Porsche Taycan 4S: Suche nach der nächsten Kurve

Porsche Taycan 4S: Suche nach der nächsten Kurve
Der Porsche Taycan 4S ist das Baismodell des Stromers. © Porsche

Porsche bringt mit dem Taycan 4S das Basismodell seines Stromers auf den Markt. Es ist immerhin 80.000 Euro günstiger als der Turbo S.

In den vergangenen Monaten übertreffen sich die Anbieter elektrischer Sportwagen gern mit zwei Kernbotschaften: „Wir haben noch mehr PS.” Und: „Wir sind noch schneller von null auf 100 Stundenkilometer.” Ob die Käufer solch sechsstellig kostender Fahrzeuge sich daraus ein infantiles Quartett basteln – Kategorie: Ampelstart?

Eins ist sicher: Porsche macht da so nicht mit. „Echte Sportlichkeit folgt schließlich anderen Werten”, sagt Stefan Weckbach, Baureihenleiter Taycan der Zuffenhausener. Der beste Beweis dafür ist in wenigen Monaten für rund 105.000 Euro zu haben. Das Basismodell des Taycan, der 4S, ist damit immerhin knapp 80.000 Euro billiger als der Turbo S.

435 PS Leistung an Vorder- und Hinterachse

Die Instrumente in der Mittelkonsole des Porsche Taycan 4S. Foto: Porsche

Ausgiebige Fahrten im Hinterland von Malibu zeigen, wo die wahren Werte sitzen. In jeder Kurve nämlich – und davon gibt es im südlichen Kalifornien reichlich knackig enge. Mit dem Taycan vergisst der Fahrer nach Sekunden bereits, dass er ein mindestens 2,1 Tonnen schweres und fast fünf Meter langes Gefährt durch die Kehren zirkelt. Die beiden zum Allradantrieb gekoppelten Elektro-Motoren an Vorder- und Hinterachse leisten hier 435 PS – und das in fast jeder Sekunde mit bis zu 640 Newtonmetern Drehmoment. Mit Overboost sind bei der kleineren Batterie (79,2 kWh) immerhin auch schon 530 PS drin, beim 4S mit 93,4 kWh-Batterie und mehr Power an der Hinterachse sogar 571.

Entsprechend deutlich presst es den Fahrer in die Sitzschalen. Wichtiger aber: Bei Präzision, Lenkkraft-Rückmeldung und Fahrwerksabstimmung wird kristallklar, dass die Zuffenhausener dem Pionier Tesla noch viel, viel vormachen – auch wenn die Kalifornier den Ampelstart gewinnen. Der Basis-Taycan braucht schließlich 4,0 Sekunden bis zur Tempo-100-Marke.

800 Volt-Technik an Bord

Den Nachteil beim Start macht der Taycan spätestens bei der dritten, vierten Spontan-Beschleunigung wieder wett. Denn auch der 4S verfügt ja über die 800-Volt-Technik, zweimal mehr als die Konkurrenz. „Dadurch müssen wir auch bei mehrfachen starken Beschleunigungen die Kraft nicht eindämmen”, so Weckbach. Denn die extrahohe Spannung im Antriebs-Netz reduziert die Stromstärke entsprechend. Der Porsche überhitzt also nicht wie andere Sportwagen unter Strom – und muss nicht wegen zu großer Wärmeentfaltung künstlich eingebremst werden.

Überhitzen ist schon eher eine Gefahr für den Fahrer. Denn er kann es auch im 4S hitzig vorangehen lassen, wenn der raumschiffartig surrende Beschleunigungs-Sound den Menschen am Steuer antreibt. Auch der Basis-Porsche hängt immer am „Gas” und lässt wohl nur auf der Rennstrecke wirklich seine schwächere Motorisierung gegenüber Turbo und Turbo S spüren.

Im Inneren ist ohnehin so gut wie kein Unterschied zu den schwarzen Höhlen der beiden anderen Taycan-Angebote zu verspüren. Der Lenker fühlt sich stets sofort wie in einem klassischen Verbrenner-Porsche – ein Design-Kunststück, das ja auch schon beim ähnlich großen Panamera gut geglückt ist. Das Kombiinstrument vor dem Fahrer ist eine cool reduzierte und frei konfigurierbare TFT-Landschaft mit klassischen Rundinstrumenten, zwei weitere Bildschirme in der Mitte und vor dem Beifahrer lassen sich per Touch bedienen. Allerdings hat der Beifahrerbildschirm noch den Nachteil, dass sich dort etwa nicht die Oberflächen von Android Auto oder Apple CarPlay anzeigen lassen – gerade das aber wäre bei einer Fahrt im Porsche ja echte Beifahrer-Sache. Stefan Weckbach hat die Anregung an die Programmierer aber schon mal mitgenommen.

Gute Basisreichweite

Das Heck des Porsche Taycan 4S. Foto: Porsche

Reihe eins übrigens wird auch in diesem Porsche ihrem Namen voll gerecht: Es sind die Sahneplätze im Taycan. Dank besonders tief liegender Akkus sitzen auch die Passagiere sportwagengerecht. Die Polster sind genau da gestrafft, wo ein sportlicher Fahrer das erwartet – und bestrafen somit die etwas aus dem Leim gegangenen Porsche-Fahrer. Auf der Hinterbank geht es schon beengter zu. Selbst kleinere Mitreisende werden da keine echte Freude an der langen Urlaubsfahrt haben.

Und die ist ja im Taycan so gut zu bewältigen wie in kaum einem anderen Stromer. Schon die Basis-Reichweite ist mit maximal 407 Kilometern (größere Batterie: 463) ordentlich – klar, wer zuweilen die 250 Stundenkilometer Maximalgeschwindigkeit im 4S auskostet, wird deutlich öfter an den Schnelllader müssen. Und dort ist die große Show gewiss: Bis zu 225 kW (größere Batterie 270 kW) Leistung kann der Taycan in seinen Akku saugen. In fünf Minuten sind daher beim Stopp neben dem Walmart in Burbank wieder neue 100 Kilometer Norm-Reichweite drin, von ganz leer auf 80 Prozent voll geht es in nicht einmal 25 Minuten.

Auch diese Höchstleistung verbietet es also eigentlich, beim Porsche Taycan 4S von einem Basis-Modell zu sprechen. Allerdings zeigen sich die Zuffenhausener denn in einem Feld knausrig: Im mehr als 100.000 Euro Kaufpreis ist kein aktiver Spurhalteassistent enthalten, und auch den adaptiven Tempomaten muss der Kunde extra bezahlen. Da ist mancher Mittelklasse-Stromer großzügiger. Aber vielleicht überlegen die Porsche-Macher sich das ja auch noch bis zum Marktstart. (SP-X)

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