S-Klasse: Stuttgarter Hoffnungsträger

Die neue S-Klasse von Mercedes bringt alles mit, um wieder das Maß der Dinge im Premium-Segment zu werden. Der Stuttgarter Autobauer setzt höchste Erwartungen in sein Flaggschiff.

Von Frank Mertens

Für Dieter Zetsche ist die neue S-Klasse von Mercedes-Benz nicht irgendein Auto. Für das Unternehmen ist die S-Klasse ein Fahrzeug mit Symbolkraft. «Mit ihrem Führungsanspruch und ihrer Vielzahl an Innovationen unterstreicht sie die große Entwicklungskompetenz der Mitarbeiter in allen Unternehmensbereichen», sagte der neue Mercedes-Chef bei der Vorstellung des neuen Flaggschiffes im schweizerischen St. Moritz.

Vorbild für den Konzern

Aufgrund des ersten positiven Feedbacks für die neue S-Klasse - vom Vorgängermodell haben sich seit 1998 mehr als 500.000 Stück verkauft - hofft Zetsche, dass das neue Luxus-Auto auch innerhalb des Unternehmens zum Vorbild wird. «Denn sie zeigt, was unsere Mannschaft mit einer großen Portion Leidenschaft und Team-Spirit erreichen kann.» Mit der neuen S-Klasse haben sich die Stuttgarter vorgenommen, wieder die Innovationsführerschaft auf dem Markt zu übernehmen und damit das einstige Desaster um Technikprobleme bei der E-Klasse endgültig vergessen zu machen.

Übersichtlich: Das Cockpit im neuen Mercedes-Flaggschiff Foto: Werk

Das Gesamtpaket der neuen S-Klasse ist nach Zetsches Überzeugung auf jeden Fall «das Beste, was der Markt derzeit zu bieten hat». Zetsche selbst hat in dem neuen Innovationsträger seines Unternehmens selbst viele Kilometer zurückgelegt - und war auf Anhieb begeistert, wie er sagte.

Und wer in der Luxus-Limousine aus Stuttgart die ersten Testkilometer zurückgelegt hat, kann Zetsches Eindruck teilen: Die S-Klasse bietet das, was man von einem Fahrzeug mit einem Einstiegspreis von 70.760 Euro für den S 350 (200 kW/272 PS) erwarten kann: Bereits beim Platznehmen in den Multikontursitzen fühlt man sich wohl. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die exzellente Qualitätsanmutung und eine Bedienfreundlichkeit der Instrumente, die nicht den geringsten Anlass zu Beanstandungen gibt.

Das Cockpit ist sachlich gestaltet, auf Spielereien - die zu einer Überfrachtung und damit schlechten Benutzfreundlichkeit führen - wurde verzichtet. Die Instrumente sitzen dort, wo der Fahrer sie intuitiv erwartet. Die Funktionalität stand bei allen Ausgangsüberlegungen im Vordergrund.

Überzeugendes Comand-System

Die Anzeige der Distronic Plus Foto: Werk

Damit jeder Fahrer nach seinem persönlichen Geschmack die Instrumente bedienen kann, sind die Bedieneinheiten redundant gestaltet, wie die Entwickler feststellen. So kann der Fahrer beispielsweise Funktionen wie Audio, Navigation oder TV entweder über die bekannten Tasten am Lenkrad bedienen. Mag er diesen Weg der Bedienung nicht, so kann er alternativ diese Funktionen auch über das so genannte Comand-System aufrufen. Das Mercedes-System erinnert mit einem Drehknopf auf der Mittelarmlehne zwar stark an das viel gescholtene I-Drive von BMW, ist im Gegensatz zum Konkurrenten aus München jedoch weitaus leichter zu bedienen: Auch hier galt in Stuttgart die Devise: Weniger ist mehr.

Damit auch jeder das Farbdisplay des Comand-Systems (Aufpreis 2099 Euro) vernünftig einsehen kann, lässt es sich entweder zum Fahrer oder Beifahrer verstellen. Für ein Auto in dieser Klasse selbstverständlich, bietet die S-Klasse übrigens auch Fernsehempfang. Für den TV-Tuner sind 1.148 Euro fällig. Ohnehin kostet alles, was das Reisen in einer solchen Limousine erst so richtig angenehm macht, einen satten Aufpreis: Für die schlüssellose Entriegelung der Türen - von Mercedes Keyless-Go genannt - werden 1.183,20 Euro verlangt, für die Parktronic 777,20, die Rückfahrkamera kostet 957 Euro, die fahrdynamischen Multikontursitze 1.821 Euro. Für zusätzliche Extras kommen so schnell locker mal 10.000 Euro zum Einstiegspreis dazu.

