Räume sind Schäume

Honda Accord 2.2 i-DTEC

Seit 30 Jahren gibt es in Deutschland den Honda Accord. Mit der achten Generation will der Hersteller auch gegen die deutschen Premiummarken punkten und setzt dabei mehr auf Design als auf Zweckmäßigkeit.

Von Jochen Knoblach

Mittelklasse. Das ist die Patrioten-Liga der Dienst- und Vertreterfahrzeuge, in der sich hierzulande acht von zehn Käufern für ein Modell aus Deutschland entscheiden. Folglich ist das Geschäft für Importeure dort kaum aussichtsreicher als für jemanden, der versucht, im Mai griechischen Spargel in brandenburgischen Beelitz zu verkaufen. Und trifft man mit seinem Angebot zudem allenfalls den Randbereich des automobilen Schönheitsideals, sieht es ganz schlecht aus.

Ungeübt im Kombibau

Das weiß auch Honda. Denn mit der Tourer-Version der siebenten Accord-Generation hatte die im Kombibau ungeübte Marke ein Auto im Programm, in dem sich zwar euro-palettenweise Schweinehälften bunkern ließen, das aber optisch kaum reizvoller war als ein Sperrmüllcontainer. Folglich war Hondas großer Kombi nicht gerade der Kracher im hiesigen Neuwagengeschäft. Jedenfalls brauchte man bei VW im vergangenen Jahr gerade sechs Tage, um mit dem Passat Variant auf den Jahresabsatz von Hondas Kombi zu kommen. Ergo musste die achte Generation des Accord ganz anders werden. «Wir greifen an», heißt es nun in Europa-Zentrale. Die Marke will jene Käufer überzeugen, die sich heute für einen Passat Variant oder Audi A4 Avant interessieren.

Zielgebiet: Premium-Segment

Front und Heck vom Accord Foto: Jochen Knoblach

Und wie zu hören ist, werde man auch den Fahrer seines Mercedes T-Modells nicht wieder fortschicken. Honda geht es also nicht nur um die Mittelklasse, sondern um das Premium-Segment des Marktes, wo Design sehr und Laderaumvolumen scheinbar nicht ganz so wichtig ist. Ein Vorhaben, das nicht völlig aussichtslos erscheint. Jedenfalls geht Honda mit guten Referenzen ins Rennen. Schließlich wurde der neue Accord Tourer bereits mit dem international bedeutsamen «Red Dot Design Award» ausgezeichnet. Und der nach wie vor 4,75 Meter lange Kombi ist tatsächlich eine sehr attraktive Erscheinung.

Zweckmäßigkeit vergessen

Das Heck des Honda Accord Foto: Honda

Das Heck wirkt dynamischer, verlangt dafür aber Zugeständnisse bei der Nutzung. Denn während sich im alten Kombi noch ein Frachtraum von 518 bis 1.657 Litern nutzen ließ, stehen nun wenigstens 406 und höchstens 1.252 Liter zur Verfügung. Das ist sogar noch weniger als Benz, BMW und Audi bieten können. Willkommen in der Premiumklasse. Allerdings ist der Frachtraum ist nicht wirklich klein. Viel ärgerlicher ist es, dass bei der Konstruktion die Zweckmäßigkeit offenbar nicht im Vordergrund stand, weshalb nun die Radkästen weit in den Laderaum ragen, so dass dazwischen gerade 78 Zentimeter bleiben. Das können andere viel besser. Das Frachtabteil des Mazda6 beispielsweise, des in dieser Klasse derzeit einzig erfolgreichen Importwagens, ist an der schmalsten Stelle 25 Zentimeter breiter. Auch bei der Limousine des Accord ist der Gepäckraum (467 Liter) nicht günstiger geschnitten. Er wird nach hinten ebenfalls sehr schmal, und wenn die Rücksitzlehnen umgeklappt werden, gleicht der Boden des Abteils eher einer Kraterlandschaft als einer Ebene.

Viele Knöpfe im Cockpit

Problemstelle im Laderaum Foto: Honda

Und beim Kombi wurde zudem auf den ziemlich raffinierten Klappmechanismus der Fondsitze verzichtet, mit dem noch der Vorgänger punkten konnte. Jetzt wird Durchschnitt geboten. Das Platzangebot in der zweiten Reihe indes ist gut. Vorn sitzt man freilich noch bequemer. Die Sessel verdienen ein Lob und man nimmt erfreut zur Kenntnis, dass der Accord in der Breite spürbare acht Zentimeter zugelegt hat. Das im typisch japanischen Metal-Fake-Style gestaltete Cockpit mag zwar nicht jedermanns Geschmack treffen, manifestiert aber Qualität. Alles wirkt sehr ordentlich, wenngleich mit den vielen Knöpfe und Tasten auch etwas überladen.

Entkoppelter Fahrer

Eleganter Innenraum Foto: Honda

Erfreulicherweise liefert der Honda dann auch in Fahrt keine herbe Enttäuschung. Er ist nicht unausgewogen straff gefedert, rollt sogar ziemlich komfortabel und lässt sich nicht zuletzt wegen der deutlich breiteren Spur sehr flott bewegen, wobei er seinen Fahrer vor Überraschungen bewahrt. Die Schaltung ist markentypisch knackig und kurzwegig. Nur die neue elektrisch unterstützte Lenkung wirkt insbesondere In der Mittellage sehr synthetisch und entkoppelt den Fahrer so auf unschöne Weise vom Fahrzeug. Auch das geht heute besser. Überhaupt halten sich die Innovationen, die Honda mit diesem Mittelklässler bietet, in Grenzen. Zwar wurde der Accord elektronisch aufgerüstet, so dass für zweieinhalbtausend Euro Sensoren, Kameras und Stellmotoren das Auto in der Spur halten, auf den korrekten Sicherheitsabstand achten und einen Auffahrunfall nach Möglichkeit vermeiden.

Mehr Gewicht - weniger Verbrauch?

Die Limousine des neuen Accord Foto: Honda

Im Grundsatz aber wird kaum Neues geboten. Die drei zur Auswahl stehenden Motoren, ein 150 PS starker 2,2-Liter-Diesel sowie ein 2,0- und ein 2,4-Liter-Otto-Vierzylinder mit 156 und 201 PS gab es grundsätzlich auch schon im Vorgängermodell. Von Benzindirekteinspritzern und aufgeladenen Kleinmotoren keine Spur. Aber obwohl die Limousine zudem noch etwas schwerer wurde, soll sich der neue Accord sonderbarerweise insgesamt mit weniger Kraftstoff begnügen. So wird der Durchschnittsverbrauch des 156-PS-Kombis mit 7,3 statt 8,3 Litern Super angegeben, der der 201-PS-Version mit 9,0 statt 9,8 Liter. Nur der Diesel-Motor wurde nicht sparsamer. 5,9 Liter werden für 100 Kilometer veranschlagt.

Doch ganz gleich, wie man sich bei der Wahl der Motoren entscheidet, Tempo 100 kann in jedem Fall in weniger als zehn Sekunden erreicht werden. 200 km/h sind mindestens garantiert. Anders als beim Verbrauch, ging es beim Preis nach oben. Um 1.400 Euro kletterte der Einstiegspreis. Die Limousine kostet nun mindestens 24.800 Euro, wofür sie Honda mit dem 156 PS starken 2,0-Liter-Benziner bestückt. Das stärkere Modell kostet 32.750 Euro, die Dieselversion wenigstens 28 675 Euro. Die Kombi mit Namen Tourer ist jeweils 1.300 Euro teurer.

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