125 km/h das Fahrwerk von 21,5 auf 19 Zentimeter ab. Fährt man 180 km/h, geht das Fahrzeug noch einmal um einen weiteren Zentimeter nach unten. Im Offroad-Betrieb stehen insgesamt vier unterschiedliche Stufen zur Verfügung. Mit diesen Features wird der Gelände-Ausflug selbst für diejenigen zum Kinderspiel, die sonst nur auf Asphalt unterwegs sind.

Der VW Touareg im Offroad-Einsatz Foto: Werk

Dass das alles seinen Preis hat, versteht sich von selbst. So muss der Kunde für den von uns getesteten V8-Benziner 64.526,73 Euro bezahlen, der V6 mit 206 kW/280 PS kostet 47.830 Euro. Der Einstiegsdiesel, der R5 mit 128 kW/170 PS und mit einen CO2-Ausstoß von 267 Gramm pro Kilometer zugleich der «sauberste Touareg», kostet 42.521,98 Euro. Daneben gibt es noch den V6-TDI mit 165 kW/225 PS (46.112,50 Euro) und den V10-Tdi mit 230 kW/313 PS (76.693,45 Euro).

Wem das alles noch nicht reicht, der muss sich bis zur zweiten Jahreshälfte gedulden. Dann schickt VW den Zwölfzylinder-Touareg an den Start. Der W12 hat 331 kW/450 PS - und spuckt 334 Gramm CO2 pro Kilometer aus.

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