Viele Innovationen

Der Nachtsichtassistent Foto: Werk

Das Innovationen für den Kunden ihren Preis haben, zeigt sich auch am Distronic Plus (2668 Euro), einem Abstandsregelautomaten. Wer dieses System einmal benutzt hat, kann verstehen, dass er Auffahrunfälle signifikant reduzieren hilft. Auf dieses Extra sollten man keinesfalls verzichten, denn das radargestützte System kann im Geschwindigkeitsbereich von null bis 200 km/h automatisch den gewünschten Abstand zum vorausfahrendem Auto halten. Im Stop-and-Go-Verkehr entlastet das System den Fahrer merklich, in dem es nicht nur den gewünschten Abstand hält, sondern das Fahrzeug auch automatisch bis zum Stillstand abbremst und auch wieder auf die zuvor eingestellte Geschwindigkeit beschleunigt.

So wie die Distronic Plus die Fahrsicherheit erhöht, trifft dies auch auf das Bremsassistent-System Bas-Plus zu: In Verbindung mit der Radarsensorik des Distronic Plus sorgt das System dafür, dass die Stärke der Bremsung immer der Situation angepasst ist: Für den Fall, dass der Fahrer selbst nicht genügend Bremsdruck aufbaut, passt Bas-Plus die Bremsung der Fahrsituation an.

Ein die Sicherheit förderndes Feature ist auch der Nachtsichtassistent (ab 1740 Euro), der mittels zweier für das menschliche Auge unsichtbarer Infrarot-Scheinwerfer die Straße beleuchtet und dadurch die Sichtweite des Fahrers bei eingeschaltetem Abblendlicht deutlich vergrößert. Eine Infrarot-Kamera überträgt dieses Bild dann auf die Instrumententafel in der Instrumententafel.

Gutes Handling

Sieht von der Seite dynamisch aus Foto: Werk

Doch wie fährt sich die S-Klasse nun? Hervorragend, wie Testfahrten mit dem S 500 (285 kW/388 PS) zeigten. Obwohl das Auto bei jeder seiner zwei Karosserievarianten um 33 mm auf eine Gesamtlänge von 5076 mm beziehungsweise um 43 mm auf 5206 mm gewachsen ist, lässt es sich mühelos auch durch engste Kurven manövrieren, wenngleich die Lenkung eine stärkere Rückmeldung von der Straße vertragen könnte. Dass die neue S-Klasse länger, breiter (16 mm) und höher (29 mm) geworden ist, sieht man ihr übrigens nicht an. Die Designer haben ganze Arbeit geleistet. Für ein Auto dieser Größe wirkt die S-Klasse ausgesprochen dynamisch, geradezu sportlich.

Wer Wert auf Sportlichkeit legt, wird sich sicherlich für ein anderes Auto als die S-Klasse entscheiden. Doch in dem neuen Stuttgarter Aushängeschild kann man durchaus auch sportlich unterwegs sein. So bietet das Fahrzeug neben seiner serienmäßigen Luftfederung Airmatic die Option mit dem S/C/M-Tasten vor der Mittelkonsole das Fahrzeug auf seine Bedürfnisse einzustellen: Zwischen dem Sportmodus kann er auf Komfort oder Manuell wählen. Wie zügige Bergfahrten rund um St. Moritz zeigten, lässt sich das Auto so auch bei flotten Kurvendurchfahrten nicht beirren.

Der Achtzylindermotor im S 500 mit seiner 388 PS und dem Siebengang-Automatikgetriebe 7G-Tronic bringt es auf ein maximales Drehmoment von 530 Nm, die zwischen 2800 und 4800 U/min. zur Verfügung stehen. Beschleunigungen, selbst bei Bergfahrten, sind damit kein Problem. Die Leistungsdaten lassen sich sehen: So beschleunigt der S 500 trotz seines Gewichtes von 1940 Kilogramm von 0 auf 100 km/h in 5,4 Sekunden. Der Kraftstoffverbrauch lag bei den Testfahrten im Schnitt bei 11,5 Litern - für ein Auto dieser Größe ein guter Wert.

Zum Marktstart am kommenden Samstag wird die S-Klasse zunächst als S 350 und S 500 angeboten, ehe ab dem ersten Quartal kommenden Jahres das Topmodell S 600 mit 517 PS und der 320 CDI mit 235 PS folgen werden. Doch schon jetzt zeichnet sich nach den ersten Eindrücken mit der neuen S-Klasse ab, dass dieses Auto alles mitbringt, seine Führung im Premium-Segment vor dem BMW 7er, dem Audi A8 oder dem VW Phaeton zu behaupten. Allerdings nur dann, wenn die Technik diesmal ohne Ausfälle das hält, was sie verspricht.

Keine Beiträge vorhanden