Toyota Auris: Neue Attacke auf dem Golfplatz

Kompakter mit neuen Motoren

Toyota Auris: Neue Attacke auf dem Golfplatz
Der neue Toyota Auris hat neue Motoren. © Toyota

Erst ist drei Jahre auf dem Markt, jetzt bekommt er eine Überarbeitung: die Rede ist vom Toyota Auris. Was er zu bieten hat, zeigt unser Test mit dem Kompaktwagen der Japaner.

Eigentlich ist der Toyota Auris im besten Alter, gerademal drei Jahre tummelt sich der japanische Golf-Gegner auf europäischen Straßen. Nach dem kleineren Yaris belegt er in der Gunst der deutschen Toyota-Fans sogar den zweiten Platz. Gegen den übermächtigen Rivalen aus Wolfsburg hat er zwar in dessen Heimat keine Chance, doch hielt er sich bislang recht wacker.

Aber es droht Ungemach. Sowohl der koreanische Hyundai i30 als auch der neu erschienene Mazda 3 zeigen dem Auris derzeit die Heckleuchten, verkauften sich in den ersten fünf Monaten besser. Zeit für ein Update also für den Auris, im Innenraum ebenso wie unter der Motorhaube.

Neuer Benziner im Angebot

Nach der Premiere des gelifteten Schrägheckautos auf dem Genfer Salon muss sich die Arbeit der Ingenieure und Designer jetzt auf der Straße bewähren. Das gibt es zum Beispiel einen komplett neuen, nur 1,2-Liter großen Benziner, der mit 85 kW/116 PS und einem Durchschnittsverbrauch von 4,7 Liter/100 km glänzen will. Oder den von BMW stammenden 1,6-Liter-Diesel mit 82 kW/112 PS (4,3 Liter). Da sich aber mehr als die Hälfte aller bisherigen Auris-Käufer für das Hybrid-Modell entschieden, trägt es die Krone als meistverkauftes Auto mit zwei „Herzen“ in Europa. „Wenn es um die Eroberung neuer Kunden geht, spielt der Auris Hybrid eine Schlüsselrolle“, sagt Verkaufschef Jan Lysen.

Was jetzt noch besser funktionieren sollte. Denn die schon aus dem Prius bekannte Kombination aus 1,8-Liter-Benziner und Elektromotor wurde nochmals verfeinert, verbraucht nach EU-Norm jetzt nur noch 3,5 Liter und glänzt mit einem CO2-Ausstoß von 79 Gramm.

Zwei Liter mehr auf Bordcomputer

Toyota Auris
Blick ins Cockpit vom neuen Auris Toyota

Nach Norm wohlgemerkt. Denn bei den ersten Testfahrten rund um Brüssel meldete der Bordcomputer immerhin gut zwei Liter mehr. Denn die in Gemeinschaftsarbeit der beiden Triebwerke erzeugte Leistung von 100 kW/136 PS musste auf der hügeligen Landstraßen-Tour immer wieder ausgereizt werden, der Benziner konnte nicht - wie im Stadtverkehr normal - häufig in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Dabei ist diesem Auris jeder Anflug von Sportlichkeit fremd, denn seine Fahrer sind einfach von der anderen Art, schätzen eben das Entspannte und Gelassene: Gleiten und Rollen sind angesagt, und beim Bergabfahren hat der Fuß nichts auf dem rechten Pedal zu suchen. Die stufenlose Automatik reagiert denn auch auf allzu heftige Gasbefehle immer noch recht mürrisch und träge.

All das kann aber in einem verfeinerten Ambiente genossen werden. Denn die Innenraumgestalter haben sich wirklich Mühe gegeben. Die Materialien wirken deutlich hochwertiger als im heutigen Auris, werden immer wieder durch Applikationen in Klavierlack-Optik oder Chrom ergänzt. Herzstück ist der neue 7-Zoll-Monitor des Navigations- und Entertainmentsystems. Seine tiefschwarze, von silbern ummantelte Oberfläche unterstreicht schon äußerlich den High-Tech-Anspruch. Ein kleiner Zusatzbildschirm zwischen den beiden großen Rundinstrumenten folgt der gleichen Logik.

Auch im immer wichtiger werdenden Kapitel elektronischen Helferlein bietet der Auris jetzt deutlich mehr: Der Fernlichtassistent blendet automatisch ab, der Spurhalteassistent warnt piepsend beim Überfahren einer durchgezogenen Linie, der Verkehrszeichenassistent entdeckt Temposchilder und färbt die Anzeige der erlaubten Geschwindigkeit bei deren Überschreiten knallig rot. Am wichtigsten aber die Notbremsfunktion: Ein Lasersensor und eine Kamera überwachen bis Tempo 85 das Terrain vor der Motorhaube. Wird ein Hindernis entdeckt und der Fahrer reagiert nicht, warnt der Auris und startet im letztmöglichen Moment eine Notbremsung. Auch wenn ein Aufprall nicht mehr vermieden werden kann, werden zumindest die Unfallfolgen erheblich abgemildert. Ähnliche Systeme sind aus anderen Autos bekannt, aber der Einsatz einer Kamera ist in der Golf-Klasse eher selten. Das System kostet 550 Euro Aufpreis.

Erschwingliche Sicherheit

Toyota Auris
Das Heck des Japaners Toyota

Toyotas deutscher Sicherheitsforscher Tjark Kreuzinger erinnert an die Pionierarbeit: „Als erster Autohersteller haben wir 2002 einen radarbasierten Kollisionswarner entwickelt. Jetzt können wir diese Technik zu vergleichsweise geringen Preisen auch in kleineren Modellen anbieten“. Der Techniker verweist darauf, dass drei Viertel aller Unfälle auf mangelnde Aufmerksamkeit des Fahrers zurückgehen. „Hier setzt unser System an, warnt meist rechtzeitig und reagiert im Notfall“.

Zu guter Letzt ein Rundgang um den neuen Auris: Optisch wird die Frontansicht von zwei Chromspangen dominiert, die sich über die gesamte Fahrzeugbreite ziehen und die neuen LED-Scheinwerfer betonen. Am Heck fällt der tiergezogene Stoßfänger mit seitlichen Reflektoren ins Auge, der seinerseits für rückwärtige Breite sorgt. In Summe ein dezentes Facelift, das erst bei genauerem Hinschauen auffällt. Ob das für den größten Autokonzern der Welt reicht, dem Auris genug Rückenwind für seine zweite Lebenshälfte zu spendieren, müssen letztlich die Kunden entscheiden. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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