Um die Ecke wie ein Clio

Renault Laguna GT/Grandtour

Im neuen Laguna GT gibt es eine bemerkenswerte Kurventechnologie. Ein System, an dem sich schon viele andere Hersteller die Zähne ausgebissen haben.

Von Martin Woldt

Renault, vom Massengeschmack seiner Kundschaft hin und her gerissen, verstand unter Fahrspaß stets Werte wie Sicherheit oder Fahrkomfort. Um dann doch zerknirscht festzustellen, dass man damit allein zu wenig punktet. Erst recht bei denen, die auch ein bisschen mehr für ihren fahrbaren Untersatz ausgeben.
Nun aber schlagen die Franzosen etwas aus der Art und bieten im Laguna GT/Grandtour eine aggressive Technologie an, die man eher von solchen Pistenflegeln wie BMW oder Porsche erwartet hätte, die aber so kein anderer im Programm hat. Kurz gesagt, kann man mit der neuen Allradlenkung durch die Kurven steigen, als gäbe es kein Morgen danach. Fuß am Gas. Weg von der Bremse. Wenig Lenkradeinschlag. Und der Wagen geht „wie auf Schienen“ über die sich eng windende Straße.

«Wie auf Schienen»

Der Schienen-Vergleich stammt von Renaults Marketingabteilung, trifft aber insoweit zu, als dass Vorder- und Hinterräder, um die nach außen wirkenden Fliehkräfte zu zähmen, zeitweilig wie beim Eisenbahnwagon in unterschiedliche Richtung steuern. Folgen die Vorderräder dem Kurvenverlauf, lenken die Hinterräder kurzzeitig mit bis zu drei Grad Einschlag in Richtung äußerem Kurvenradius und verringern so den Wendekreis. Der Laguna wird leichter manövrierbar und soll wie ein Clio um die Ecke gehen. Über 60 km/h schlagen Hinter- wie Vorderräder in die selbe Richtung ein. So wird der nach außen drängende, sich aufbäumende Hinterwagen vorzüglich eingefangen. Er muss im Zweifelsfall erst sehr viel später vom serienmäßigen ESP eingebremst werden. Den frühen ESP-Eingriff schätzt ein Fahrspaß orientierter Fahrer für gewöhnlich gar nicht, weil er an Fahrdynamik verliert. Neben mehr Fahrdynamik wird aber auch mehr Sicherheit erzeugt. Denn sollte der Laguna GT auf schlüpfrigem Belag ins Schlingern geraten, gleicht die Allradlenkung die Kursdifferenz mit den Hinterrädern selbständig an. Die Gefahr, dass der Fahrer beim Gegensteuern überzieht, wird kleiner.

Andere scheiterten an der Allradlenkung

Größere Lufteinlässe im Laguna GT Foto: Renault

Wenn Renault derzeit behaupten kann, als einziger Hersteller eine derartige Technologie anzubieten, dann nicht etwa, weil es nicht auch andere versuchen würden. Fast alle namhaften Marken können auf mehr oder weniger gescheiterte Experimente verweisen, mit allen Rädern zu lenken. Zu aufwändig, zu anfällig, zu teuer, kam meist dabei heraus. Das lag daran, dass das Mitbewegen der Hinterräder oft rein mechanisch bewerkstelligt wurde. Nissans 2006 vorgestelltes Projekt „4-Wheel Active Steer“ berücksichtigte mehr als zuvor elektronische ermittelte Parameter wie die Fahrgeschwindigkeit, den Gierwinkel oder den Radschlupf. Benötigte aber noch eine sehr komplexe Steuerung sowie etliche Stellmotore, etwa an jedem Hinterrad einen. Was ein sehr synthetisches Lenkradgefühl erzeugt. Renault hingegen kommt mit einem einzigen Stellmotor an der Hinterachse aus, dessen Befehle vollständig elektronisch empfangen werden. Dadurch kommt ein geringes Eigengewicht und ein sehr direktes Lenkverhalten zustande. Fährt man danach einen Laguna ohne Allradlenkung, wirkt das Steuer provozierend gefühllos.

Druckvoller Dieselmotor

Zwei Motorvarianten bietet Renault für den Laguna GT an. Einen Turbobenziner mit 204 PS und einen Common-Rail-Diesel mit 178 PS. Letzter gefiel uns besser, weil er mit seinem Drehmoment von 400 Newtonmetern schon bei 2000 Touren sehr druckvoll agiert und das Kurvenerlebnis durchaus steigert. Leider passt das manuelle Sechsganggetriebe mit seinen schwammigen Schaltpunkten nicht so recht zum sportlichen Eindruck. Dafür ist umso erfreulicher dass Renault keine deftigen Aufpreise verlangt. Mit Allradlenkung geht’s im Benziner bei 30.500 Euro, im Diesel bei 32.500 Euro los; im Grandtour bei 31.500 oder 33000 Euro.

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